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Vermiss mein nicht

Vermiss mein nicht

Titel: Vermiss mein nicht
Autoren: Cecelia Ahern
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gute wie schlechte. Und dann fielen wir uns in die Arme, weinten und hielten uns fest, traten zurück, um uns besser anschauen zu können, wischten uns gegenseitig die Tränen ab, umarmten uns von neuem und wollten uns nie wieder loslassen.

Einundfünfzig
    »Jack«, sagte Garda Turner überrascht. »Was machst du denn hier? Ich hab dir doch gesagt, dass es ein paar Tage dauern wird, bis wir die Ergebnisse von der Gerichtsmedizin bekommen. Ich verspreche dir, dass wir dich sofort informieren.«
    Als sie Donals Leiche gefunden hatten, hatte die Zeit ihr bereits unbarmherzig zugesetzt. Noch musste er offiziell identifiziert werden, aber im Herzen wussten Jack und seine Familie genau, dass er es war. An der Stelle, wo man ihn begraben hatte, fand man frische Blumen, denn Alan war jede Woche hier gewesen, das ganze Jahr über. Am Vorabend hatte er bei der Polizei ein umfassendes Geständnis abgelegt, sich jedoch geweigert, die Namen der Verantwortlichen preiszugeben. Nun stand ihm ein Prozess bevor. Jack war froh, dass seine eigene Mutter nicht mehr miterleben musste, wie der Mann, den sie mit großgezogen hatte, einen Teil der Schuld am Tod ihres Jüngsten auf sich nehmen musste.
    Nachdem Jack seine Familie über die Ereignisse der Nacht informiert hatte, war er in den frühen Morgenstunden nach Foynes zurückgekehrt. Die Stadt feierte ihr Festival noch mit der gleichen Begeisterung wie am Eröffnungsabend. Doch Jack ignorierte Musik und Tanz und begab sich stattdessen so schnell wie möglich zu Gloria, die noch im Bett lag und schlief. Er setzte sich neben sie und betrachtete sie. Die langen dunklen Wimpern, die rosigen Wangen. Ihr Mund war leicht geöffnet, und ihre Brust hob und senkte sich sanft im Rhythmus ihres Atems. Ihr Anblick war so hypnotisch, dass er etwas tat, was er seit einem Jahr nicht mehr getan hatte: Er streckte die Hand aus, legte sie auf Glorias Schulter und weckte sie sanft, denn plötzlich hatte er das Bedürfnis, sie an seiner Welt teilhaben zu lassen. Als sie ausführlich über das letzte Jahr und über alles, was er in der letzten Woche erfahren hatte, geredet hatten, war er todmüde und schlief neben ihr ein.
    »Ich bin nicht wegen Donal hier«, erklärte Jack, als er dann am Sonntagabend im Polizeirevier aufkreuzte. »Wir müssen Sandy Shortt finden.«
    »Ach Jack, fang doch nicht schon wieder damit an«, entgegnete Graham und rieb sich müde die Augen. Auf seinem Schreibtisch häufte sich der Papierkram genauso wie auf denen um ihn herum, die Telefone klingelten unermüdlich. »Ich dachte, damit sind wir durch.«
    »Noch nicht in allen Einzelheiten. Hör mir bitte einen Moment zu. Vielleicht hat sie Kontakt mit Alan aufgenommen und er ist panisch geworden. Vielleicht wollten sie sich treffen, und er wurde nervös, weil sie der Wahrheit auf der Spur war, und dann hat er eine Dummheit gemacht. Ich weiß nicht, was für eine Dummheit, ich will damit auch nicht andeuten, dass er sie ermordet hat. Dazu wäre Alan nie fähig.« Er hielt einen Moment inne, und auf einmal weiteten sich seine Pupillen. »Oder vielleicht doch? Vielleicht war er so verzweifelt, dass er …«
    »Nein, das ist ausgeschlossen«, fiel Graham ihm ins Wort. »Ich bin das ausführlich mit ihm durchgegangen. Er weiß nichts über Sandy, er kannte nicht mal ihren Namen und hatte keine Ahnung, wovon ich rede. Er wusste nur das, was du ihm erzählt hast, nämlich dass irgendeine Unbekannte dir hilft, Donal zu suchen. Weiter nichts.« Er sah Jack in die Augen und fügte sanfter hinzu: »Bitte, Jack, vergiss den Gedanken endlich.«
    »Vergessen? Wie mir alle gesagt haben, ich soll Donal vergessen?«
    Unbehaglich rutschte Graham auf seinem Stuhl herum.
    »Alan war Donals bester Freund«, fuhr Jack unbeirrt fort, »und er hat ein ganzes Jahr lang abgestritten, was mit ihm passiert ist. Jetzt hat er jede Menge Ärger am Hals, glaubst du etwa, er ist bereit, uns zu erzählen, was er mit einer Frau gemacht hat, die ihn nicht im Geringsten interessiert? Hatte ich beim ersten Mal etwa nicht recht, was Alan angeht?« Jack war ziemlich laut geworden, und Graham musste ihn bitten, etwas leiser zu reden.
    Graham schwieg lange und knabberte an seinen Nägeln, die sowieso schon fast nicht mehr existierten. Dann fasste er einen Entschluss. »Okay, okay«, sagte er, schloss kurz die müden Augen und konzentrierte sich. »Wir werden als Erstes nochmal die Stelle absuchen, an der sie ihr Auto gelassen hat.«

Zweiundfünfzig
    Viele Stunden, Tage
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