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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)
Autoren: Johannes Clair
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Baufirmen betreut werden. Das macht bei 1500 deutschen Soldaten noch mal so viele Afghanen im Lager. Euer Gepäck holt ihr dahinten ab, ich muss wieder raus, den Rest reinbringen!
    Er knallte die Tür zu und brauste mit den übrigen Fahrzeugen wieder zum Flugplatz. Kein schwacher Windhauch war zu spüren. Einzig die Sonne stand über uns am Himmel. Wir schwitzten.
    Den ersten Tag verbrachten wir mit der Bürokratie, die wir aus Deutschland gewohnt waren. Aufnahme ins Feldlager, Rundgang, Fotos für die Sicherheitsausweise, ohne die sich niemand im Lager bewegen durfte. Wir schwitzten und waren alle kaputt von der Reise, und es war uns anzusehen.
    Jeden Freitag ist Baseday, dann haben alle den Vormittag frei. Außerdem ist dann Kuddelmarkt, berichtete der Feldwebel, der uns in Empfang nahm.
    Die Kuddel waren die Einheimischen. Jeder hier nannte sie so, wie ich schnell feststellte. Für mich lag eine gewisse Respektlosigkeit darin. Es klang abschätzig und schmutzig. Doch der Kuddelmarkt war eine wichtige Institution. Einige einheimische Händler durften freitags ins Feldlager kommen, um ihre Waren zu verkaufen.
    Ein Offizier wies uns in die Sicherheitsbestimmungen und die Situation vor Ort ein. Er erzählte von den vielen Sprengstoffanschlägen in der Gegend. Und Raketen, die regelmäßig über die hohe und mit dem S-Draht genannten Nato-Stacheldraht bewehrten Mauer rund um das Feldlager hinweg zu uns abgefeuert wurden. Davor war noch ein breiter, ebener Geländestreifen, vor dem sich ein Zaun mit einer Krone aus Stacheldraht befand. Wachtürme und Kameras rundeten das Ganze ab. Bewacht wurde das Lager von Afghanen, unterstützt von deutschen Soldaten. Es sollte unser ruhiger Hafen werden. Eine Kontrastwelt zu dem, was uns draußen erwarten würde. Draußen, in Afghanistan.
    Nach der Einweisung durften wir endlich etwas essen gehen. Der Speisesaal war eine kleine Halle irgendwo in der Mitte des Feldlagers. Mit dem »Verticker« genannten Duty Free Shop, dem Fitnessraum und dem Lummerland bildete die Küche die zentrale Anlaufstelle für alle im Lager. Im Verticker konnte man steuerfrei Zigaretten und Geschenke kaufen, aber auch Dinge des täglichen Bedarfs wie Getränke, Shampoo oder Schokolade. Der Vorrat an steuerfreiem Red Bull sollte für die meisten aus der Kompanie ein Grund werden, oft dort aufzutauchen.
    Als wir zum Speisesaal gingen, stand schon eine lange Schlange davor. Darunter belgische Soldaten, Amerikaner, ein paar Ungarn und Armenier, die sich lautstark unterhielten. Ich erfuhr, dass die Armenier mit ungefähr dreißig Soldaten die Aufgabe hatten, den Flughafen zu sichern, um die deutschen Kräfte zu entlasten. Es stellte sich heraus, dass sie ihre komplette Ausrüstung von uns hatten. Sie trugen deutsche Uniformen, Stiefel, Waffen und fuhren sogar mit unseren Mungos. Einzig ihr Nationalitätskennzeichen auf dem Ärmel war original armenisch, und ihre Dienstgradabzeichen hatten sie mit gelbem Klebeband auf die Schultern geklebt.
    Unglaublich, sagte ich zu Hardy. Ob die für den ganzen Kram Miete zahlen?
    Pass mal auf, am Ende zahlen wir auch noch für die, damit die Regierung sich nicht rechtfertigen muss, noch mehr Soldaten hierher zu schicken, brummte TJ.
    In einem Vorraum mit mehreren Waschbecken mussten die Hände gewaschen und desinfiziert werden, bevor es endlich ans Essen ging. Wir stürzten uns wie hungrige Löwen darauf. Das letzte Mal hatten wir nachts warme Würstchen in Termez gegessen. Das Essen war überraschend gut. Es gab jede Menge frisches Obst, Trauben, Pflaumen, Äpfel, Bananen und Kiwis. Dazu ein kaltes Buffet und am Abend zwei verschiedene warme Hauptmahlzeiten zur Auswahl. Mittags nur eine kleinere Hauptmahlzeit.
    Nach dem Nachtisch sollten wir uns vor unseren Unterkünften sammeln. Für die ersten Tage würden wir in Zelten wohnen. Übergangsweise, weil unsere Vorgänger noch da waren. Dann würden wir deren Container bekommen.
    Denkt dran, nachher zu denen zu gehen, um eine Containerausstattung abzugreifen. Wenn ihr könnt, besorgt euch ’nen Fernseher, Kaffeemaschine, Steckdosenleisten und einen Kühlschrank, hatte Muli uns geraten. Wenn ihr keinen Kühlschrank bekommt, habt ihr Pech gehabt, es gibt keine neuen, weil der Strom im Feldlager nicht reicht.
    Er hatte wohl gerade wieder irgendwelche Insider-Infos erhalten.
    Die Container sollten später unser Zuhause werden. 20 Fuß lange Standard-Container, aufgereiht als Wohneinheit für zwei oder drei Männer. In den Zelten
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