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Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Titel: Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm
Autoren: Michael Rothballer
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gewisses Bedauern, da er es im Grunde seines Herzens als sein Eigentum betrachtete. Freilich bestand kaum ein Zweifel, dass die eigenartige Klinge bei Arton wesentlich besser aufgehoben war als bei ihm, schon allein weil dieser auch damit umzugehen verstand. Aber schließlich stellte das edle Schmiedewerk nicht nur den einzigen Beweis für sein Meisterstück, den Einbruch in den Königspalast von Tilet, dar, sondern es lag auch eine unbestimmbare Macht in dem dunklen Stahl verborgen, deren Vorhandensein und Ausmaß Rai stets nur erahnen konnte, wenn er die Waffe in Händen hielt. Wie ein Stern am Nachthimmel, der verschwindet, wenn man ihn direkt betrachten will, so hatte sich ihm das Geheimnis des schwarzen Schwerts immer entzogen, sobald er geglaubt hatte, es begreifen zu können. Jetzt würde er vermutlich nie verstehen, was es mit diesem Rätsel aus dunklem Metall auf sich hatte.
    »Rai!«, rief jemand über den Burghof. Es war Barat, der bei einem der wenigen toten Zarg kniete. »Das musst du dir ansehen!«
    Als der Tileter zu seinem alten Freund hinübergelaufen war, konnte er schon an dessen Gesichtsausdruck erkennen, dass dieser ihm nichts Erfreuliches zu zeigen beabsichtigte.
    »Ich hatte es ja bereits vermutet, als ich die Waffen der Wurzelbälger gesehen habe«, meinte Barat kopfschüttelnd, »aber ich war mir nicht sicher.« Er schlug die Kapuze der kleinen Kreatur zurück, und Rai erstarrte. Das kindliche Gesicht eines Wurzelbalgs blickte ihm aus leblosen, kreisrunden Augen entgegen. Ungläubig beugte er sich hinunter, aber es bestand nicht der geringste Zweifel. Unter den schwarzen Kutten, welche die Zarg erst zu jener gesichtslosen Masse aus tödlichen Werkzeugen werden ließ, die bei jedem Gegner Angst und Schrecken hervorriefen, verbargen sich die so harmlos wirkenden Waldgeschöpfe, deren faszinierende Bekanntschaft die beiden Tileter in dem verborgenen Tal hatten machen dürfen. Irgendwie war es den Citpriestern dieses Tempels gelungen, die friedvollen Kreaturen für die Verteidigung des Sonnentempels zu missbrauchen. Rai hatte ja bereits bei der Beobachtung des Priesters an Bord des Schiffes, mit dem sie nach Andobras gebracht worden waren, den Eindruck gewonnen, dass dieser die gefangenen Wurzelbälger auf eine nicht näher zu ergründende Art unter seine Kontrolle zwang. Vielleicht war es auf die gleiche Weise möglich, die kleinen Wesen nicht nur gefügig zu machen, sondern auch zu gezielten Handlungen zu veranlassen, wie beispielsweise gegen Eindringlinge zu kämpfen. Es wunderte Rai zwar ein wenig, dass er nicht bereits viel früher Zarg und Wurzelbälger miteinander in Verbindung gebracht hatte, denn Größe, Beweglichkeit und Kampfgeschick zeigten natürlich auffallende Übereinstimmungen. Aber für ihn waren die ausnahmslos gewaltsamen Zusammentreffen mit den Zarg von solchem albtraumhaften Schrecken geprägt, dass er diese Empfindungen einfach nicht mit jenen emsigen Geschöpfen in Zusammenhang bringen konnte, die Barat wegen ihres kindlichen Auftretens Wurzelbälger genannte hatte. Zwischen diesen Kreaturen lagen Welten. Aber den Dienern des Cit schien es gelungen zu sein, diesen vermeintlichen Gegensatz ohne Rücksicht auf die wahre Natur der wundersamen Wesen zu überwinden.
    Endlich begann Barat, von Neuem zu sprechen: »Bis jetzt habe ich noch nie einen toten Zarg genauer betrachten können. Selbst vor Arch Themur, wo Tausende dieser Wesen gegen uns standen, bekam ich nie die Gelegenheit, einen Blick auf die Gesichter unter den dunklen Umhängen zu werfen. Das Verschwinden ihrer Leichen vom Schlachtfeld oder ihre Selbstverbrennungen, wenn sie in eine ausweglose Situation gerieten, bestärkte uns sogar in dem Glauben, dass wir gegen Geister und Dämonen kämpften. Und jetzt stellt sich heraus, dass unsere schrecklichsten Gegner in schwarze Mäntelchen gesteckte Waldgnome waren.« Verbittert erhob sich der Veteran. »Wahrlich, die Götter scheinen absonderliche Spielchen mit uns zu treiben.«
    »Aber immerhin sind wir noch am Leben, um das zu erkennen«, fügte Rai hinzu, obwohl er selbst zutiefst erschüttert über ihre Entdeckung war.
    Barat sah auf seinen tapferen Gefährten hinab und lächelte sanft. »Gut, dass dir nichts passiert ist, mein junger Freund. Und jetzt komm, es gibt noch viel zu tun.«

 
DIE FREIE INSEL
     
    T ags darauf saßen Erbukas, Kawrin, Barat und Rai zusammen im Speiseraum der Festung vor den Resten eines herzhaften Frühstücks und berieten über ihr
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