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Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Titel: Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)
Autoren: Oliver Susami
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Buch auftauchen, sind frei erfunden, Übereinstimmungen mit existierenden Personen sind rein zufällig.
    Lena schrieb mir eine kurze Mail: Sie habe S3 gelesen und einiges davon habe sie an ein eigenes Erlebnis erinnert. Nur dass ihr Erlebnis noch etwas heftiger gewesen sei. Wenn ich mich noch für „übernatürliche” (Lena selbst setzte dieses Wort in Anführungszeichen) Dinge interessiere, dann könnten wir ja mal telefonieren.
    Ja, ich interessierte mich noch fürs Übernatürliche. Allerdings wollte ich nicht gleich mit Lena telefonieren, ich bin in solchen Dingen eher zurückhaltend. Deshalb bat ich sie, mir zunächst kurz schriftlich von ihrem Erlebnis zu berichten.
    Zwei Tage später erreichte mich eine Mail, in der Lena eben dies tat, allerdings nicht kurz. Ich erschrak, als ich diese mehrere Bildschirme füllende Mail öffnete. Als sich mein Schreck gelegt hatte, da druckte ich sie aus und las sie.
    Es fällt mir schwer, zu beschreiben, welche Wirkung Lenas Bericht auf mich hatte. Der Schreibstil war nüchtern, technisch, ähnlich dem Stil vieler der wissenschaftlichen Aufsätze, die ich während meines Soziologiestudiums gelesen habe.
    Später erfuhr ich, dass der staubtrockene Stil Absicht war. Lena wollte nicht, dass ich sie als „Bekloppte” (ihr eigener Ausdruck) abstempelte. Daher hatte sie ihren Bericht betont sachlich verfasst, fast schon unterkühlt.
    Was mir Lena schrieb, das möchte ich an dieser Stelle noch verschweigen, schließlich handelt dieses Buch davon. Nur so viel: Was mir Lena schrieb, das wirkte auf mich ungemein glaubwürdig. Ich hatte zu keinem Moment – auch später nicht, als wir uns gegenüber saßen – den Eindruck, sie denke sich etwas aus, belüge mich.
    Auf die erste Mail folgten zwei weitere, in denen Lena einige meiner Fragen beantwortete, die ich ihr im Anschluss an den ersten Bericht stellte. In der vierten Mail schrieb sie mir dann ihre Telefonnummer und ich sah, dass es eine Freiburger Nummer war.
    Ich komme aus Süddeutschland, habe in einem Kleinstadtkrankenhaus etwas nördlich von Freiburg das Licht der Welt erblickt. Zwar lebe ich seit einigen Jahren nicht mehr im Süden, bin aber immer wieder einmal in der Gegend, Familie und Freunde besuchen, die Stille der Provinz genießen.
    So bot sich mir die Gelegenheit, Lena persönlich zu treffen, ohne extra mehrere hundert Kilometer fahren zu müssen. Anfang Februar verabredeten wir uns in einer kleinen Freiburger Kneipe, die ich noch aus meiner Schüler- und Studentenzeit kenne. Wir saßen uns an einem biergetränkten Holztisch gegenüber, zwei Meter neben uns tutete und blinkte ein steinalter Flipperautomat und Lena berichtete mir fast drei Stunden lang von ihrer Begegnung mit dem Unerklärlichen. Dabei zeigte sie sich als genaue, lebhafte und manchmal ironische Erzählerin. Sie wirkte überhaupt nicht unterkühlt, weder zu Beginn unseres Gespräches noch gegen Ende, mit drei Bier intus. Obwohl Lena sich um Sachlichkeit bemühte, kamen immer wieder die Emotionen hoch. Einige Male spürte ich ganz deutlich, dass meiner Gegenüber noch immer die Angst in den Knochen steckte. Mehrmals hatte Lena Tränen in den Augen.
    Es folgten fünf weitere Treffen, alle zwischen Februar und Juli 2013, außerdem mehrere Telefonate. Schon bei unserem ersten Treffen hatte mir Lena ihre Geschichte in Grundzügen erzählt, bei den weiteren Treffen und Telefonaten wurden dann offene Fragen geklärt und Details beleuchtet. Ich stellte Fragen wie „Aus welchem Material war der Schreibtisch in Herrn Strauss Büro?”, „Hatte dieser Blutfleck eine Form, die an irgendwas erinnert hat?” oder „Was hast du da gesehen, als du aus dem Fenster geschaut hast?”. Lena beantwortete meine Fragen mit schier übermenschlicher Geduld, selbst dann, wenn sie im engeren Sinne nichts mit ihrer Begegnung mit dem Übernatürlichen zu tun hatten. Im Laufe unserer Gespräche hatte ich zunehmend den Eindruck, Lenas Geschichte nicht nur zu kennen, sondern mit ihr vertraut zu sein. Ich begann, mich in der Geschichte dieser jungen Frau zu Hause zu fühlen.
    Schon früh – wenn ich mich recht erinnere, dann war es bei unserem zweiten Treffen – fragte ich Lena, ob ich das, was sie mir da Stück für Stück anvertraute, aufschreiben und als Buch herausbringen dürfe. Sie erbat sich eine Woche Bedenkzeit, stimmte dann zu. Nur müssten alle Namen geändert werden, sowohl die Namen von Menschen als auch von Orten. Das habe ich selbstverständlich getan. Wie
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