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Verschwunden

Verschwunden

Titel: Verschwunden
Autoren: Amanda McLean
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da kann ich nicht schon wieder das hier gebrauchen.“
    Sie hatte es in einem ganz schön gemeinen Tonfall gesagt und fühlte sich gleich schuldig. Dabei war Michael es, der sich schlecht fühlen sollte. Doch ob er das auch nur im Ansatz tat, wusste sie nicht. Entschuldigt hatte er sich zumindest bis heute nicht bei ihr.
    „ Versuch, ein bisschen zur Ruhe zu kommen, Laney, und denk über mein Angebot nach, ja?“
„Okay“, sagte sie, um ihn abzuwimmeln.
„Dann mach`s gut. Schlaf schön!“
    Sie wusste schon jetzt, dass sie das in dieser Nacht nicht tun würde und hängte auf.
Dann ging sie in die Küche, um sich aus dem Gefrierfach eine Familienpackung Pistazieneis zu holen und aß, bis ihr übel wurde.
    Immer wieder musste sie an Jeremy denken. Der arme kleine Schatz. Wie sehr er leiden musste. Und niemand wollte ihm helfen, niemand außer ihr. Aber was konnte sie schon tun? Absolut gar nichts! Sie hatte es versucht, alles, was in ihrer Macht stand. Nun war er auf sich allein gestellt.
    Das Telefon klingelte wieder. In der Annahme, dass es sowieso wieder Michael war, nahm sie ab, ohne auf die angezeigte Nummer zu sehen.
„Michael, ich habe doch gesagt, mir ist nicht nach Hochzeit!“
    Stille.
„Michael?“
Stille.
„Michael? Bist du das?“
Stille. Atmen.
Klicken. Aufgelegt.
    Lane nahm das Telefon vom Ohr und starrte darauf. In ihr machte sich ein ängstliches Gefühl breit.
Sie drückte ein paar Tasten und kam so zum letzten Anrufer auf der Liste. Anonym.
Sie wusste es nicht mit Sicherheit, aber es konnte doch nur einer gewesen sein. Ihr Bauchgefühl trügte sie nie.
    Schnell lief sie zum Fenster und zog die Gardinen zu.
Ihr war nun wirklich unbehaglich. Und als das Telefon eine Minute später erneut klingelte und wieder „anonym“ anzeigte, zitterte ihr ganzer Körper.
    Sie tat etwas, das sie schon als kleines Kind getan hatte, wenn sie sich vor etwas oder jemandem versteckt hatte: Sie hockte sich unter den Küchentisch.
Es hörte nicht auf zu klingeln. Irgendwann ging der Anrufbeantworter ran. Doch der Anrufer legte auf, ohne ein Wort zu hinterlassen.

7
    Die halbe Nacht hatte Lane noch unter dem Tisch verbracht und auf einen weiteren Anruf gewartet, doch es war keiner gekommen.
Nun, am nächsten Morgen, fühlte sie sich wie gerädert. Zum Glück war Freitag, das Wochenende war nah, sie musste nur noch einen einzigen Tag überstehen.
    Am liebsten hätte sie sich heute krank gemeldet, doch das wollte sie Jeremy nicht antun. Sie wusste zwar, dass er sich ihr nicht anvertrauen wollte und wohl auch nicht würde, doch sie wollte, dass er wusste, dass er nicht allein war. Dass es jemanden gab, der für ihn da war, falls er ihn brauchte.
    Sie hatte sich etwas ausgedacht in der Nacht, in der sie unter dem Tisch gekauert hatte.
„Kinder, ich habe da eine schöne Idee. Bringt doch alle mal am Montag euer liebstes Spielzeug mit. Und dann erzählt ihr mir etwas darüber.“
Die Kinder freuten sich.
    „ Miss Downey?“, rief Samuel.
„Ja, Sam?“
„Dürfen wir mitbringen, was wir wollen?“
Lane nickte. „Euer Lieblingsspielzeug, egal, was es ist.“
„Aber wie soll ich denn den Fernseher und die Wii zur Schule tragen?“
    Damit hatte Lane jetzt nicht gerechnet.
„Äh, dann sagen wir mal, ihr dürft mitbringen, egal, was es ist, aber ihr müsst es ganz allein ohne Hilfe tragen können.“
Bis zum Ende der Stunde beredeten und erzählten die Kleinen untereinander, was sie mitbringen würden.
Nur Jeremy blieb wie immer still an seinem Platz sitzen.
    Lane ging zu ihm.
„Und, Jeremy? Weißt du schon, was du mitbringen willst?“
„Bobo“, sagte er nur.
„Dann freue ich mich schon sehr darauf, Bobo kennenzulernen.“, sagte sie und Jeremy lächelte.
    Es brachte ihr Herz zum Schmelzen. Sie überlegte und war sich nicht sicher, ob sie ihn jemals zuvor richtig lächeln gesehen hatte.
Das Schuljahr ging jetzt bereits zweieinhalb Monate. War das nicht traurig?
    An diesem Abend hatte Lane wieder ein paar dieser Anrufe. Immer wenn sie abnahm, meldete sich keiner, sie hörte nichts als dieses Atmen.
    ***
    Das Wochenende kam und die Angst davor, wieder einen Anruf zu erhalten
war wahrscheinlich schlimmer, als wenn sie tatsächlich einen bekommen hätte.
Sie überlegte hin und her. Sollte sie doch noch Michael zusagen? Sich hübsch zu machen, auf eine Hochzeit zu gehen, zu tanzen und Torte zu essen, würde sie sicher etwas ablenken. Doch Michael Hoffnungen zu machen war das Letzte, was sie jetzt wollte.
    Also rief sie
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