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Vermählung um Mitternacht

Vermählung um Mitternacht

Titel: Vermählung um Mitternacht
Autoren: Hawkins
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Kleidung verwandte, musste sie einräumen, dass er attraktiv war. Attraktiv und gefährlich. »Ich sollte heimfahren«, sagte sie, plötzlich atemlos.
    Der Viscount ergriff seinen Becher. »Setzen Sie sich doch bitte, Miss Frant. Sobald ich weiß, wie ich mit diesem Durcheinander fertig werden soll, machen wir uns auf die Rückreise.«
    Sie dachte daran, den Wirt zu fragen, ob sie bei ihm ein Fahrzeug mieten könne, zögerte jedoch. Sie spürte, dass der Viscount hinter seiner verwegenen Fassade ziemlich verzweifelt zu sein schien. Ob er sich dessen bewusst war oder nicht: Er brauchte sie. Außerdem, sagte sie sich entschieden, hat es keinen Sinn, eine Szene zu machen. Mit ihren siebenundzwanzig Jahren war sie viel zu alt, um sich Sorgen zu machen, weil sie ein halbes Stündchen allein mit einem stadtbekannten Wüstling zubrachte. Julia setzte sich auf die Kante des Stuhls, der dem Feuer am nächsten stand.
    Die Uhr auf dem Kaminsims schlug die Viertelstunde, woraufhin der Viscount den Zeitmesser wie gebannt anstarrte. »Verdammt, verdammt, verdammt.« Finsteren Blickes stürzte er seinen Punsch hinunter.
    Missbilligend zog sie die Brauen hoch. »Was Sie auch bedrückt, es hilft Ihnen nicht weiter, wenn Sie Zuflucht bei diesem tödlichen Gebräu suchen.«
    »Mir kann gar nichts mehr helfen«, sagte er. »Das habe ich Ihrer Cousine zu verdanken, diesem Biest.«
    Julia musste niesen, worauf er lachte und ihr einen Becher Punsch eingoss. Bei dem Duft nach Muskat und Zimt lief ihr das Wasser im Mund zusammen, doch sie schüttelte den Kopf. Amüsiert verzog er die Lippen. »So prüde, Miss Frant?«
    »Nein. Ich vertrage nicht viel Alkohol. Das liegt bei uns in der Familie.«
    »Ein ganz hervorragender Grund, mehr zu trinken.«
    Ohne ihr Gelegenheit zum Protest zu geben, drückte er ihr den Becher in die Hand. Automatisch schlossen sich ihre Finger um das warme Zinn, und sie hielt die Nase in die aufsteigenden Dämpfe. Sie würde den Becher einfach in der Hand halten, bis er abgekühlt war, und dann auf den Tisch stellen. Daran gab es doch gewiss nichts auszusetzen.
    Der Viscount ließ sich im Sessel gegenüber nieder und streckte die Beine zum müde flackernden Feuer aus. Von ihm strahlte eine Düsterkeit aus, wie Julia sie an ihm noch nie erlebt hatte. Und sie hatte oft Gelegenheit gehabt, den verwegenen Viscount zu beobachten. Öfter, als er je erfahren würde.
    »Wenn ich nicht weiß, was los ist, kann ich Ihnen auch nicht helfen«, verkündete sie entschieden.
    Er starrte auf seinen Zinnbecher, als suchte er dort nach einer Antwort. »Da gibt es nicht viel zu erzählen.«
    Angesichts seiner Hoffnungslosigkeit tat ihr das Herz weh. »Vielleicht könnte ich Ihnen helfen. Vier Augen sehen mehr als zwei.«
    Nachdenklich betrachtete er sie. »Warum nicht? Jetzt habe ich ja alle Zeit der Welt.« Er lehnte den Kopf zurück und seufzte. »Mein Großvater war entschlossen, mich zur Umkehr zu bewegen.«
    Anscheinend ist sein Großvater ein Mann von Verstand gewesen, dachte Julia beifällig.
    Die Augen des Viscount blitzten. »Vielleicht wissen Sie es ja nicht, aber manch einer hält mich für verkommen.«
    »Unter anderem.« Als sie seine erstaunte Miene sah, fügte sie hastig hinzu: »Aber wahrscheinlich stimmt das alles nicht.«
    Der Viscount lachte leise. »Leider ist es wohl nur allzu wahr.« Ernst fuhr er fort: »Wir alle, Kinder wie Enkel, waren für meinen Großvater eine Enttäuschung.«
    »Bestimmt urteilen Sie da zu streng.«
    »Glauben Sie? Großvater warf meinen Onkel ohne einen Penny hinaus, weil der eine Frau geheiratet hatte, die ... nun ja, sagen wir, ungewöhnliche Gelüste hatte.«
    »Oh«, erwiderte Julia und fragte sich, was er damit wohl meinte. Sie fing einen glitzernden Blick auf und erkundigte sich hastig: »Und Ihre Mutter?«
    »Meine Mutter verliebte sich unsterblich in einen völlig verarmten Schotten, der nichts hatte als die Aussicht auf einen eher zweifelhaften Titel. Sie brannte mit ihm durch.«
    »Sie muss sehr in ihn verliebt gewesen sein.«
    Er machte ein finsteres Gesicht. »Sie war siebzehn und völlig zügellos. Als sie verschwand, war Großvater am Boden zerstört. Er suchte überall nach ihr, und als er sie schließlich fand, hauste sie in einer schier unbeschreiblichen Armut.« Er guckte in die Flammen. »Meine Eltern sind kurz darauf gestorben.«
    »Also sind Sie bei Ihrem Großvater aufgewachsen.«
    »Ja. Er ist vor einem halben Jahr gestorben und hat mir sein Vermögen hinterlassen.
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