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Vermählung um Mitternacht

Vermählung um Mitternacht

Titel: Vermählung um Mitternacht
Autoren: Hawkins
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wollen anderen helfen, haben aber nicht genug Geld, um wirklich etwas zu bewirken, und ich will mir selbst helfen, habe dabei aber auch nicht mehr Erfolg.«
    Sie zuckte mit den Schultern, um ihre Betroffenheit zu verbergen. »Ich tue, was ich kann.« Sie sah auf ihren Becher und fragte sich, was eigentlich mit dem Punsch passiert war. Es war kaum noch ein Schluck übrig. Widerstrebend wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Viscount zu. »Waren Sie schon beim Anwalt?«
    »Bei Dutzenden, diesen Blutsaugern.« Mit einem bitteren Lächeln erhob er sich und schenkte ihnen beiden nach. »Es ist vorbei. Ich habe gespielt und verloren.«
    Als er ihr den Becher reichte, berührten sich ihre Hände. Julias Herz tat einen solchen Sprung, dass sie zur Beruhigung einen großen Schluck Punsch nehmen musste. Solcherart gestärkt, war sie plötzlich überzeugt, dass sie alle Probleme lösen könnte. Kein Wunder, dass ihr Vater so auf die Heilkraft des Rums geschworen hatte.
    »Es muss doch einen Ausweg geben«, verkündete sie lauthals. Das amüsierte ihn dann doch. »Glauben denn alle Amerikaner, dass sie Wunder wirken können, Miss Frant?«
    »Meine Eltern haben mich dazu erzogen, auf Ehrlichkeit und harte Arbeit zu setzen, Lord Hunterston.«
    »Sie sind wirklich ganz anders als Therese, nicht wahr?« Bedauernd blickte Julia auf ihre etwas groß geratenen Füße. Sie beneidete ihre schöne Cousine nicht um viel - doch leider um die fragwürdige Aufmerksamkeit des berüchtigsten Wüstlings von ganz London. Aber er hatte immer etwas an sich gehabt, ein gewisses Strahlen in seinem verwegenen Lächeln, eine gewisse Sehnsucht in seinem Blick, das in ihr den Wunsch geweckt hatte, ihn besser kennen zu lernen.
    Er seufzte ungeduldig. »Wir sollten nach London zurückkehren.«
    Bei seinen Worten überkam sie Panik. Sobald sie die verzauberte Welt dieses Gastzimmers verließen, würde der Alltag wieder über sie hereinbrechen. Er wäre wieder der unnahbare, leicht gefährliche »Teufel« Hunterston, während sie als bescheidene Anstandsdame in die Bedeutungslosigkeit versinken würde.
    Hastig setzte sie ihren Becher ab. »Ich brauche noch mehr Punsch.«
    Der Viscount zog die Brauen hoch, stimmte jedoch zu. »Vielleicht werde ich mir solchen Luxus bald nicht mehr leisten können.« Er trat an den Tisch, zog eine Bank heraus und verbeugte sich elegant. »Würden Sie mir Gesellschaft leisten, Miss Frant?«
    Sie stand auf und stellte fest, dass sich der Raum irgendwie zu drehen schien, was die Fortbewegung etwas schwierig gestaltete. Zum Glück bewältigte sie die Strecke, ohne über irgendein schwankendes Möbelstück zu stolpern. Sie setzte sich neben ihn und hielt ihm den Becher hin.
    Er schenkte beiden nach. »Wir müssen Punsch nachbestellen.« Er schob ihr den Becher hin und griff nach der leeren Schale.
    Ein Rascheln ließ ihn innehalten. Stirnrunzelnd holte er ein zerknittertes Stück Papier aus der Tasche und warf es auf den Tisch. »Das hier brauche ich jetzt nicht mehr.«
    Julia steckte die Nase in den Becher und atmete das süße Aroma ein. Glühende Wärme hüllte sie ein, und der kleine Salon kam ihr auf einmal viel gemütlicher und intimer vor. Ohne jede Scham starrte sie den Viscount von der Seite an, seine langen Wimpern, den stolz geschwungenen Mund.
    Er schaute auf und begegnete ihrem Blick. Ihr stockte der Atem. Rasch rückte sie ihre Brille zurecht und griff blind nach dem Papier. »Ein Ehedispens«, sagte sie benommen.
    Alec nickte und stierte wieder in seinen Becher.
    Der Dispens war völlig zerknittert. Unten stand schwungvoll sein voller Name: Alec Charles MacLean, Viscount Hunterston.
    Julia nahm noch einen Schluck Punsch. »Sie haben Thereses Namen gar nicht vollständig eingetragen.«
    »Ich hatte nicht die Zeit, mich nach all ihren Vornamen zu erkundigen, deswegen habe ich nur ,Miss Frant« geschrieben. Aber das hat auch gereicht. Der Erzbischof hatte keine Einwände.« Julia wartete, dass er weitersprach, doch seine Aufmerksamkeit galt schon wieder seinen eigenen düsteren Gedanken. Sie seufzte und zog ihren Becher über das verknitterte Papier. Vielleicht ließ es sich mit dem warmen Zinnboden glatt bügeln.
    Ihr Vater war nie müde geworden, sie darauf hinzuweisen, wie wichtig Ordnung und Sauberkeit waren. Sie lächelte sehnsüchtig. Obwohl er schon seit über fünf Jahren tot war, dachte sie täglich an ihn. Vor allem vermisste sie seine Gabe, sofort zum Kern auch des schwierigsten Problems vorzudringen und
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