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Verschleppt ins Tal Diabolo

Verschleppt ins Tal Diabolo

Titel: Verschleppt ins Tal Diabolo
Autoren: Stefan Wolf
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Dinger
selbst?“
    „Das geht Sie einen Dreck an,
Inspektor.“
    Stritzi legte auf. Nachdenklich
ging er durch die Fußgängerzone, die Augen verborgen hinter spiegelnden
Gläsern.
    Wieso hatte der Inspektor
gefragt — mit diesem komischen Ton in der Stimme? Den Bullen konnte es doch
egal sein, wer die Bomben herstellte.
    Stritzi überlegte. Seine Nerven
lagen blank. Zwei Jahre im Sicherheitstrakt der Landesstrafanstalt hatten ihn
dünnhäutig gemacht, aber seine Rücksichtslosigkeit gesteigert. Er war
ausgebrochen. Ein irrer Zufall half ihm dabei. Auf der Krankenstation, wo er
sich aufhielt, war ein Mithäftling gestorben — ein Mann, dem er ähnlich sah.
Stritzi war in dessen ,Zustand‘ geschlüpft und konnte es später selbst nicht
fassen, wie perfekt er den Toten gespielt hatte. Zwei übermüdeten Helfern war
nicht aufgefallen, dass sie einen lebenden Toten in eine ungesicherte
Abstellkammer brachten. Erst nach einer Stunde wurde Stritzihoff vermisst und
die echte Leiche in einem Wäscheschrank entdeckt. Diese Stunde reichte Stritzi.
In einem Kühlwagen, der Gefängniskost brachte, gondelte er als blinder
Passagier zwischen Kisten mit Leergut in die Freiheit. Und die war verlockend.
    Er schlüpfte unter bei einem
Kumpel. Mit vier Einbrüchen verschaffte er sich Bargeld, hatte sogar unerhörten
Dusel, erbeutete nämlich 80 000 Euro in der Villa eines Autohändlers — genug
Kapital, um Bomben zu kaufen und seinen absonderlichen Plan zu verfolgen.
    Später las er in der Zeitung,
dass auch sein Ex-Kumpel Olaf Riedmeyer aus demselben Knast getürmt war. Ohne
große Tricks, dafür mit erheblicher Gewalt. Olaf Riedmeyer hatte es auf
ungeklärte Weise fertig gebracht, an eine Handgranate zu kommen. Wer auch immer
die zu ihm in den Knast geschmuggelt hatte — mit ihr in der einen Hand, mit der
andern im Genick eines ältlichen Justizbeamten — dagegen gab es kein Argument.
Riedmeyer erpresste sich seine Freiheit, nahm den Beamten als Geisel mit und
brüllte fortwährend: „Beeilt euch, ihr Schweine! Ich kriege ‘nen Krampf in der
Flosse.“
    Die Handgranate war echt. Er
hatte sie abgezogen. Noch hielt er den Bügel fest. Sobald er den losließ, wäre
um ihn herum alles Konfetti gewesen, wie er brüllend verkündete. Er verlangte
einen Fluchtwagen und bekam ihn. Unterwegs warf er die Granate hinaus, weil sie
ihn beim Fahren hinderte. Sie detonierte am Rande der Landstraße, 100 Meter vor
den ersten Häusern der Vorstadt. Auch der Justizbeamte durfte aussteigen — bei
Tempo achtzig. Er brach sich den linken Arm. Der Fluchtwagen wurde bei einer
Tankstelle gefunden. Die Fahndung nach Olaf Riedmeyer lief immer noch auf
Hochtouren.
    Stritzi grinste, als er daran
dachte. Dann presste er die Zähne aufeinander. Wieso hatte der Inspektor so
komisch gefragt? War etwa was mit diesem Roberto Fulvati?
    Stritzi trat in eine
Telefonkabine beim Zweigpostamt Strehling-Platz. Kartentelefon. Er hatte Karten
genug.
    Nach dem sechsten oder siebten
Läuten meldete sich eine Frauenstimme, unverständlich.
    „Hallo, ist dort bei Fulvati?“
    „Si. Ja.“
    „Hallo, ich möchte Roberto
sprechen.“
    „Geht nicht“, plärrte sie los.
„Geht nicht. Roberto nicht da.“
    „Ich bin sein Freund. Für mich
ist er da. Wer sind Sie?“
    „Ich seine Freundin. Heiße
Sofia Ulango. War schon Freundin in Neapel. Ich jetzt hier. Seit einer Woche.
Und nun er... er... er in Untersuch... Untersuche... Polizei sagen, er müssen
dort bleiben. Für lange!“ Sie schluchzte zum Steinerweichen.
    „O verdammt!“
    Also doch!, dachte Stritzi. Ich
hab’s gespürt.
    „Weshalb denn?“, fragte er.
„Was hat er gemacht?“
    „Überfall, sagen Polizei. Auf
Juwelier. Mit Menschenraub. Und Tetzke auch dabei. Tetzke sein Freund. Sie
beide in Unter... Untersuchungshaft.“ Sie schrie fast und lachte auf — für eine
Sekunde glücklich darüber, dass sie das Wort gefunden hatte.
    Stritzi legte auf. Elendes
Pech! Was nun? Bombenbastler waren Spezialisten — Experten, die man nicht im
Branchenverzeichnis findet. Stritzi kannte keinen andern. Klar, man konnte sich
umhören. Aber auf ihn wie auch auf Riedmeyer waren Belohnungen ausgesetzt. Er,
Stritzi, musste verdammt vorsichtig sein. Durfte sich eigentlich nirgendwo zeigen.
Jetzt war die Frage: Hatte ihn Roberto Fulvati verzinkt? Hatte er von den
Bomben erzählt, um bei den Bullen zu punkten? Stritzi, der der Realität stets
ins Auge sah, beantwortete beide Fragen mit ja — und fühlte sich plötzlich
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