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Verraten

Verraten

Titel: Verraten
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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Schließfächern zu gelangen, betrachtete er den Kerl von hinten.
    Er war außergewöhnlich groß und kräftig, trug eine schwarze Jeans, eine schwarze Bomberjacke und eine modische Sportmarken-Strickmütze, die Roman lächerlich fand. Der Kerl stand mit dem Rücken zu den Rolltreppen und sah ihn daher nicht kommen. Vitali und Igor dagegen hatten Roman bereits entdeckt und sich durch einen kurzen Blick mit ihm verständigt.
    Roman war aufgeregt. Er hätte ein kleines Vermögen dafür gegeben, den Kerl zwischen die Finger zu kriegen, der ihn für den Rest seines Lebens zum Krüppel geschossen hatte. Und der seinen guten Freund Andrej kaltblütig abgeknallt hatte. Jetzt wurde ihm der Kerl auf dem Silbertablett serviert, und er bekam auch noch Geld dafür.
    Es war zu schön, um wahr zu sein. Er hatte gelernt, dass umsonst nur die Sonne aufging und der Rest teuer bezahlt werden musste. Ganz gewiss in seiner Branche.
    Als er nur noch wenige Meter entfernt war, versuchte er, die Größe des Mannes einzuschätzen. Er dachte an die Statur des schwarz gekleideten Täters zurück, der ihn in seinem Büro in Rotterdam überfallen hatte. Ja, das kam hin. Breite Schultern, groß, lange Beine. Lässige Haltung. Vitali und Igor stießen den Mann mit der Mütze an, sodass er sich umdrehte und Roman ihm ins Gesicht sehen konnte.
    Roman hatte in seinem Leben einiges mitgemacht, darunter viel Schweres. Er geriet nicht so leicht aus der Fassung. Aber jetzt war er für einen Moment sprachlos. Diese schwarzen Augenbrauen und die dunkelbraunen Augen. Dieses ovale, grobe Gesicht und die breite Nase. Sie gehörten zu Ljoscha oder auch zu Alexei Kusnetsow, Wladimirs Neffen. Er schaute den Jungen starr an, ohne mit der Wimper zu zucken. Ljoscha sagte nichts. Roman bemerkte, dass er rote Flecken im Gesicht hatte und einer seiner Mundwinkel zuckte. Die Nerven.
    Es war lange her, dass Wladimir ihn zum ersten Mal mitgebracht hatte. Wie lange? Zwei Jahre? Drei Jahre? Roman war sich nicht sicher. Er hatte den Jungen von Anfang an nicht gemocht. Ljoscha redete, wenn er besser den Mund gehalten hätte, und meistens kam nur großspuriger Mist dabei heraus. Gleichzeitig hatte der Junge ein fanatisches Funkeln in den Augen gehabt, das Roman gar nicht behagte. Daher war es bei dieser einmaligen Einführung unter Wladimirs Obhut geblieben. Roman wollte Ljoscha nicht mit einbeziehen, weil der Junge für Probleme sorgen würde. Das hatte er Wladimir mit klaren Worten zu verstehen gegeben. Aber Wladimir hatte sehr an seiner Familie gehangen, seinen Neffen protegiert und immer wieder nachgebohrt. Erst kürzlich noch. Roman hatte schon lange vermutet, dass Wladimir seinen Neffen trotz seines Verbots hin und wieder zu Aufträgen mitnahm und ihn heimlich einweihte. Er hatte sich darüber geärgert, aber was wollte er machen.
    Und jetzt war Wladimir tot. Genau wie Andrej. Und Anna. Und Dmitrij, Andrej und Iwan. Und hundertzwanzigtausend Euro waren verschwunden.
    Er schaute Ljoscha forschend an. Sagte nichts. Ljoschas Blick verriet seine Panik. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch ein Stoß von Igor schnitt ihm das Wort ab. Igor hatte eine Hand in die Jackentasche gesteckt, die sich ein wenig ausbeulte. Den Schweißtropfen auf Ljoschas Gesicht nach zu urteilen hatten Igor und Vitali ihm bereits klargemacht, was sich in dieser Tasche befand.
    Roman schaute Vitali an, der rechts von Ljoscha stand. Dieser nickte ihm zu und schob zwei schwarze Reisetaschen über den glatten Boden zu ihm hinüber.
    Als Roman langsam in die Hocke ging, um die Taschen zu öffnen, fiel es ihm wieder ein. Es war vor zwei Jahren gewesen. Vor zwei Jahren hatte Ljoscha, der seit seiner frühen Kindheit in den Niederlanden lebte, Kontakt zu seinem Onkel gesucht, und damit war der Stein ins Rollen geraten.
    Roman beugte sich nach vorn. Zog den Reißverschluss der ersten Tasche auf. Geld. Es steckte verdammt viel Geld darin. Bündel mit Fünzigeuronoten und dazu jede Menge lose Scheine, schlampig in die Tasche hineingeworfen und bis in alle Ecken gestopft. Er wühlte mit beiden Händen darin herum. Tastete bis auf den Boden. Es war nichts als Geld in dieser Tasche. Rasch zog er den Reißverschluss wieder zu. Wollte seinen Männern nicht zu lange den Mund wässrig machen. Der Anblick von Geld, besonders in großen Mengen, konnte die Leute auf die seltsamsten Gedanken bringen. Damit kannte er sich bestens aus.
    Mit einem zufriedenen Brummen zog er die zweite Tasche zu sich hin. Diese war
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