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Violett ist erst der Anfang

Violett ist erst der Anfang

Titel: Violett ist erst der Anfang
Autoren: Judith Hueller
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Ewa.« Jule verdrehte die Augen. »Momentan gehen wir uns aus dem Weg und streiten unsere Gefühle ab. Du verkriechst dich in deiner Musik und ich verführe zur Ablenkung meinen Adoptivbruder. Danach … Drama, jede Wette. Ich heirate bestimmt meinen Dealer.«
    Ewa fasste sich an die Schläfe. »Na klar, wegen Gürkans Aufenthaltsgenehmigung. Macht Sinn.« Sie nahm noch einen Keks.
    »Und nach der Hochzeit …« Jule überlegte kurz. »Dann lassen mich die Schreiberlinge vollgedröhnt vor einen Gurkenlaster rennen, garantiert. Ich lande im Rollstuhl, vorübergehend querschnittsgelähmt oder …«
    »Tippe eher auf Koma und du brauchst ein lebenswichtiges Organ.«
    »Auch schön.« Erspart mir Text. »Spendest du mir die Niere?«
    »Hundert Pro, Jule. Weil nur unsere seltenen Blutgruppen perfekt zusammenpassen. Und ich finde außerdem, wir haben ein Happyend verdient.«
    Jule seufzte. Genau. Bevor wir mit dem Flugzeug abstürzen oder uns ein Amokläufer aus der Serie schießt, Halleluja. Bezaubernde Aussichten. Frau B. grinste verschmitzt, Jule grinste eine Runde mit und knuffte ihrer Kollegin in die Seite. So hirnrissig die Soap auch war, durch Ewa wurde der Job bei Liebes Leben wirklich erträglich. Kaum waren die sinnfreien Verse aufgesagt und die Kameras aus, ließ der blondierte Zwerg die Sonne raus und strahlte mit Knopfaugen positive Energie in jeden Winkel des Sets. Die Zusammenarbeit? Herrlich unkompliziert. Jule war dankbar für jede Szene, die sie mit Ewa spielen durfte. Es harmonierte einfach zwischen ihnen. Nur dieses Interview, ey, das funktionierte ja mal gar nicht. Wo blieb der trandösige Schmierfink? Frau B. probte ihre übersichtliche Biografie murmelnd in Dauerschleife und Jule summte gegen ihre Kopfschmerzen an. Da ging die Tür auf. Hereinspaziert, Herr … äh … o-oder … ach du dicke Kanonenkugel!
    Jetzt wurde es schwer. Ein Journalist war angekündigt, nun stand da was Wuchtiges um die vierzig im Karohemd mit Vorbau. Dies und fehlende Bartstoppeln sprachen für Frau, markantes Kinn und imposante Pranken allerdings für Mann, und der militante Bürstenhaarschnitt und die sackige Jeans – joar, die sprachen für gar nichts, außer für schlechten Geschmack. Fifty-Fifty-Joker oder Frage ans Publikum?
    »Willst du uns nicht vorstellen?« Voller Hoffnung ging Jules Blick zu Mandy.
    »Gerne. Jule Schweitzer, Ewa Bogacz, das ist Alex Fischer.« Mandy erfüllte wie immer perfekt ihren Job. »Schreibt für das Online-Magazin Ellen.«
    Tja. Klang nach Hausfrauen-BRAVO im Web, mit Kochrezepten und Häkeltipps. Tina, Bella, Petra, Brigitte oder wie die goldenen Blätter dieser Welt nicht alle hießen. Ob Alex allerdings für Alexander oder Alexandra stand, sorry, Jule blickte bei dieser bulligen Person nicht durch. Aber mal ehrlich, war das nicht wurscht? Kaum war Mandy raus, quetschte er ihnen mit Nachdruck die Hand, dann wuchtete sie sich auf einen Stuhl, kramte seinen Block, ihren Stift und das Diktiergerät aus seiner Umhängetasche, holte startklar Luft, und sie …
    »Tschuldigung«, grätschte Ewa dazwischen. »Sind Sie ein Mann oder eine Frau?«
    »Spinnst du?«, fuhr Jule sie an. »So etwas fragt man nicht!«
    »Aber es interessiert mich. Dich nicht?«
    »Alex Fischer ist … äh … Journalist-hust-in in Action. Mehr müssen wir nicht wissen, Ewa.« Wir wollen es nicht wissen.
    Schweigen.
    »Nun gut«, räusperte sich der-die-das Fischer, betatschte sich kurz die Borsten und fuhr fort mit tiefer Stimme. »Wenn es für Sie eine Rolle spielt: Ich bin Transfrau.«
    »Interessant«, kam von Frau B. zurück. »Und das heißt was konkret?«
    »Boar, Bogacz«, rüffelte Jule noch einmal und setzte ein entschuldigendes Lächeln auf in Richtung Alex. »Ich erkläre es meiner Kollegin mal kurz. Transfrau … Das bedeutet, eine Frau vollbringt eine Transferleistung. Transportiert sich weg von einem Geschlecht zum anderen. Weiblich geboren, doch dank Operation ist Frau Fischer nun männlich. Korrekt?«
    »Genau andersrum.«
    Das war mir klar, Bursche. Für Schwule habe ich einen Radar. Jule strahlte. »Das macht überhaupt nichts, Herr Fischer. Wissen Sie, während meiner vierjährigen Ausbildung an der Bayerischen Theaterakademie, Schwerpunkt Musical, war ich umzingelt von homosexuellen Männern. Na und? Zwar bin ich konservativ in Passau aufgewachsen, aber das stört mich null. Treiben Sie einfach andersrum was Sie wollen. Ewa und ich spielen ja schließlich auch vorübergehend lesbisch. Viola und
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