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Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)

Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Stühlen saßen, trieb er uns hinter den Tisch und überprüfte mein Werk.
    »Wollen Sie mich verarschen?«
    Marie-Luises Hände hatte ich nur sehr nachlässig zusammengeklebt. Er zwang mich mit vorgehaltener Pistole, es sorgfältiger zu tun.
    »Wichser«, presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    »Es tut mir leid«, entschuldigte ich mich.
    »Dich meine ich nicht. Ausnahmsweise.«
    »Tun Sie meiner Tochter nichts«, flehte Zuzanna unter Tränen. Jacek stand direkt hinter ihr. »Bitte, bitte, bitte.«
    Ich wusste nicht, was in ihm vorging. Ich hatte noch nie einen solchen Ausdruck auf seinem Gesicht gesehen. Wenn ich John wäre, würde ich mich vor ihm in Acht nehmen. Sehr in Acht nehmen.
    Camerer ließ mich zurücktreten und überprüfte die Fesseln. Nun schienen sie seinen Ansprüchen zu genügen.
    »Dann los.«
    Ich nahm den Schlüssel. Er ließ Jacek und mich vorgehen. Wir verließen das Haus. Hinter meinem Rücken hörte ich Zuzannas wildes Schluchzen und Marie-Luises leise Worte, mit denen sie versuchte, die Mutter zu trösten.
    Draußen stand ein riesiger dunkler Geländewagen.
    »Wo ist sie?«, fragte Jacek und blieb stehen.
    John stieß ihm die Pistole in den Rücken. »Dem Mädchen wird nichts geschehen. Sobald wir den Wein haben, ist alles vorbei.«
    »Den Wein?«, fragte ich. »Sie wollen Wein? Warum sagen Sie das denn nicht gleich? Wenn wir gewusst hätten, dass Sie solche Alkis sind …«
    Der Schmerz explodierte in meinem Hinterkopf. Mir wurde schwarz vor Augen. Ich fand mich halb auf den Knien wieder. John musste mir die Pistole übergezogen haben.
    »Das war die kleine Ansage. Lassen Sie es nicht auf die große ankommen.«
    Mit einem Stöhnen kam ich wieder auf die Beine. Blut rann mir den Nacken hinunter. Mein Blick fiel auf den Geländewagen. Hinter einer getönten Scheibe tauchte Nickys Gesicht auf. Angespannt sah sie zu uns hinüber. Ich wusste nicht, ob diese durchgeknallten Verbrecher Alicja wirklich etwas antun würden. Aber die contessa hatte mich schon einmal hinters Licht geführt, und ihr Mann war ein durchtriebener Loser, der so nah am Ziel jedes Augenmaß verloren hatte.
    »Wohin jetzt?«, bellte John. »Wir haben nicht den ganzen Abend Zeit.«
    Im Westen senkte sich gerade glutrot die Sonne. Einige zarte Wolkenschleier glühten purpur und violett. Die Luft war klar wie Glas. Alle meine Sinne waren durch den Schmerz geschärft. Ich wartete auf meine zweite Chance, und John wusste das.
    Nicky ließ die Scheibe ein paar Zentimeter herunterfahren. Aus dem Wagen klang ein herzzerreißendes Wimmern.
    »Mama!«
    Die Scheibe fuhr wieder hoch und schnitt das Flehen ab. Der kurze Moment war Drohung genug gewesen.
    »Hier entlang«, sagte Jacek. Seine Stimme klang rau wie Schmirgelpapier. »Zum alten Weinberg.« Er wandte sich nach links.
    »Sind Sie sicher?«, fragte John drohend. »Nicht zum Friedhof?«
    Jacek antwortete nicht, sondern ging einfach weiter. John machte eine ungeduldige Bewegung mit der Pistole. Ich folgte ihm. Wir kamen zum Deputantenhaus und schlugen uns durch Unkraut und herumliegenden Sperrmüll.
    »Denken Sie noch nicht mal dran«, sagte John, als wir an einem wackeligen Stapel mit dünnen Holzbrettern vorbeikamen. Das Mundloch gähnte im Weinberg wie ein weit aufgerissener dunkler Schlund.
    »Hier«, sagte Jacek und blieb am Eingang stehen.
    John blickte sich überrascht um. »Ich sehe keine Tür. Was wird das? Ich habe jeden Zentimeter da drinnen abgesucht.«
    Jacek lehnte sich an den steinernen Pfosten und verschränkte die Arme. »Hier war die Tür. Bis vor ein paar Jahren. Dann habe ich sie ausgebaut und ins Haus geholt, sonst wäre sie verfault.«
    »Gut, gut.« Der blonde Mann gab sich Mühe, sich von Jacek nicht verarscht zu fühlen. »Dann mal los. Zeigen Sie mir das Versteck.«
    Wir traten in das schattige Dunkel. John entdeckte die Baustellenlampe als Erster und schaltete sie ein.
    »Also?«
    »Wie Sie sehen, sehen Sie nichts.« Jacek beschrieb mit den Armen einen Halbkreis und legte sogar den Kopf in den Nacken, um die Decke abzusuchen.
    »Den Weinkeller haben die Russen damals geplündert. Den Rest haben sich die Leute vom Dorf geholt. So habe ich es vorgefunden.«
    »Was ist das dahinten?« Der letzte Camerer reichte mir die Baustellenlampe.
    Ich trug sie so nahe an Hagens Versteck wie möglich. John schlich sich vorsichtig heran und warf einen Blick hinein.
    »Ist es hier?«
    »Der Boden ist festgestampfte Erde«, sagte ich. »Man würde sofort
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