Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)

Titel: Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)
Autoren: Siri Kolu

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stattfinden, über die Polizei siegt. Beim Räubersommerfest, wo die Höhepunkte des abgelaufenen Geschäftsjahres rekapituliert werden, wird auch die Größe der Ehre gemessen.
    » Und man rauft!«, sagte Hilda und hob den Blick bedenklich lange von der Straße, um sich Beifall heischend im Bus umzusehen.
    » Natürlich rauft man«, knurrte der Wilde Karlo ungehalten. » Aber man misst seine Bedeutung vor allem in Ruhm und Ehre.«
    » Die Raufereien sind trotzdem das Beste«, stimmte Kalle zu.
    Seine Ehre kann man vergrößern, indem man sich ein eigenes Markenzeichen erarbeitet. Dabei handelt es sich zum Beispiel um eine neuartige, total listige Überfalltechnik, bei der außergewöhnliche Erfindungsgabe und Rücksichtslosigkeit zur Anwendung kommen.
    » Der große Pärnänen spielte da in einer ganz eigenen Liga«, seufzte der Wilde Karlo. » Der große Pärnänen hat die Branche in ab-so- LUT neue Dimensionen versetzt! Ohne ihn säßen wir immer noch mit einer Pistole in den Büschen.«
    » Pärnänen«, seufzte auch Gold-Piet. » Ein großer Klassiker. Der Mann brachte uns Jungen bei, wie man ein richtiges Ding dreht, nach allen Regeln der Kunst und so ’n Zeug.«
    » Aaargh«, schnaubte Hele. » Das ist so öde! Nach der Liste da würde niemand Räuber werden wollen. Dabei ist die Räuberei das Beste, was es gibt«, sagte sie. » Riecher, Ehre und Aussehen. Was haben die denn mit diesem Job zu tun? Die passen vielleicht auf Politiker! Oder irgendwelche anderen HaReis.«
    » Irgendwelche anderen was?«, fragte ich, aber ich bekam keine Antwort, so hitzig war die Diskussion.
    » Das Wichtigste zuerst, dachte ich«, sagte der Wilde Karlo. » Riecher, Ehre und Aussehen, total in der richtigen Reihenfolge. Die Liste wird nicht geändert.«
    » Aber hallo!«, sagte Hele.
    » Also gut«, sagte der Wilde Karlo. » Auf besonderen Wunsch der Kämpferin Hele Räuberberg:
    4) Überfallkünste
    Zu den Überfallkünsten gehören das Stoppen von Autos, das Entern des Objekts, Drohungen und nach dem Überfall effektives und schnelles Verlassen des Tatortes.
    5) Gute Kondition
    Die Räuberei ist eine anspruchsvolle Tätigkeit, bei der man zügig und unter Druck arbeitet. Dies erfordert …
    » Ach so, gute Kondition?!«, lachte Hilda und wies mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf Karlos kugelförmige Körpermitte.
    » Die hab ich, für mein Alter«, sagte der Wilde Karlo. » Und man muss sich ja auch um den Riecher und das Aussehen und die Ehre kümmern. Die sind bei mir erstklassig.«
    Hilda sagte nichts, aber sie schaute den Wilden Karlo sonderbar zärtlich an, während ich hoffte, dass sie bald wieder auf die Straße schauen würde.
    » Na, dann schreiben wir Durchhaltevermögen«, beschloss der Wilde Karlo. » Schreib!«
    Dies erfordert von den Räubern gute Kondition sowie Tapferkeit in Seele und Geist, selbst wenn die Umstände nicht günstig sind.
    6) Schauspielerische Fähigkeiten
    Bei der Frontalannäherung ist schauspielerisches Können gefragt. Hierbei wird der Räuberbus auf der dem Objekt gegenüberliegenden Straßenseite geparkt und man fragt z. B. nach dem Weg. Mittels beträchtlicher schauspielerischer Fähigkeiten muss man dabei – ungeachtet Punkt 2 (Aussehen) – wie eine ganz normale Familie im Sommerurlaub wirken, freundlich und gesprächig.
    » Deshalb machen wir Frontalannäherung so selten«, sagte Hele. » Ab-so- LUT langweilig! Wer will schon wie eine Zivilperson wirken, und sei es auch nur kurz!«
    7) Überredungskünste
    Hierzu gehören alle Mittel, mit denen man Leute dazu bringt, ihre Sachen herzugeben und sich während des Umladeprozesses ruhig zu verhalten: Erpressung, Drohung, Druckausübung, Betonung des eigenen Interesses, ein wenig Komik.
    Was war denn komisch, als ich geraubt wurde?, fragte ich mich. Die erstaunten Gesichter meiner Eltern, als der Wilde Karlo die Hintertür aufriss und mich unter den Arm nahm wie eine Handtasche, könnte man vielleicht als komisch durchgehen lassen. Dann fiel mir das Durcheinander ein, das entstand, als ich in den Räuberbus gebracht wurde. Sie hatten nicht gewusst, was sie machen sollten. So etwas hatten sie noch nie getan, auch diese Räuberfamilie nicht. Irgendwie erleichterte mich dieser Gedanke.
    8) Risikoabschätzung
    Es gibt keine leichten Objekte. Jedes Objekt birgt ein eigenes Risiko, das analysiert werden muss. Wo liegt die nächste Polizeiwache? Gibt es eine neugierige Nachbarin, die Augenzeugin werden könnte? Wie verhalten sich die Insassen

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