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Verzaubert!

Verzaubert!

Titel: Verzaubert!
Autoren: Nancy Madore
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gar nicht, wo er gerade war. Der Mann hatte einen Bart, was an sich nichts Ungewöhnliches war. Nur war sein Bart leuchtend blau. Man munkelte, der Mann habe keinen guten Charakter. Wie er wirklich hieß, das hatte man schon längst vergessen. Gemeinhin wurde er “Blaubart” genannt.
    Blaubarts geheimnisvolles Leben gab den Menschen eine Menge Rätsel auf. Seine Nachbarn konnten gar nicht genug über ihn tratschen. Man fragte sich, warum er so reich war und wie er diesen Reichtum ständig vermehren konnte, und man munkelte, dass er seine vielen Anwesen für seine zahlreichen Ehefrauen angeschafft hatte. Komisch war nur, dass keine der Frauen, die Blaubart geheiratet hatte, lange blieb, nein, jede von ihnen war eines Tages ganz plötzlich verschwunden, und man hatte sie nie wieder gesehen. Diese Tatsache war für einige Menschen erschreckend, doch keiner wagte es, nachzufragen. Viele Frauen fürchteten sich vor Blaubart und bekamen es mit der Angst zu tun, wenn er auftauchte.
    Dann trug es sich zu, dass eine Witwe mit ihren beiden Töchtern in die Nachbarschaft zog, und als Blaubart sah, dass die beiden jungen Frauen ausnehmend hübsch waren, suchte er ihre Mutter auf und bat sie um die Hand einer ihrer Töchter. Welche ihn heiraten würde, das wollte er ihnen überlassen. Doch die Frauen lehnten Blaubarts Wunsch ab; zu viel hatte man ihnen über diesen Mann erzählt. Außerdem wollte sich keine der beiden mit einem Mann vermählen, der einen blauen Bart hatte.
    Doch Blaubart wollte sie unbedingt davon überzeugen, dass er ein rechtschaffener Mann war, der ein gutes Herz hatte und nur das Beste für seine Frau wollte, und machte ihnen einen Vorschlag: Er würde sie auf eines seiner Schlösser einladen und dort ein großes Fest für sie geben, sodass sie sich davon überzeugen könnten, welch ein Gentleman er war. Die Töchter stimmten zu, weil sie neugierig darauf waren, wie Blaubart lebte.
    Und so reisten sie auf eines von Blaubarts prächtigen Schlössern. Sie waren nicht allein, denn sie durften alle Freunde und Bekannte mitnehmen. Noch großzügiger und beeindruckender war allerdings der Umstand, dass das Fest einen vollen Monat andauern sollte.
    Oh, es wurde großartig, pompös, eine Aneinanderreihung von wundervollen Bällen, herrlichem Essen und allem Luxus und Annehmlichkeiten, die man sich nur vorstellen konnte. Blaubart selbst war der perfekte Gastgeber und zeigte sich nur von seiner besten Seite. Er las seinen Gästen, bevorzugt natürlich den beiden jungen Frauen, jeden Wunsch von den Augen ab. Die Töchter waren geschmeichelt, und die Ältere von ihnen war geradezu angetan von Blaubarts charmantem Auftreten. Je länger sie auf dem Schloss in all dem Luxus verweilte, desto mehr dachte sie darüber nach, dass es doch schade wäre, künftig auf all das zu verzichten – und wenn man es mal ganz genau nahm, war Blaubarts blauer Bart doch gar nicht so blau.
    Und so kam es, dass die junge Frau Blaubart kurze Zeit später heiratete. Sie führte daraufhin ein wunderbares Leben. Ihr Ehemann war fürsorglich und überhäufte sie mit Komplimenten und Geschenken. Jeder Wunsch wurde ihr erfüllt. Sie hatte den Eindruck, ja, die Gewissheit, dass diese Ehe das Beste war, was ihr je passieren konnte. Sie genoss jeden Tag und war sehr glücklich mit ihm.
    Eines Tages musste Blaubart für eine Woche verreisen. Seine junge Gattin war darüber nicht erfreut. Wie sollte sie sich nur die Zeit vertreiben? Blaubart lachte. Sie könnte sich all ihre Freunde ins Schloss einladen, schlug er ihr vor, so würde diese eine Woche sicher schnell vergehen. Dann übergab er ihr einen großen Eisenring, an dem unzählige Schlüssel hingen, sodass sie zu jedem Raum im Schloss Zutritt haben würde.
    Doch dann zeigte er auf einen kleinen, unscheinbaren, verrosteten Schlüssel und befahl seiner Frau mit grimmiger Miene, ihn auf gar keinen Fall zu benutzen. Der Schlüssel gehörte zu einem Raum, der sich weit hinten im Keller befand, und Blaubart verbot ihr mit drohender Geste, ihn zu betreten. Sollte sie sich seinem Verbot widersetzen, so würde er sie dafür büßen lassen.
    Die junge Frau starrte auf den Schlüssel und fragte sich, warum ihr Mann ein so großes Geheimnis daraus machte. Doch sie fragte nicht weiter nach, und kurze Zeit später verabschiedete sich Blaubart von ihr.
    Nun würde manch einer annehmen, dass sie nach seiner Abreise unverzüglich nach ihren Freunden schicken ließ, um sich die Langeweile zu vertreiben, doch nichts
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