Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit
Autoren: Kate Wilhelm
Vom Netzwerk:
ist sicher klar, daß wir ausgesprochen halbherzig gehandelt haben. Wir hatten gehofft, du würdest die Dinge durchschauen und selbst eine Entscheidung treffen. Ich glaube, wir sind gar nicht fähig, so etwas tatsächlich zu tun; eine Einmischung und der Lebenswille scheinen untrennbar miteinander zusammenzuhängen.
    »Ich muß also tun, was zu tun ist«, sagte er.
    – Was hast du vor?
    »Ein Glücksspiel«, sagte er und ließ den Liegestuhl und die Eiche und die Wüste verschwinden. Er betrachtete die Szene aus einer Entfernung von wenigen Zentimetern, doch außerhalb seiner Reichweite, und dann ließ er den Körper verschwinden, den er sich gegeben hatte, und schwebte davon.
     
    »Corky, rette dich!« schrie Lauren entsetzt.
    Bevor der Schuß fiel, sorgte er dafür, daß seine Kleider über die Klippe fielen, und dann war er bei Morris Pitts, schlug ihm auf die Hand mit der Pistole und schlüpfte in ihn hinein. Während einer Zeitspanne, die so kurz war, daß es dafür kein Maß gab, war er Wirbel aus Energie und suchte nach dem speziellen Muskel in Morris Pitts. Und Morris war ihm genauso wehrlos ausgeliefert wie Corky damals dem Laserstrahl. Er umspannte den Muskel, zog ihn zusammen, verursachte einen Krampf darin. Der Mittelpunkt, derart aus dem Lot gebracht, floß in alle Richtungen auseinander, war hilflos; Morris, der vollkommen die Beherrschung verlor, fiel auf die Knie; und Corky stand auf, er war Herr seines Mittelpunktes, der jetzt tief in der Magengrube im Körper von Morris Pitts nistete. Er rannte zu Lauren und untersuchte ihren Kopf, wo sich bereits eine Beule gebildet hatte. Sie atmete fast normal und bewegte sich auch wieder etwas. Er hob sie auf und legte sie sich über die Arme, und so stand er da mit ihr, im Blickfeld der Beobachter auf den Schiffen unter ihnen; dann drehte er sich um und machte sich auf den Weg hügelabwärts; er trug sie immer noch.
    Beim Wasserfall blinzelte sie und versuchte, ihre Sicht scharf einzustellen; sie fing an, um sich zu schlagen. Wellen eines Schwindelgefühls schwappten in ihr hoch, und sie gab auf. Sie hörte Corkys Stimme im Ohr.
    »Psst, Lauren. Es ist alles in Ordnung. Du bist in Ordnung.«
    Andere Stimmen brüllten jetzt aus vielen Richtungen, und sie gab den Versuch auf, einzelne Worte zu entschlüsseln; sie gab sich der schaukelnden Bewegung hin. Alles war zu verschwommen, zu verwirrend. Aber Corky war in Sicherheit, und alles andere war ihr gleichgültig.
    »Verstehst du, was ich dir sage?«
    Sie schüttelte den Kopf und stöhnte, dann streckte sie die Hand aus, um eine Beule zu befühlen, die im Rhythmus ihres Herzschlags pochte, und jedes Pochen brachte eine neue Welle des Schmerzes mit sich.
    »Hör zu! Versuche einfach, nichts zu sagen. Du hast ihn angesprungen und mich gerettet. Hast du das mitbekommen? Er war verrückt. Der Strahl hatte seinen Verstand zerstört. Kein Spion, nur ein Übergeschnappter. Er hat mir alles anvertraut. Nicke einfach nur zu dem, was ich sage.«
    Ihr war es inzwischen egal, was sie seiner Meinung nach sagen sollte, was sie nach irgend jemandes Meinung sagen oder tun sollte. Irgendwo war Corky in Sicherheit; alles andere bedeutete nichts. Sie schloß die Augen und stieß einen langen und mühsamen Atemzug aus; sie ließ sich zurücktragen in die Hütte und auf eins der Feldbetten im Wohnzimmer legen. Er sammelte alle Papiere vom Tisch ein und steckte sie sich in die Tasche. Sie schloß die Augen erneut. Auch das alles war vollkommen gleichgültig.
    »Was ist dort oben passiert?« fragte eine Stimme.
    Lauren richtete sich auf und wartete, daß das Schwindelgefühl vergehen möge, dann hob sie sehr behutsam die Beine über den Rand des Feldbetts und machte sich bereit, aufzustehen. Es gab etwas, das sie ihnen eigentlich sagen müßte, doch sie konnte sich nicht erinnern, was es war. Sie konnte in die Küche sehen, in der immer mehr fremde Männer auftauchten. Den einen erkannte sie mit einiger Mühe; es war der dicke Polizist, derjenige, von dem Corky gesagt hatte, er sei Colonel und wollte gern General sein. Bevor sie aufstehen konnte, sprach Morris Pitts. Sie runzelte die Stirn, während sie auf seine Worte lauschte.
    »Er hatte ein Messer, und sie sprang ihn an, wodurch sie mich rettete. Er war wie ein tobender Derwisch. Dieser Laserstrahl hat sein Gehirn geröstet. Er zwang sie, mit ihm zu kommen, weil er dachte, sie hätte ihm das angetan. Sie war die letzte Person, die er vor dem Laserangriff gesehen hat, verstehen Sie?
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher