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Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit
Autoren: Kate Wilhelm
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hier jemanden, der sich mit Computern auskennt?« fragte er.
    – Nicht gut genug. Wir haben auch daran gedacht. Sie sind alle noch so schrecklich jung, weißt du, von denen sind noch nicht viele herübergekommen. Die wenigen Zugänge hatten meist das Gedächtnis verloren. Keine große Hilfe.
    Das macht auch nichts, dachte Corky. Es war geschehen und konnte nicht ungeschehen gemacht werden. Das Leben konnte nicht ungelebt gemacht werden. Unsterblich, ging es ihm wieder durch den Kopf, dann fragte er: »Seid ihr Typen hier unsterblich?«
    – Wir glauben schon, aber natürlich haben wir bis jetzt keinen Beweis dafür, nicht vor dem Ende des Universums, schätze ich.
    »Und sicher könnt ihr euch schneller als das Licht fortpflanzen, was?«
    – Fortpflanzen ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort. Im Zusammenhang mit einem nichtmateriellen Körper paßt es wohl nicht so ganz.
    Er nickte nachdenklich. Schneller als mit Lichtgeschwindigkeit? In Augenblicksschnelle gelangten sie von einem Ort zum anderen. Ihr Geist, wie auch der seine, gingen irgendwie über den Maßstab Zeit hinaus. Big Mac hatte also seinen Geist nicht verändert, nur seinen Körper, hatte ihn in Atome zerlegt, und als sein Geist bereit war, konnte er sie wieder zusammenfügen. Nicht der Geist, setzte er seine Gedanken fort, als solcher war er ihm nie erschienen, sondern als Mittelpunkt, manchmal schwach, manchmal stark, aber immer ein Mittelpunkt, und er hatte niemals angenommen, daß er in seinem Kopf saß. Er hatte seinen Platz in der Magengrube.
    »Hör mal«, sagte er anschließend. »Klär mich drüber auf, ob ich irgend etwas außer acht gelassen habe. Ich kann nicht in meine Vergangenheit zurückkehren und irgend etwas daran ändern, sonst verursache ich ein gewaltiges Chaos. Ich kann nicht zu einer ganz bestimmten Sekunde in der Zeit zurückkehren, denn wenn ich das getan hätte, dann wüßtet ihr hier davon. Ihr hättet es inzwischen längst in Einklang mit allem anderen gebracht. Ich kann nicht in die Zukunft gehen, weil sie von der Finsternis verschluckt ist. Okay soweit?«
    – Ich befürchte ja.
    »Okay, dann sag mir mal folgendes: Kann irgendeiner von euch rübergehen und drüben bleiben? Ich meine, wenn man genau in dem Moment rübergeht, in dem jemand stirbt, kann man dann in ihn reinschlüpfen?«
    – Nein, aus mindestens zwei Gründen nicht. Hier, so, wie ich mich jetzt mit dir unterhalte, hat es den Anschein, als hätte ich einen normalen Willen, normale Beweggründe oder Absichten, wie immer du es nennen willst, doch wenn wir mit anderen Augen sehen, andere Leben leben, haben wir das nicht mehr. Genausowenig, wie du das hattest, als du deine Runde durch das Bewußtsein fremder Menschen gemacht hast, erinnerst du dich? Und der zweite Grund ist, daß der Lebensfunke im Tod erlischt, aus. Wir besitzen ihn nicht mehr, Corky. In dir ist er noch, und deswegen kannst du dich nicht einfach zu uns gesellen, so ohne weiteres. Du besitzt immer noch den Willen, zu leben, verstehst du?
    »Darauf kannst du Gift nehmen.« Ihm fiel noch etwas ein. Je mehr sein Mittelpunkt sich bildete, desto weniger war er in der Lage, in irgend jemanden hineinzuschlüpfen, bis der Punkt erreicht war, an dem er sich in einem Schwebezustand zwischen einer Person und einem Wirbel aus Energie befand. Aber es gab einen ganz bestimmten Punkt, sagte er sich; es hatte Zeiten gegeben, da war er, Corky, sich durchaus darüber bewußt, daß er sich mit anderen Geistern verband, Zeiten, zu denen sein Mittelpunkt nicht auseinandergeflossen war. Es hatte keinen Sinn, weitere Fragen zu stellen, erkannte er. Sie würden sich mit diesen Möglichkeiten nicht auskennen, da sie keinen Willen zum Leben hatten, es sei denn, ihr Zustand war Leben. Aber es gab noch etwas.
    »Als ich damals beim erstenmal angeklopft habe, hättet ihr mich da einlassen, mich in die Hölle bringen können?«
    – Corky, nicht die Hölle. Glaub mir, bitte, es ist nur ein Augenblick. Obwohl es in der Theorie möglich gewesen wäre, wäre es nicht gegangen, denn jene erstarrte Szene mußte erreicht werden. Doch beim erstenmal wärst du durcheinander, verwirrt gewesen; es wäre leichter gewesen. Wenn wir geglaubt hätten, ernsthaft daran geglaubt hätten, daß es das Problem gelöst hätte, dann hätten wir dich diesmal eingelassen. Doch einige von uns waren nicht überzeugt davon, denn das hätte bedeutet, sich in die Angelegenheit von dort drüben zu mischen. Das haben wir noch nie getan, niemals. Dir
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