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Verraten

Verraten

Titel: Verraten
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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Umschlag. Bei dem Rest von deinem Müll.«
    Sil hielt den Atem an. Wenn Alex verlangte, dass er ihn zu dem Schließfach begleitete oder darauf beharrte, dass er das Geld zu dem Hotel brachte, konnte er seinen Plan vergessen. Aber damit würde Alex auch zugeben, dass es keinen Brief gab. Keinen direkten Kontakt zum Oberboss. Und sich damit zum Abschuss freigeben. Wenn Alex auch nur zwei Gehirnzellen mehr als eine Amöbe besaß, würde er sich mit seinem Vorschlag zufrieden geben.
    »Wenn du mich linkst, bist du tot«, sagte Alex und legte auf.
    Sil stieß einen Seufzer aus und schaute Susan an.
    »Er fällt darauf herein«, sagte er und stand auf. »Ich suche schon mal eine Telefonzelle.«
    »Ich komme mit dir«, sagte Susan.
    Sie fuhren durch die Innenstadt von’s-Hertogenbosch. Susan saß am Steuer. Der Porsche ließ sich mühelos lenken. Sie musste allerdings aufpassen, nicht zu viel Gas zu geben. Ein kleiner Tick und der Sportwagen schoss los. Es war ziemlich gewöhnungsbedürftig. Der Wagen hopste wie ein kaputter Knallfrosch durch die Straßen. Sil sagte nichts dazu.
    An einem Platz stiegen sie aus und gingen schweigend zu einer Telefonzelle. Susan steckte ihre Telefonkarte in den Schlitz und wählte die Nummer. Dann reichte sie den Hörer an Sil weiter, der ihn zwischen seinen Kopf und seine gesunde Schulter klemmte.
    Es wurde praktisch sofort abgenommen.
    »Und, hast du’s dir überlegt?«, fragte Sil.
    »Fünfzehn Prozent geht in Ordnung«, brummte der Mann. »Wer ist es?«
    »Das wirst du morgen sehen«, sagte Sil. »Am Hauptbahnhof in’s-Hertogenbosch. Das Geld liegt im Schließfach mit der Nummer 04-12. Er will es morgen abholen. Nach sieben Uhr abends. Er will sofort anschließend abhauen, also sieh zu, dass du rechtzeitig da bist.«
    Der Mann brummte etwas.
    »In dem Schließfach liegt noch mehr, was dich interessieren wird.«
    Der Mann schwieg für einen Augenblick.
    »Warum tust du das?«, fragte er dann.
    »Weil ich das Geld will«, antwortete Sil. »Und dieser Kerl ist mir im Weg. Sorge also dafür, dass meine fünfzehn Prozent in dem Schließfach liegen. Nächste Woche um dieselbe Zeit, um neunzehn Uhr. Klebe die Chipkarte in einem der Passfotoautomaten neben den Schließfächern an die Decke. Da hole ich sie mir ab.«
    Anschließend hängte er auf.
    »Meinst du, es funktioniert?«, fragte Susan.
    »Ich hoffe es«, antwortete er nur. »Wir werden sehen.«

31
     
    Der Hauptbahnhof von’s-Hertogenbosch stammte aus dem ausgehenden neunzehnten Jahrhundert und war vor einigen Jahren von Grund auf modernisiert worden. Jetzt erinnerten nur noch einige altgolden bemalte, gusseiserne Pfosten und zierliche Eisenbögen an die über ein Jahrhundert alte Architektur. Der überdachte Haupteingang war hypermodern gestaltet und führte die Reisenden direkt vom davor liegenden Platz aus über Rolltreppen und breite Steintreppen hinauf in einen Korridor, der hoch über den Bahnsteigen und den Gleisen verlief.
    Dieser Korridor war etwa fünfzehn Meter breit und so lang wie ein Fußballfeld, mit gläsernen Seitenfassaden und kleinen Geschäften in der Mitte. Der Boden bestand aus hellen, melierten Hochglanzfliesen und darüber wölbte sich ein halbrundes Dach, dessen stählerne Stützkonstruktion sichtbar war. In regelmäßigen Abständen führten rechts und links Rolltreppen zu den darunter befindlichen Bahnsteigen.
    Es war ein weitläufig angelegter, lauter, zugiger Tunnel. Der Wind vollführte seltsame Kapriolen und trug Flugblätter, Plastiktüten und trockenes Laub mit sich. Es herrschte ein ständiges Kommen und Gehen. Mütter mit Kindern, zahlreiche Studenten. Männer in Anzügen mit Aktentaschen. Einige Penner, die versuchten, ihre Obdachlosenzeitung loszuschlagen. Straßenmusiker mit schweren Koffern, deren Form nichts über ihren Inhalt verriet. Viele Jugendliche mit Rucksäcken, die hoch über ihre Köpfe hinausragten.
    Romans lange Rockschöße flatterten im Wind, als er von der Rolltreppe in den Korridor trat. Sergei lief direkt hinter ihm. Roman wusste, dass er sich auf den Jungen felsenfest verlassen konnte, ebenso wie er Igor und Vitali blind vertraute, die er schräg links vor sich erblickte. Sie waren erst vor Kurzem angeworben worden, hatten sich aber schon mehr als einmal bewährt. Sie standen vor einem Würfel mit weißen Bahnhofsschließfächern in der Mitte des Korridors. Der Mann zwischen ihnen war einen Kopf größer als sie. In den wenigen Sekunden, die Roman brauchte, um zu den
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