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Verlockung

Verlockung

Titel: Verlockung
Autoren: Juliane Maibach
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Jemand öffnete nun auch meine angelehnte Kabinentür und trat hinter mich. Erschrocken schielte ich zu der Person und wünschte augenblicklich das Gift möge wirklich und genau in diesem Moment tödlich wirken. Night stand bei mir und ich konnte nicht aufhören zu kotzen!
    „Bitte geh“, ächzte ich erstickt.
    „Schon gut“, erklärte er mit beruhigend weicher Stimme.
    Ich fühlte, wie er mir etwas Kaltes in den Nacken legte und schließlich das Gleiche auf meine Stirn drückte. Zu meinem Erstaunen ebbten die Krämpfe langsam ab. Das Würgen wurde weniger und auch aus meinem Magen schossen nicht länger irgendwelche Flüssigkeiten herauf.
    „Diese Biester müssen dir irgendwas ins Getränk gekippt haben“, erklärte er. „Ich tippe auf Kereta Pulver. Damit übergibt man sich mindestens zwanzig Minuten lang. Das Gift der Kereta Pflanze wird durch Kälte abgeschwächt, so übersteht man die Zeit, die der Körper benötigt es abzubauen, ohne allzu viel Brechreiz.“
    „Danke, dass du mir hilfst“, ächzte ich voller Pein. „Und entschuldige, dass du das hier mit ansehen musst.“ Besonders letzteres setzte mir in diesem Moment zu.
    „Sei nicht albern, das macht doch nichts.“
    Tatsächlich fühlte ich mit jeder Minute Besserung. Mein Magen fühlte sich zwar weiterhin an, als hätte man ihn als Boxsack missbraucht und alles schmerzte in mir durch die vielen Krämpfe, aber immerhin musste ich mich nicht mehr übergeben.
    „Ich denke, ich gehe nun doch besser zur Schule zurück“, erklärte ich.
    Er nickte. „Ich begleite dich, ich habe ohnehin genug. Wenn du wieder gehen kannst, sag ich den anderen Bescheid.“
    Ich sparte mir jeden weiteren Einwand, denn inzwischen wusste ich, dass ich bei ihm damit auf taube Ohren stieß. Momentan war ich auch äußerst froh nicht alleine heimschwanken zu müssen.
    Langsam erhob ich mich, war noch ziemlich wackelig auf den Beinen, allerdings gelang es mir stehen zu bleiben.
    „Gut, dann geh ich kurz zu den anderen.“ Er betrachtete mich noch einmal prüfend, verließ dann aber den Raum. Ich nutzte die Zeit mir kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen und die schweißnassen Hände abzuwaschen.
     
    Kurze Zeit später standen wir draußen und traten zusammen den Heimweg an.
    „Sind sie sehr sauer, dass wir schon gehen?“, fragte ich nach einer Weile.
    „Nein, sie konnten es verstehen.“
    „Und was ist mit Jelly und Hazel?“, ich würgte deren Namen beinahe hervor.
    „Die werden sich in Zukunft zweimal überlegen, ob sie so etwas nochmal machen.“
    Night hatte ihnen also die Meinung gesagt. Ich lächelte bei dieser Auskunft und nahm mir fest vor, bei Gelegenheit meine Freundinnen darüber zu befragen.
    Wenig später erreichten wir das Schultor, traten hindurch und gelangten letztendlich an die Eingangstüre.
    Dank des Passes war die Rückkehr kein Problem gewesen und was noch viel erfreulicher war, allmählich fühlte ich mich wieder recht gut. Inzwischen überlegte ich sogar, ob ich nicht doch hätte bleiben sollen. Momentan sah ich mich dafür durchaus in der Lage, aber es war nun mal zu spät. Außerdem hatte ich weiterhin ein wenig Magenschmerzen. Es war also wahrscheinlich besser, wenn ich ins Bett ging und mich restlich auskurierte. Es war nur so schade, weil ich doch so selten etwas mit Night unternehmen konnte. Ein bisschen mehr gemeinsame Zeit wäre äußerst schön gewesen. Resigniert streckte ich die Hand nach der Klinke aus, doch da fing Night sie abrupt ab. Er sah mich nicht an, sondern starrte auf einen Spalt. Die Türe war nicht verschlossen, nur angelehnt. Allerdings beunruhigte mich dies nicht weiter; Nights ernstes Gesicht dagegen schon.
    „Da stimmt was nicht“, murmelte er und öffnete vorsichtig die Türe. Geräuschlos stieß er sie einige Zentimeter auf. Ich taumelte erschrocken einen Schritt zurück. Es war Nights schneller Reaktion zu verdanken, dass der Schrei in seiner Hand erstickte, die er auf meinen Mund gelegt hatte. Ein seltsames Wesen stand bewegungslos mitten im Eingangsbereich. Es hatte aschfahle Haut, lange Arme und einen länglichen Kopf. Was mir an dieser Kreatur aber ganz besonders auffiel, war nicht sein schreckliches Aussehen, sondern die aber dutzend silbrig glänzenden Fäden. Sie schienen von überall herzukommen; aus den Wänden, Böden und Decken. Sie bündelten sich alle an seinen Füßen. Schnell sah ich an mir hinab. Ich schauderte und tat einen Schritt zurück, wobei ich gegen Night stieß, der mich sofort umfing und
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