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Verschlossen und verriegelt

Verschlossen und verriegelt

Titel: Verschlossen und verriegelt
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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eintretenden Tod liegt immer eine Herzinsuffizienz oder ein Infarkt nahe.«
    »Warum sind Sie davon ausgegangen, dass der Tod schnell eingetreten ist?«
    »Der Polizist hat es angedeutet.«
    »Inwiefern?«
    »Sehr direkt, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Der alte Knacker hat sich entweder umgebracht oder einen Herzschlag bekommen. So ungefähr.«
    Wieder so eine himmelschreiend falsche Schlussfolgerung. Nichts in den Akten sprach dagegen, dass Svärd vor seinem Tod mehrere Tage lang bewegungsunfähig oder ohnmächtig in seiner Wohnung gelegen haben konnte.
    »Na schön, Sie haben also den Brustkorb geöffnet.«
    »Ja. Und die Antwort auf die Frage ergab sich praktisch sofort. Es bestand kein Zweifel, welche Alternative vorlag.«
    »Selbstmord?«
    »Ja, natürlich.«
    »Durch?«
    »Der Mann hatte sich ins Herz geschossen. Die Kugel war noch da.«
    »Direkt ins Herz?«
    »Jedenfalls fehlte nicht viel. Die primäre Verletzung ist der Aorta zugefügt worden.«
    Sie machte eine kurze Pause und sagte leicht ironisch:
    »Drücke ich mich verständlich aus?«
    »Ja.«
    Martin Beck formulierte seine nächste Frage sorgfältig. »Verfügen Sie über umfassende Erfahrungen mit Schussverletzungen?«
    »Über ausreichende, denke ich. Der Verlauf war hier zudem recht unkompliziert.«
    Wie viele Erschossene mochte sie in ihrem Leben obduziert haben? Drei? Zwei? Vielleicht nur einen? Die Ärztin ahnte möglicherweise seine unausgesprochenen Zweifel und sagte erklärend:
    »Ich war vor zwei Jahren während des Bürgerkriegs in Jordanien im Einsatz. Wir hatten dort eine Menge Schussverletzungen.«
    »Aber wahrscheinlich nicht besonders viele Selbstmorde.«
    »Nein, das ist richtig.«
    »Nun ist es so, dass nur wenige Selbstmörder auf ihr Herz zielen«, erläuterte Martin Beck. »Die meisten schießen sich in den Mund und einige wenige in die Schläfe.«
    »Tja, das ist sicher richtig. Aber er war bei weitem nicht der Erste. In Psychologie habe ich gelernt, dass es bei Suizidanten einen tiefsitzenden Instinkt gibt, die Waffe auf das Herz zu richten. Vor allem bei Personen, die den Selbstmord romantisieren. Dazu scheinen viele Menschen zu neigen.«
    »Wie lange kann Svärd Ihrer Meinung nach mit dieser Schussverletzung noch gelebt haben?«
    »Nicht lange. Eine Minute, vielleicht auch zwei oder drei. Die inneren Blutungen waren massiv. Ich würde sagen, eine Minute, aber das ist nur eine Schätzung. Der Spielraum ist allerdings sehr klein. Spielt das eine Rolle?«
    »Vielleicht nicht. Aber mich interessiert vor allem noch etwas anderes. Die sterblichen Überreste gelangten am 20. Juni in Ihre Obhut, richtig?«
    »Ja, das könnte stimmen.«
    »Wie lange ist der Mann da Ihrer Meinung nach schon tot gewesen?«
    »Tja…«
    »Das Gutachten ist in dem Punkt vage.«
    »Das ist wirklich nicht leicht zu sagen. Vielleicht hätte ein erfahrenerer Pathologe als ich eine genauere Angabe machen können.«
    »Aber was denken Sie?«
    »Mindestens zwei Monate, allerdings…«
    »Allerdings?«
    »Allerdings hängt das von den Verhältnissen am Fundort ab. Wärme und Luftfeuchtigkeit spielen eine große Rolle. Die Zeitspanne kann kürzer sein, zum Beispiel wenn der Körper großer Hitze ausgesetzt gewesen ist. Andererseits war die Zersetzung, wie gesagt, weit fortgeschritten…«
    »Und die Eintrittswunde?«
    »Wegen der Gewebezersetzung lässt sich auch diese Frage nur schwer beantworten.«
    »War es ein aufgesetzter Schuss?«
    »Meiner Meinung nach nicht. Aber ich kann mich irren, das möchte ich betonen.«
    »Was ist denn Ihre Meinung?«
    »Dass er sich auf die andere Art erschoss. Es gibt doch zwei klassische Methoden, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete Martin Beck. »Das ist richtig.«
    »Entweder presst man die Mündung der Waffe gegen den Körper und drückt ab. Oder man streckt den Arm mit der Pistole, oder was immer es ist, aus und hält die Waffe umgedreht in der Hand. Dann muss man mit dem Daumen abdrücken, nicht wahr?«
    »Stimmt genau. Und das glauben Sie?«
    »Ja. Aber mit allen erdenklichen Vorbehalten. Es ist wirklich schwierig, einen Kontaktschuss an einem Körper nachzuweisen, der so verändert ist.«
    »Ich verstehe.«
    »Dann bin ich hier wohl die Einzige, die nichts versteht«, sagte die junge Frau leichthin. »Warum fragen Sie mich das alles? Spielt es denn so eine große Rolle, wie er sich genau erschossen hat?«
    »Ja, sieht so aus. Svärd wurde in seiner Wohnung gefunden, alle Fenster und Türen waren
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