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Vermiss mein nicht

Vermiss mein nicht

Titel: Vermiss mein nicht
Autoren: Cecelia Ahern
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Mund. »Ich fand das ziemlich merkwürdig. Warum sollten sie uns sagen, dass sie umziehen?«
    »Eigentlich«, begann Gregory und räusperte sich umständlich, »eigentlich haben sie auch nicht deswegen angerufen. Das war eine Notlüge, die dein Vater sich ausgedacht hat.«
    »Was? Warum??« Schlagartig war mir der Hunger vergangen, und ich legte den Toast weg.
    »In Wirklichkeit wollten sie deiner Mutter sagen, dass sie einen Teddybär gefunden haben, der dir gehört. Einen gewissen Mr. Pobbs. Er lag im Gästezimmer unterm Bett.«
    Mir blieb die Luft weg. »Alles kommt wieder zum Vorschein!«, stieß ich hervor.
    »Die Leute haben sich gewundert, weil sie das Zimmer schon seit Jahren als Rumpelkammer benutzen und ihnen der Teddy nie in die Finger gekommen ist. Erst jetzt, beim Renovieren.«
    »Warum hat mir das niemand gesagt?«
    »Deine Eltern wollten nicht, dass du dich aufregst, wo du schon ständig über diesen verschwundenen Ort redest und …«
    »Es ist kein verschwundener Ort, sondern ein Ort, wo Leute und Dinge hinkommen, die verschwunden sind«, verbesserte ich ihn, ärgerlich, wie dumm sich das schon wieder anhörte.
    »Okay, okay, beruhige dich«, lenkte er ein, fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und stützte die Ellbogen auf die Knie.
    »Was ist los?«
    »Nichts.«
    »Gregory, ich weiß, wenn etwas mit dir los ist, das kannst du mir gern glauben. Also erzähl es mir.«
    »Na ja«, begann er und schlang nervös die Finger ineinander. »Nach dem Anruf hab ich ein bisschen weiter nachgedacht, über deine … über deine Theorie.«
    Frustriert verdrehte ich die Augen. »Was für eine Störung hab ich deiner Meinung nach jetzt?«
    »Lass mich ausreden«, fuhr er mich an. Wir schwiegen beide einen Moment und schluckten unseren Ärger hinunter. Nach einer Weile sagte er: »Als ich die Tasche ausgepackt habe, die du im Krankenhaus mithattest, hab ich das hier in deiner Hemdentasche gefunden.«
    Ich wagte nicht zu atmen, als er es herauszog.
    Das Foto von mir und Jenny-May. Umrahmt von hohen Bäumen.
    Ich nahm es entgegen, als wäre es der kostbarste Schatz der Welt.
    »Glaubst du mir jetzt?«, flüsterte ich und fuhr mit dem Finger behutsam über Jenny-Mays Gesicht.
    »Du weißt, wie mein Gehirn funktioniert, Sandy«, erwiderte er achselzuckend. »Für mich ist so etwas Unsinn.« Ich funkelte ihn wütend an. »Aber«, fuhr er mit fester Stimme fort, ehe ich die Chance hatte, ihn anzufauchen, »aber das hier ist wirklich schwer zu erklären.«
    »Na gut, das reicht mir für den Moment«, antwortete ich und drückte das Foto an mich.
    »Ich bin sicher, dass Mrs. Butler sich freuen würde, wenn sie das sieht«, meinte er.
    »Wirklich?« Ich war unsicher. »Wie soll ich es ihr erklären?«
    »Ich glaube, sie ist die Einzige, der du es zeigen kannst«, antwortete er nachdenklich. »Und die Einzige, der du es zeigen
solltest

    »Aber wie kann ich es ihr erklären?«
    Er sah mich an, drehte die Handflächen nach oben und hob die Schultern. »Tja, das musst du dir selbst überlegen.«

Fünfundfünfzig
    Manchmal verschwinden Menschen direkt vor unseren Augen. Manchmal entdeckt dich jemand, obwohl er dich schon die ganze Zeit angeschaut hat. Manchmal, wenn wir nicht aufpassen, verlieren wir uns selbst.
    Ein paar Tage später, als ich mich fit genug fühlte, um auf meinen Krücken ein bisschen an die frische Luft zu gehen, hinkte ich mit dem Foto von Jenny-May in der Tasche über die Straße zu Mrs. Butler.
    Vor der Tür holte ich tief Luft. Dann klopfte ich. Wieder fühlte ich die Verantwortung und wusste, dass ich auf diesen Augenblick mein ganzes Leben lang gewartet hatte.
    Wir gehen alle von Zeit zu Zeit verloren, manchmal, weil wir es selbst wollen, manchmal, ohne dass wir die Kontrolle darüber haben. Wenn wir dann gelernt haben, was unsere Seele lernen musste, zeigt sich der Weg ganz von allein. Manchmal sehen wir den Weg, und wir gehen zu weit oder nicht weit genug, aus Angst, Wut oder Trauer. Manchmal wollen wir verschwinden und umherirren, manchmal nicht. Manchmal finden wir den Weg ganz allein. Aber was auch geschieht, wir werden immer gefunden.

Danke an
das Fischer-Krüger-Team für eure Leidenschaft und
euren Einsatz, Marianne Gunn O’Conner, dass du mich
immer wieder inspirierst und motivierst, an Pat Lynch und
Vicki Satlow für eure unglaubliche Unterstützung, an David,
Mimmie, Dad, Georgina, Nicki und die ganze Familie –
die Kellys, Aherns und Keoghans, und natürlich an Paula
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