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Vermisst: Thriller (German Edition)

Vermisst: Thriller (German Edition)

Titel: Vermisst: Thriller (German Edition)
Autoren: Meg Gardiner
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streifte mich mit einem Seitenblick.
    »Für Selbstmitleid hab ich nichts übrig. Und von dir will ich erst recht kein Mitleid, Kit. Ist das klar?«
    »Absolut.«
    Wenn Männer leiden, ist Mitgefühl für beide Seiten nur schädlich. Zumindest meiner Erfahrung nach. Ich halte mehr davon, sie zu unterstützen. Und ihnen gelegentlich einen ordentlichen Tritt in den Hintern zu verpassen.
    Genau den bekam er jetzt von mir, weil ich mich über seinen plötzlichen Aufbruch ärgerte. »Übrigens, falls du Jax Rivera triffst, richte ihr aus, sie soll mich gefälligst nicht unter Druck setzen. Du und ich, wir haben das geregelt. Du erzählst von eurer Arbeit, und ich höre zu.«
    Für einen Augenblick schien er tatsächlich mit dem Gedanken zu spielen, sich mir zu offenbaren.
    »Ich liebe dich, Kit. Eine Tochter wie dich habe ich nicht verdient. Vergiss das nicht.« Er küsste mich auf die Stirn. »Ich weiß noch nicht, wann wir uns wiedersehen.«
    Sein Ton war beiläufig, aber er gefiel mir nicht. »Dad?«
    Er strich mir über die Wange. »Du darfst nicht alles glauben, was du hörst. Denk daran, wenn sich alles gegen dich wendet.«
     
    »Ich hätte wissen müssen, dass da was nicht stimmt. Warum habe ich ihn bloß fahren lassen? Zumindest hätte ich mitgehen müssen.«
    »So was darfst du noch nicht mal denken«, erwiderte Jesse. »Hör auf mit den Selbstvorwürfen.«
    Ich drückte mir zwei Finger gegen die Nasenwurzel, um nicht zu weinen. Das konnte ich immer noch tun, wenn mein Vater lässig aus dem Rettungshubschrauber stieg, vor dem Piloten salutierte und ihm für den Flug dankte. Jesse schlang die Hände um meinen Nacken, und ich wechselte das Thema.
    »Der Besuch war ein voller Erfolg. Er gewöhnt sich allmählich an dich.«
    Sein Blick wanderte über mein Gesicht. »Schon, aber er vertraut mir immer noch nicht.«
    »Wenn er dich erst so gut kennt wie ich, kommt das von selbst.«
    Inzwischen hatte der Abschleppwagen das Auto auf die Straße gehievt. Wir stiegen aus.
    Der Wagen war furchtbar zugerichtet. Die Motorhaube glich einer Ziehharmonika, und die Fahrertür schwang wie ein gebrochener Flügel im Wind. Vorsichtig wuchtete die Abschleppcrew das Wrack auf die Ladefläche und fing an, es zu sichern.
    Gilbert gesellte sich zu uns. »Den Unfallhergang wird die Verkehrspolizei rekonstruieren. Die Beamten werden mit Ihnen reden wollen, aber es ist nicht nötig, dass Sie hier warten.«
    Ich nickte geistesabwesend, während ich daran dachte, wie mein Vater seine Sachen ins Auto geladen und mich zum Abschied umarmt hatte.
    Das Fahrwerk knirschte, als es festgezurrt wurde. Ich stellte mich neben dem Abschleppwagen auf die Zehenspitzen, um einen Blick auf den Wagen zu werfen. Von meinem Standort aus war nur der Fahrersitz zu sehen. Ich kletterte auf die Ladefläche und öffnete die hintere Tür.
    »Seine Laptoptasche ist weg«, sagte ich überrascht.
    »Was tun Sie da?«, fragte der Fahrer des Abschleppwagens.
    »Ich hab noch gesehen, wie er die Laptoptasche auf den Boden hinter dem Fahrersitz gelegt hat«, erklärte ich Jesse.
    Gilbert erschien. »Ms. Delaney, was soll das?«
    Aber ich beugte mich schon über den Kofferraum. Als sich die Klappe öffnete, verließ mich der Mut. Sein kleiner Reisekoffer war da.
    Gilbert presste die Lippen zusammen. »Der Computer wurde vermutlich beim Aufprall herausgeschleudert.«
    »Er lag flach auf dem Boden hinter dem Sitz. Das Auto hat sich nicht überschlagen. Durch den Aufprall wäre die Tasche einfach noch weiter unter den Sitz geschoben worden. Aber sie ist weg.«
    Die Leute vom Abschleppteam warfen mir böse Blicke zu, aber das war mir egal. Ich quetschte mich seitlich am Auto vorbei und stieg hinten ein. Der Gedanke, dass mein Vater beim Absturz im Wagen gewesen sein mochte, schnürte mir die Luft ab. Aber das war nicht alles. Irgendwas stimmte da nicht. Eine Gänsehaut überlief mich, als sei hier eine unsichtbare, bösartige Kraft am Werk gewesen.
    Die eingedrückte Windschutzscheibe hing schief in ihrem Rahmen. An der zerquetschten Lenksäule baumelten die Schlüssel. Es roch nach Erde, Benzin und Kaffee. Und der Kaffeebecher klemmte noch in der Halterung.
    Der Kaffeebecher. Ich griff danach und kletterte aus dem Auto.
    Jesse stand an der Ladefläche. »Was ist?«
    »Er hat sich nicht umgebracht. Niemand holt sich frischen
    Kaffee, wenn er Selbstmord begehen will.« Ich hielt den Becher in die Höhe. »Und schon gar nicht den extragroßen, den man beliebig oft kostenlos
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