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Vermisst: Thriller (German Edition)

Vermisst: Thriller (German Edition)

Titel: Vermisst: Thriller (German Edition)
Autoren: Meg Gardiner
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Leben im Rollstuhl verdammt. Nach einem Jahr in Krankenhäusern und Rehakliniken hatte er akzeptieren müssen, dass seine Beine nie wieder richtig funktionieren würden. Fakt Nummer eins, nannte er das. Manche Dinge kann man nicht ändern. Trotzdem geht das Leben weiter, erklärte er den Neulingen. Wenn man seine Beine nicht benutzen kann, muss man eben andere Wege finden, die Welt zu meistern.
    »Keine Sorge, seine Familie ist bei ihm«, sagte er. »Im Moment werd ich hier gebraucht.«
    »Danke.«
    Der Wind rüttelte am Wagen. Draußen straffte sich die Trosse unter dem Gewicht des Autos. Ich konnte den Anblick kaum ertragen.
     
    Einen Skandal aufzudecken ist so ähnlich wie die Zukunft vorherzusagen. Die Leute wollen die Wahrheit nicht hören. Lieber steinigen sie den Propheten. Also muss man ziemlich hart im Nehmen sein.
    Mein Vater war hart in Nehmen, aber er hatte seit Monaten nur einstecken müssen.
    Phil Delaney, Kapitän zur See, Waffenkonstrukteur, Absolvent des Naval War College, ehemaliger Marinegeheimagent und offizielles Mitglied des Old Boys Network war nach Jahrzehnten im Dienste seines Landes plötzlich zum Außenseiter geworden. Er hatte eine schmutzige Operation der Regierung ans Licht gezerrt, eine, bei der Menschen ums Leben gekommen waren. Menschen, mit denen ich aufgewachsen war. Und dafür musste er bezahlen.
    Die Regierung hatte ihm die Sicherheitsfreigabe entzogen. Seine Consulting-Agentur verlor ihren Kundenstamm. Militär und Geheimdienst, für die er sein Leben lang gearbeitet hatte, mieden ihn. Die grauen Eminenzen wollten an ihm ein Exempel statuieren. Ein ehrgeiziger Staatsanwalt, der ihnen diesen Gefallen nur zu gern tun wollte, versuchte seit Monaten, genügend Material für eine Anklage zu sammeln. Mein Vater war ein Paria in seiner Welt.
    Dabei hatte er es aus Ehrgefühl getan. Aus Pflichtgefühl. Für die Toten. Für mich.
    Ich dachte daran, wie er vor weniger als vierundzwanzig Stunden unter einem strahlend blauen Himmel mit mir den Kindern am Pool von Los Baños del Mar beim Wettschwimmen zugeschaut hatte. An den Masten am Strand knatterten die Fahnen im Wind. Am Pool herrschte ein Höllenlärm. Die Zuschauer brüllten und trampelten mit den Füßen. In der Nähe der Startblöcke stand Jesse im Sonnenlicht und redete mit ernster Miene auf sein Team ein, um die Kinder zu motivieren. Mein Vater beobachtete ihn mit einem wehmütigen Lächeln, dann wandte er sich ab und starrte auf das Meer hinaus. Stimmte es ihn traurig, dass Jesse und ich vielleicht nie eigene Kinder haben würden? Plötzlich klingelte sein Handy, und er schlenderte zum Ausgang.
    Ich fand ihn draußen. Er starrte auf die Fischkutter hinaus, als könnten sie jeden Augenblick das Feuer auf uns eröffnen. Sein weißes Haar leuchtete in der Sonne.
    »Ich muss weg«, sagte er.
    Ich runzelte die Stirn. »Jetzt?«
    »Das ist keine Ausrede. Es ist geschäftlich.«
    Und das sollte ich glauben? »Was ist los?«
    »Ich ruf dich morgen an. Lass dich bis dahin von den Mächten der Finsternis nicht unterkriegen. Moralisch bist du unangreifbar.«
    »Den Typen von der Radio-Talksendung habe ich mit dem Rechen vertrieben. Das macht mehr Eindruck als Moral.«
    In den Monaten, seit mein Vater angefangen hatte zu reden, hatte ich eine Interview-Anfrage nach der anderen abgelehnt. Doch das schien das Interesse der Medien erst recht anzuheizen. Schließlich arbeite ich selbst als freiberufliche Journalistin, wenn ich nicht gerade Gelegenheitsjobs für eine Anwaltskanzlei erledige, Schriftsätze für Revisionen verfasse, meinen neuen Roman Korrektur lese oder andere Dinge tue, die nach Ansicht meines Vaters keine ernsthafte Tätigkeit für Erwachsene darstellen. Zeitungen, das Boulevardfernsehen und linksextreme Blogger hatten mich mit ihren Fragen und ihrer Empörung überschwemmt. Ein Verschwörungstheoretiker hatte mir sogar eine künstliche Befruchtung mit seinem unverfälschten, freiheitlichen, nicht CIA-kontaminierten Sperma angeboten.
    Wenn sich ein Phantom outet, ruft das die Geister auf den Plan.
    Mein Vater legte mir den Arm um die Schultern. »Keine Sorge, deinem alten Vater geht es gut. Ich wusste von Anfang an, auf was ich mich einließ. Jesse und Lavonne haben mir gleich geraten, mir einen neuen Job zu suchen. Wer redet, bekommt in diesem Geschäft kein Bein mehr auf den Boden.«
    Lavonne Marks war Jesses Chefin und die Anwältin meines Vaters. Bisher war es ihm mit ihrer Hilfe gelungen, einer Anklage zu entgehen. Er
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