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Verzaubert!

Verzaubert!

Titel: Verzaubert!
Autoren: Nancy Madore
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mich für dieses Bild”, sagte die Schwester aufgeregt. Damit fesselte sie die Aufmerksamkeit all ihrer Schwestern und machte sich nun daran, ihre Geschichte zu erzählen.
    “Ich weiß, dass ich eine schöne Frau bin, und ich habe mein ganzes Leben der Schönheit gewidmet. Aber das ist nicht genug, um die Herausgeber dieser sogenannten
Frauen
magazine zu befriedigen.” Sie seufzte und machte eine bedeutungsvolle Pause. “Um überhaupt eine Chance als Model zu haben, musste ich einige Schönheitsoperationen über mich ergehen lassen, und ich durfte nichts mehr essen, damit ich meine Figur halten konnte. Und all das nur, um es auf das Titelbild dieses Magazins zu schaffen. Aber ob ihr es glaubt oder nicht, selbst dann war ich ihnen nicht schön genug! Und bevor das Bild veröffentlicht wurde, wurde es noch bearbeitet.”
    Tränen standen in ihren Augen, als sie ihre jüngste Schwester anblickte. “Die Frau auf dem Foto bin nicht ich. Es ist nur ein Geist.”
    Sie blickte jede ihrer Schwestern traurig an und fügte hinzu: “Und genau damit, mit dieser geisterhaften Illusion von Perfektion, wurde das Leben von jeder Einzelnen hier beeinflusst. Es tut mir leid.”
    Einen Moment schwiegen sie nachdenklich. Dann drehten sich die vier Schwestern plötzlich, wie auf Kommando, zur jüngsten in ihren Reihen um.
    “Wie ist es dir denn ergangen?”, fragte die älteste Schwester.
    “Ich bin zufrieden mit meinem Leben”, antwortete die Jüngste bescheiden. Sie wollte ihr eigenes Glück nicht in den schönsten Farben schildern, nachdem sie die Geschichten ihrer Schwestern gehört hatte.
    “Du hast deine Ausbildung fortgesetzt und sogar beendet, nicht wahr?”, fragte eine andere Schwester. “Was hast du noch mal studiert?”
    Ängstlich begann das hässliche Entlein den Schwestern von ihrem Studium zu erzählen. Sie fand stets die richtigen Worte, um ihren Schwestern die fremde Welt der Universität nahezubringen. Aber die Stille beunruhigte sie, und schließlich verstummte sie. Sicher fanden ihre Schwestern, dass sie ein lächerlich langweiliges Leben hatte.
    Aber ihre älteren Schwestern lachten nicht. Sie stellten neugierige und kluge Fragen, und nach einiger Zeit erzählte das hässliche Entlein ihnen von ihren zahlreichen Interessen und sogar von ihrer Hochzeit und der kleinen Tochter, die sie seit einiger Zeit hatte. Sie fühlte sich schlecht, weil sie ihr Glück gefunden hatte. Und darum vermied sie es in ihrer Bescheidenheit, ihren Schwestern von den vielen kleinen Freuden des Alltags zu berichten. Sie erzählte nicht, dass ihr Ehemann sich nicht gehen ließ oder dass er nie die Lust am gemeinsamen Liebesspiel verloren hatte. Sicher konnten die Schwestern dieses Glück auch so sehen, es stand ihr ins Gesicht geschrieben. Vielleicht waren sie sogar neidisch auf die jüngste unter ihnen, weil sie trotz der mangelnden Schönheit so vieles errungen hatte.
    Die drittälteste Schwester war die verbittertste unter ihnen. Als das hässliche Entlein geendet hatte, bemerkte sie: “Das hört sich ja fast so an, als hätten wir mehr Glück im Leben gehabt, wenn wir alle hässlich geboren worden wären!”
    Doch die älteste Schwester sprang dem hässlichen Entlein sofort zur Seite: “Du bist doch nur eifersüchtig”, sagte sie.
    Die jüngste Schwester atmete tief durch. Die Worte der Ältesten machten ihr Mut.
    “Ich glaube nicht, dass ich mehr Glück hatte, weil ich hässlich bin”, sagte sie nachdenklich. “Natürlich hat man mir nicht den Weg geebnet, weil ich schön war, und das hat sicher dazu beigetragen, mir nichts vorzumachen. Vor allem aber habe ich immer versucht, mir selbst treu zu bleiben, und mir immer vorher überlegt, ob meine Ziele ihren Preis wirklich wert waren.”
    Sie blickte jene Schwester an, die unglücklich verheiratet war. “Du hast gesagt, wenn du gewartet hättest, dann hättest du vielleicht herausgefunden, dass dein Ehemann dich nicht wirklich liebte. Aber du hast dich von seinen Schmeicheleien blenden lassen, ohne zu merken, dass er sich in Wahrheit nicht viel aus dir gemacht hat.”
    Sie wandte sich an die anderen Schwestern und fuhr fort: “Jede von euch hat auf ihre Weise gelitten, weil ihr euch für den Moment als Objekte der Schönheit habt ausnutzen lassen. Ihr wurdet dafür bezahlt, aber es war nicht genug Geld, um eure Ansprüche an ein glückliches Leben zu erfüllen. Auf eine gewisse Weise habt ihr die Männer ihrer Verantwortung enthoben.”
    Danach gab es nicht mehr viel zu
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