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Violett ist erst der Anfang

Violett ist erst der Anfang

Titel: Violett ist erst der Anfang
Autoren: Judith Hueller
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Arme. »Bist du das, ja?«
    »Natürlich. Hab ich jemals was anderes behauptet?«
    Jule sah zum Trupp. »Leute, hört weg. Es wird privat.«
    Alicja nickte. »Sicher, Liebes. Sprich dich aus. Wir sind still.« Wohl eher symbolisch zog sie die Herren beiseite und einen Schritt weiter auf Abstand.
    »Sollen wir rausgehen?«, bot Piotr an.
    »Nein!« Alicja trat ihm kurz gegen das Schienbein und verteidigte ihre Poleposition. »Wir stören schließlich nicht.«
    Was soll’s. Schutzengel dürfen bleiben. Irgendwie schienen alle den Atem anzuhalten. Jule sammelte sich, und Ewa schluckte schwer unter dem verächtlichen Blick, der sie daraufhin traf. »Dann pass mal auf, Bogacz. Ich erklär es nur ein verdammtes Mal. Verstanden?«
    »Verstanden.« Ewa nickte.
    »Schön. Ich mach’s kurz: Ich hab dich gebraucht, und du warst nicht da. Du hast mir nicht geholfen, und du hast mich nicht verteidigt. Das, das geht gar nicht.«
    Ewas Augen weiteten sich. »Was? Aber ich war doch da, die ganze Zeit. Und verteidigen – gegen wen? Wir sind unter uns. Krysztof und Jakub gehören dazu. Die sind harmlos, total lieb, eben wie Brüder. Meine Brüder.«
    » Deine Brüder, nicht meine !«, fuhr Jule sie an. »Ey, ich kenne die nicht! Ich will Sex, mit dir, und auf einmal turnen fremde Männer um mich rum, sabbern und glotzen mich an, als wäre ich ihr Sonntagsbraten.«
    »Aber du …«
    »Schon klar. Ich bin es gewohnt, wie? Schauspielerin. Obendrein Babett, das Flittchen. Na und? Auf der Bühne starrt mich an, wer will, halbnackt von mir aus. Aber nicht privat im Bett. Da entscheide ich, da will ich entscheiden. Jenseits von Kameras spiele ich keine Rolle, ich bin ich, einfach nur ich, und verwundbar. Verdammt verwundbar. Noch dazu, wenn …« Sie brach ab.
    »Wenn … was?«, forschte Ewa vorsichtig nach.
    Jule räusperte sich. »Hattest du jemals Handschellen dran?«
    »Äh … nein.«
    »Hat dich schon mal irgendjemand mit irgendwas festgebunden?«
    »Äh … nein.«
    »Warum nicht?«
    »Äh … tschuldigung, Jule. Die Frage kapier ich nicht.«
    »Mach nen Satz draus. Keine Bogacz am Bettpfosten – weil?«
    »Weil … äh …« Ewas Wangen färbten sich in allertiefstes Rot. »Du, das ist jetzt aber schon ein bisschen intim.«
    »Bingo, Bogacz«, brüllte Jule und ballte die Faust. »Es ist intim, es ist privat, und weißt du was? Noch nie hat es irgendwer gewagt, mir Handschellen anzulegen. Und noch nie hätte ich das auch nur bei irgendwem zugelassen. Nur bei dir, gerade, das erste Mal! Ey, ich hab mich dir so was von ausgeliefert .« Jule betonte von diesem Wort jeden einzelnen Buchstaben.
    »Jule, aber …«
    »Herrgott, Handschellen sind kein drolliges Spielzeug, selbst in Plüsch, Fräulein. Dabei war die Nummer heiß, verflucht heiß, ich schwör dir, so etwas hab ich noch nicht erlebt. Trotzdem fühlt es sich beschissen an. Beschissen, wenn du nichts mehr steuern kannst, gar nichts. Und ausgerechnet die Person, auf die du baust, dich ohne Skrupel hängenlässt. Das tut weh, verdammt weh.«
    »Jule …«
    »Und du philosophierst mit deinen Kumpels, ob ich Tennis spiele!« Tränen schossen in Jules Augen. »Ey, was bist du denn für eine Freundin? Gott, den ganzen verkorksten Scheißtag hab ich mich eingelassen. Auf dich. Auf das alles hier. Hab dir vertraut, bis obenhin, vollkommen blind. Und ich habe mich wohl gefühlt in deiner Nähe, von Moment zu Moment mehr. Und jetzt?«
    Ewa schluckte. »Was – und jetzt?«
    »Komm, lass stecken.« Jule wandte sich ab.
    »Hey ne. Bleib!«
    »Ewa, du kennst mich nicht! Du hast keinen blassen Schimmer, wie es da drin aussieht«, sagte Jule und klopfte sich viel zu heftig an die Brust. »Wie unglaublich schwer es fällt, da irgendwen wieder reinzulassen. Und du hattest deine Chance, Bogacz.«
    »Aber …«
    »Nix aber! Ich lasse mir nie, nie wieder wehtun, verstanden? Von niemandem! In meinem Leben brauche ich was Vernünftiges, keine Spielchen.«
    »Der Żubrówka steht in der Küche, Liebes.«
    Alicja, du bekommst ein Denkmal.
    Der Plan war perfekt, ein Besäufnis bis zum Filmriss. Ohne weiteres Wort griff Jule sich ihren Pullover, und rauschte Richtung Küche davon. Kaum hatte sie die Klamotte wieder am Leib, trat sie Hello Kitty mit Freude ins Gesicht und hangelte sich auf der Eckbank hoch zum Wodka auf dem Regal. Mit zitternden Fingern schraubte sie den Verschluss ab. Super. Kein Sex, dafür Schubrrr. Fängt auch mit S an, Schweitzer. Sie prostete Spongebob auf der Uhr zu.
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