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Verzwickt chaotisch

Verzwickt chaotisch

Titel: Verzwickt chaotisch
Autoren: Bettina Belitz
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haben wir gegen den Pakt verstoßen. Wir haben uns nicht getraut, es – äh – unseren Eltern zu sagen«, erwiderte Seppo. »Wir wollten bis nach der Klassenfahrt warten. Und Luzie war so fair, uns nicht zu verpfeifen, obwohl wir warten wollten und sie nicht.«
    »Ja, das muss man ihr wohl anrechnen«, gab Herr Rübsam gähnend zu. Er schob mir eine Tafel Nussschokolade zu, von der sich die anderen immer wieder bedient hatten. Ich mochte eigentlich keine Schokolade, aber mir war alles recht, was mich einen Moment lang von Leander ablenkte. Jede einzelne Zelle in mir wollte zu ihm und doch durfte ich es nicht. Denn er musste durchsichtig bleiben – lange genug, um wieder einen gesunden Körper zu haben, sobald er sich mir näherte. Dabei hatten wir keine Ahnung, ob es funktionieren würde.
    »Trotzdem, das mit dem Alkohol – das kann ich nicht ignorieren«, fuhr Herr Rübsam nach einer nachdenklichen Pause fort. »Das geht nicht.«
    »Ich hab nicht getrunken!«, wiederholte ich mein Mantra des Abends. Jetzt sagte ich mal die Wahrheit und nichts als die Wahrheit und es wurde mir dennoch ein Strick daraus gedreht. »Soll ich Sie noch einmal anhauchen? Sie können gerne die Bullen holen und mein Blut testen lassen, wenn Sie wollen. Kein Problem!«
    »Sie hat echt nicht getrunken«, bestätigte Serdan. »Ihr wollte jemand einen Streich spielen. Da war eine Rechnung offen.«
    Wir blickten ihn allesamt fragend an.
    »Könntest du etwas deutlicher werden, Serdan?«, bohrte Herr Rübsam.
    »Luzie war gestern auch beim Flaschendrehen«, antwortete Serdan. »Sie ist aber abgehauen, weil es ihr zu blöd wurde.« Herrn Rübsams Mund zuckte belustigt, doch er ließ Serdan weitersprechen. »Sie hat aus Versehen mit der Tür geknallt. Davon sind Sie wach geworden – und den Rest kennen Sie ja. Die anderen hatten einen Hals auf Luzie. Also haben sie ihr Zimmer verwüstet und Alkohol darin ausgekippt. Damit sie Ärger bekommt.«
    Wow. Serdan konnte ziemlich gut lügen. Vielleicht konnte ich noch von ihm lernen.
    »Und von wem ist der Alkohol? Wer hat ihn in die Jugendherberge geschmuggelt?«
    Wir schwiegen. Sollten wir Marvin und Leon verraten? Nein, das konnten wir nicht tun. Die hatten mit der ganzen Sache hier nichts zu tun.
    »Sorry, das wollen wir nicht sagen. Aber wir waren es nicht. Traceure trinken keinen Alkohol. Ist Gift für unseren Sport«, sagte Seppo, nachdem wir uns kurz in die Augen gesehen und die Köpfe geschüttelt hatten. »Und ich glaube Luzie, dass sie nichts davon getrunken hat.«
    Herr Rübsam vergrub sein Gesicht in den Händen und einige Minuten lang sagte niemand ein Wort. Ich platzte fast vor Ungeduld. Was würde er jetzt tun? Unsere Eltern anrufen, heute Nacht noch? Den Direktor informieren? Vielleicht sogar die Polizei holen? Nein, Herr Rübsam sah nicht wie jemand aus, der gerne Aussagen vor der Polizei machte.
    Und warum verteidigte mich Serdan unentwegt? Ich war ihm zwar dankbar dafür, aber er hätte es nicht tun müssen. Nicht in allen Punkten. Bezweckte er etwas damit? Aber wenn ja: was?
    »Ich denke mir etwas aus«, verkündete Herr Rübsam nach einer weiteren Zigarette, die er am offenen Fenster qualmte, während wir stumm und mit nervös wippenden Knien auf unser Urteil warteten. »Vielleicht könnt ihr dieses Parking …«
    »Parkour!«, fielen wir dazwischen.
    »Jaa, Parkour. Vielleicht könnt ihr das ja in der Schulturnhalle machen. Unter Aufsicht. Ihr könnt dort Hindernisse aufbauen und … Leute, ich kann euch auch gleich morgen früh an eure Eltern verpfeifen, alle vier!«, unterbrach er sich, als er unsere langen Gesichter sah. Also hatte er gar nicht vorgehabt, uns zu verraten?
    »Okay, super, Turnhalle!«, rief Billy.
    »Turnhalle ist klasse!«, bestätigte Serdan.
    »Spitzenklasse«, fügte ich nickend hinzu. Autsch, mein Nacken. Seppo grinste nur erleichtert.
    »Gut.« Herr Rübsam nickte zufrieden. »Denn das Geständnis bei euren Eltern nehme ich euch nicht ab. Ihr müsst es ihnen schon selbst erklären.« Jetzt grinste auch ich. Na, logisch, dass Herr Rübsam es nicht unseren Eltern sagen wollte. Er hatte Schiss vor meiner Mama. »Aber ihr versprecht mir, dass ihr es tun werdet, ja? Ihr habt ab morgen zwei Wochen Zeit. Zwei Wochen. Wenn ihr in der Zeit nicht Tacheles redet, muss ich es ihnen mitteilen. Einverstanden?«
    »Einverstanden.« Wir schlugen allesamt bei Herrn Rübsam ein und besiegelten unser Versprechen mit den letzten Stücken Nussschokolade. »Und jetzt ab in die
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