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Vermiss mein nicht

Vermiss mein nicht

Titel: Vermiss mein nicht
Autoren: Cecelia Ahern
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mit der Taschenlampe in die Richtung, aus der die Geräusche gekommen waren. Ein Stück weiter auf der linken Seite war jetzt ein Stöhnen zu hören, und sofort rannte der ganze Suchtrupp darauf zu. Das Licht von Jacks Taschenlampe erreichte Sandy zuerst. Sie lag auf dem Rücken, das eine Bein in einem äußerst ungesunden Winkel vom Körper abgespreizt, Hand und Kleidung blutbeschmiert.
    »O mein Gott!«, rief Jack entsetzt, eilte zu ihr und kniete sich neben sie.
    »Okay, geht zurück, lasst ihr ein bisschen Raum!«, rief Graham und alarmierte per Funk einen Krankenwagen.
    »Ich möchte sie nicht bewegen, sie blutet stark am Kopf, und es sieht aus, als hätte sie sich auch das Bein gebrochen«, sagte Jack. »O Gott, Sandy, sagen Sie doch was, bitte!«
    Ihre Augenlider öffneten sich. »Wer sind Sie?«
    »Ich bin Jack Ruttle«, antwortete er erleichtert.
    »Ja, rede weiter mit ihr, Jack«, drängte Graham.
    »Jack«, wiederholte Sandy, und ihre Augen wurden groß vor Staunen. »Sind Sie etwa auch verschwunden?«
    »Was? Nein, nein, ich bin nicht verschwunden«, antwortete er hastig und sah Graham besorgt an. Aber Graham signalisierte ihm weiterzureden.
    »Wo bin ich denn?«, fragte Sandy und sah verwirrt um sich. Als sie den Kopf drehte, entfuhr ihr unwillkürlich ein Schmerzensschrei.
    »Bewegen Sie sich nicht, der Notarzt ist schon unterwegs. Sie sind in Glin, in Limerick.«
    »Glin?«, wiederholte sie ungläubig.
    »Ja, hier wollten wir uns letzte Woche treffen, erinnern Sie sich?«
    »Bin ich wieder zu Hause? In Irland?« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Donal«, sagte sie plötzlich, »Donal war nicht da.«
    »Donal war nicht wo?«
    »Ich war weg, in einem ganz sonderbaren Land, Jack. O mein Gott, da waren alle verschwundenen Menschen. Helena, Bobby, Joseph, Jenny-May … O mein Gott, jetzt verpasse ich Helenas Theaterstück!« Inzwischen liefen ihr die Tränen in Strömen über die schmutzigen Wangen. »Ich muss aufstehen«, schluchzte sie. »Ich muss zur Kostümprobe.«
    »Sie müssen nirgendwohin, Sandy, wir warten auf den Notarzt, bewegen Sie sich bitte nicht.« Wieder sah Jack zu Graham. »Sie phantasiert. Wo zum Teufel bleibt denn der Notarzt?«
    »Er ist unterwegs«, antwortete Graham, nachdem er Rücksprache gehalten hatte.
    »Wer hat Ihnen das angetan, Sandy? Sagen Sie es mir, wir finden die Verantwortlichen, das verspreche ich.«
    »Niemand«, wehrte sie verwirrt ab. »Ich bin gestürzt. Ich hab doch gesagt, ich war in diesem komischen Land … Wo ist das Foto? O Jack, ich muss Ihnen etwas sagen. Wegen Donal.«
    »Ja?«
    »Er war nicht da. Er war nicht … nicht dort, wo all die anderen waren. Er ist nicht verschwunden.«
    »Ich weiß«, erwiderte Jack traurig. »Wir haben ihn heute Morgen gefunden.«
    »Das tut mir so leid.«
    »Woher wussten Sie es?«
    »Er war nicht da, er war nicht bei den anderen verschwundenen Leuten«, murmelte sie, und ihre Augen schlossen sich wieder.
    »Bleiben Sie bei uns, Sandy«, rief Jack eindringlich.
     
    * * *
     
    Als ich die Augen öffnete, blendete mich helles, weißes Licht, und meine Lider waren furchtbar schwer. Ich blickte mich um, aber es tat weh, die Augen zu bewegen. Mein Kopf dröhnte. Ich stöhnte.
    »Mein Schatz!« Auf einmal erschien das Gesicht meiner Mutter über mir.
    Sofort begann ich zu weinen, und sie nahm mich in den Arm. »Mum«, schluchzte ich.
    »Schon gut, Schätzchen, jetzt ist alles in Ordnung«, beruhigte sie mich und strich mir sanft über die Haare.
    »Ich hab dich so vermisst«, wimmerte ich an ihrer Schulter, ohne auf die Schmerzen überall in meinem Körper zu achten.
    Anscheinend hatte sie nicht mit diesem Geständnis gerechnet, denn sie erstarrte einen Moment. Dann streichelte sie mich langsam weiter. Ich spürte, wie mein Dad mich auf den Kopf küsste.
    »Ich hab dich vermisst, Dad«, schluchzte ich.
    »Wir haben dich auch vermisst, Liebes«, antwortete er mit zitternder Stimme.
    »Ich hab es gefunden«, platzte ich dann aufgeregt heraus, obwohl meine Stimme in meinen Ohren seltsam gedämpft klang und auch die anderen Geräusche wie von fern kamen und ich meine Umgebung nur verschwommen wahrnahm. »Ich hab das Land gefunden, wo all die verlorenen Dinge landen.«
    »Ja, Schätzchen, Jack hat es uns schon erzählt«, sagte meine Mutter besorgt.
    »Nein, Mum, ich bin nicht verrückt, ich hab mir das nicht eingebildet. Ich war wirklich dort.«
    »Ja«, lenkte sie beschwichtigend ein. »Aber jetzt musst du dich erst mal ein
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