Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vertraute Gefahr

Vertraute Gefahr

Titel: Vertraute Gefahr
Autoren: Michelle Raven
Vom Netzwerk:
nur Felsblöcke und Sand. Da sie im Moment nichts tun konnte, lehnte Autumn sich zurück und schloss die Augen. Sofort döste sie ein.
    Leichtfüßig lief Shane Hunter den schmalen, unmarkierten Weg hinab, der nur für Eingeweihte zu erkennen war. Er war guter Stimmung, hatte er doch viele gute Fotos von versteckten Orten im Fiery Furnace geschossen. Das Licht war ideal für die Aufnahmen gewesen, weich und fließend. Sonst war die Sonneneinstrahlung hier im Südwesten oft zu stark und produzierte zu harte Schatten. Doch jetzt wurde es allmählich dunkel und er würde sich beeilen müssen, denn das Gebiet war nicht beleuchtet und selbst er konnte sich im Dunkeln verirren oder verletzen. Das Gewicht seines vollgepackten Rucksacks machte ihm nichts aus, er war es gewohnt, damit stundenlang durch die Gegend zu laufen. Sein einbeiniges Stativ benutzte er als Wanderstock. Wie immer fühlte er sich in der freien Natur sofort viel besser. Selbst ein anstrengender Tag als Ranger konnte ihn nicht davon abhalten, sich allabendlich, sofern er keinen Dienst hatte, mit seinem Fotoapparat an stille, spektakuläre Orte zurückzuziehen, um in Ruhe seine Bilder zu machen.
    In seine Gedanken versunken, bemerkte er kaum den dunkelroten Fleck auf einem der Felsblöcke. Erst als er sich bewegte, registrierte Shane, dass es sich nicht um einen der unzähligen roten Felsen handelte. Vielleicht war es ein verletztes Tier, das in einer Felsspalte feststeckte. Andererseits hatte er noch nie ein Tier dieser Farbe gesehen. Shane bewegte sich vorsichtig über die rutschigen Felsen auf den Fleck zu. Als er nur noch wenige Meter entfernt war, erkannte er plötzlich, was es war: Haare! Den Rest der Strecke legte er im Laufschritt zurück.
    Shane umrundete den letzten Felsblock und stand vor einem Häufchen Mensch, das absolut bemitleidenswert aussah. Zerzauste dunkelrote Haare standen in hartem Kontrast zu rosafarbener, ehemals wohl weißer Haut, die ziemlich verquollen schien. Ein schmutziger Streifen zog sich über die rechte Wange. Shane bückte sich, um den Puls an der Halsschlagader zu prüfen, als sich die Augenlider flatternd hoben und er in die grünsten Augen blickte, die er je gesehen hatte. Gebannt beobachtete er, wie sich die Augen erst zusammenzogen und dann erschreckt weiteten. Beruhigend wollte er seine Hand auf ihre Schulter legen, als die Frau ihn plötzlich mit beiden Händen vor die Brust stieß. Darauf nicht vorbereitet, konnte Shane sich nicht mehr rechtzeitig festhalten und kippte nach hinten um. Er sah gerade noch, wie sich die Frau in eine Felsnische zurückzog, bevor er rückwärts den Felsen hinunterfiel. Dank seines Rucksacks landete er relativ weich, doch es ärgerte ihn, dass er die Reaktion der Frau nicht hatte kommen sehen. Shane hob sein Stativ auf, das er bei dem Sturz verloren hatte, und erhob sich.
    Wenn sie es gekonnt hätte, wäre sie wohl noch weiter in den Fels hineingekrochen, als er sich erneut vor ihr aufbaute. Sie gab einen Laut von sich, der Shane einen Schauder über den Rücken trieb.
    Er legte das Stativ zur Seite, da die Frau offensichtlich Angst vor ihm hatte. »Ich will Ihnen nichts tun, ich versuche nur Ihnen zu helfen.« Sie rührte sich nicht, schien wie erstarrt.
    Vorsichtig näherte Shane sich ihr wieder und beugte sich vor, seine Hand offen ausgestreckt, damit sie verstand, dass er ihr nichts tun wollte. Vielleicht war sie eine ausländische Touristin. »Verstehen Sie mich? Sprechen Sie meine Sprache?«
    Ein Ruck ging durch ihren Körper. Sie atmete einige Male tief durch, bevor sie ihn direkt ansah. »Ja. Es tut mir leid, dass ich Sie angegriffen habe, ich dachte, Sie wären jemand anderes.«
    Erleichtert stellte er fest, dass die Frau wohl doch nicht so verwirrt war, wie er erst gedacht hatte. Und sie war Amerikanerin, wahrscheinlich von der Ostküste, wenn er ihre hastige Sprechweise als Indiz nahm. »Haben Sie sich verirrt?«
    »Ich denke schon. Zumindest weiß ich nicht, wie ich wieder zum Parkplatz komme.«
    Ihre Stimme gefiel ihm, leise, dunkel und etwas rau, was allerdings auch daran liegen konnte, dass sie schon längere Zeit hier in der Sonne gesessen hatte. »Möchten Sie etwas zu trinken?«
    »Ja bitte.«
    Erfreut merkte er, dass sie schon etwas weniger ängstlich wirkte und sich von ihm helfen lassen wollte. Schweigend setzte Shane seinen Rucksack ab und öffnete ihn. Er musste erst seine Kamera und einige Objektive auspacken, um an seine Trinkflasche zu kommen. Wortlos reichte er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher