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Vermisst: Thriller (German Edition)

Vermisst: Thriller (German Edition)

Titel: Vermisst: Thriller (German Edition)
Autoren: Meg Gardiner
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nachfüllen kann.«
     
    Zäh wälzten sich die Autoschlangen an den Warnleuchten und dem Polizeibeamten vorbei, der den Verkehr umleitete. Langsam rückte der Unfallort näher.
    Boyd Davies lümmelte lässig auf dem Fahrersitz des weißen Mercury. Eine Hand hatte er oben auf das Lenkrad gelegt, zwischen seinen Lippen steckte ein Zahnstocher. Er trug Sonnenbrille und Baseballkappe. Das schwarze Haar hatte er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Um den Spitzbart machte er sich keine Sorgen. Niemand würde ihn erkennen.
    Auf dem Beifahrersitz kratzte sich die Frau, die sich selbst Bliss nannte, pausenlos am Arm. Sie war spindeldürr und hatte kurzes schmutzigblondes Haar. Boyd erinnerte sie an ein Tier, das draußen im hohen Gras jagt, vertrocknet und erbarmungslos wie eine Eidechse. Mit ihren Nägeln riss sie sich verschorfte Wunden auf. Die Sucht, dachte Boyd. Sie war letzte Nacht high gewesen und jetzt heftig auf Entzug. Bildete sich ein, unter ihrer Haut würden Käfer rumkrabbeln. Meth, keine Frage. Das kam alles in seinen Bericht.
    »Da ist es«, sagte sie.
    Sie hatten den Wagen entdeckt und geborgen. Jetzt wartete das Wrack auf der Ladefläche des Abschleppwagens. Überall wimmelte es von Uniformierten: Feuerwehr, Verkehrspolizei und Sheriff’s Department. Eine Frau oben auf der Ladefläche ging soeben in die Hocke, um mit den Männern unten zu reden. Neben dem Wagen standen ein Deputy, ein Beamter in Zivil und ein Mann auf Krücken, der aussah, als hätte er sich am Knie verletzt. Die Frau gestikulierte, um den Deputy auf einen Kaffeebecher aufmerksam zu machen.
    »Wer ist das?«, fragte Bliss.
    Er warf ihr einen flüchtigen Blick zu und musterte die Szene dann genauer. Ein Pick-up und ein Mustang, der den Bremsspuren nach eine Vollbremsung hingelegt hatte.
    »Eine Ermittlerin«, meinte er. »Oder eine Angehörige.«
    »Sie suchen nach ihm«, murmelte sie.
    Sollten sie ruhig. Als sie den Abschleppwagen passierten, konzentrierte er sich auf das Gesicht der Frau. Sie wirkte ziemlich aufgewühlt. Also eine Angehörige. Interessant.
    »Ich glaub, wir haben eine Spur«, sagte er.
    Die Frau drehte sich zum Rücksitz um. Christian war eingeschlafen. Die Sonnenbrille hing schief, und das Haar fiel ihm ins Gesicht.
    »Lass ihn«, sagte Boyd. »Wir müssen telefonieren. Das müssen wir melden.«

3. Kapitel
     
     
     
     
    Ich war dreiunddreißig, als ich herausfand, dass mein Vater ein Phantom war. Der Zeitpunkt war höchst ungünstig.
    Ursprünglich hatte Philip Delaney Oklahoma verlassen, um zur See zu fahren. Stattdessen landete er als Experte der Marine für Raketenlenksysteme und Sprengstofftechnologie in der Wüste, am Naval Air Warfare Center von China Lake, Kalifornien. Dort wuchs ich auf: in einer Welt von Piloten und Forschern, die unter der warmen Sonne daran arbeiteten, die Maschinerie des Todes zu vervollkommnen. Ich hatte eine glückliche Kindheit.
    Es war der Beruf meines Vaters, mich, meinen Bruder, meine Mutter und unser Land zu beschützen, unsere Feinde zu bekämpfen und dafür zu sorgen, dass unsere Militärpiloten am Himmel über uns wachen konnten. Für mich war er ein Krieger und ein Held.
    Die Realität sah vollkommen anders aus. Mein Vater hatte eine Fassade geschaffen, hinter der er ein verborgenes Leben führte. Er arbeitete für Naval Intelligence, den Nachrichtendienst der Marine. Die Geheimnistuerei war ihm so zur zweiten Natur geworden, dass noch nicht einmal meine Mutter die Wahrheit erfuhr. Vielleicht war ihre Ehe am Ende genau daran zerbrochen.
    Ich erfuhr schließlich nur deshalb die Wahrheit, weil ein geheimes Projekt in China Lake in einer Katastrophe endete und meine Schulkameraden von der Highschool das Leben kostete. Meine Mutter wäre fast daran gestorben, ich musste einen Menschen töten und erlitt eine Fehlgeburt. Angesichts dieser Schneise der Zerstörung ertrug mein Vater die Lügen nicht mehr. Er ging mit der Wahrheit an die Öffentlichkeit.
    In den Monaten des Schocks und der Trauer, die folgten, war ich mehr und mehr zu dem Schluss gelangt, dass ich wissen musste, wie die Vergangenheit meines Vaters wirklich aussah. Er hatte versprochen, mit mir zu reden.
    »Aufklärung in feindlichem Territorium.«
    So hatte er es einmal bei einem Spaziergang auf dem Pier von Stearns Wharf genannt. Dabei hatte er sich seinen Hut in den Nacken geschoben und auf das in der Sonne glitzernde Wasser hinausgestarrt. Um den Feind vernichten zu können, mussten die Waffenentwickler wissen,
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