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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot
Autoren: Karen Chance
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verließ mich sofort wieder, als sich eine Hand um meine Kehle schloss.
    Es war meine eigene, wie mir eine halbe Sekunde später klar wurde.
    Zum Glück hatte ich kleine Hände, und deshalb hatte die Hand, die mich zu erwürgen versuchte, nicht viel Erfolg. Mit etwas Hilfe hätte sie bessere Arbeit leisten können, aber die andere Hand war mit weißen Knöcheln um den stehenden Handtuchhalter geschlossen und wollte sich nicht davon lösen. Ich starrte darauf, benommen und ungläubig, und meine eigenen weit aufgerissenen blauen Augen erwiderten meinen Blick vom glänzenden Chrom.
    Was zum Teufel…?
    Die Worte zogen so durch meinen Kopf, als stammten sie von mir, aber sie hatten einen anderen Ursprung. Nach einer Sekunde begriff ich, dass Billy in meinen Körper geschlüpft war, wie er es machte, wenn er Nahrung aufnehmen wollte – er bekam dadurch Zugang zu meiner Kraft. Es gefiel mir nicht, aber ich hatte gelernt, ihn gewähren zu lassen. Diesmal empfing ich ihn mit einer metaphysischen Umklammerung und schluchzte fast vor Erleichterung.
    Hilfe!
    Wie soll ich helfen?,
erwiderte er.
Was ist geschehen?
    Besessenheit.
Dieses Wort überraschte mich, da mein bewusstes Ich die Sache offenbar noch nicht geschnallt hatte. Mein Unterbewusstsein hingegen schien mehr auf Zack zu sein, denn das mit der Besessenheit klang richtig. In den vergangenen Monaten hatte ich damit gewisse Erfahrungen gesammelt, denn es war eine der Hauptwaffen der Pythia, aber bisher hatte sie sich noch nicht gegen mich selbst gerichtet.
    Auf ein Erlebnis dieser Art hätte ich gern verzichtet.
    Besessen von was?,
fragte Billy.
    Wenn ich das wüsste! Tu was!
    Ja, aber was ich tun kann, hängt größtenteils davon ab, was die Besessenheit verursacht… Billy!
    Schon gut, schon gut. Keine Sorge, Cass, ich kriege das hin,
versicherte er mir. Einen Augenblick später stieß ihn etwas aus mir heraus, und er flog durchs Badezimmer und durch die Wand.
    Ich beobachtete, wie er verschwand, mit fast komischer Verblüffung im Gesicht, und begriff zu spät, wer meine andere Hand kontrolliert hatte. Sie wurde sofort taub und gesellte sich der Würgeparty an meinem Hals hinzu. Doch erstaunlicherweise war das nicht mein größtes Problem.
    Es gab eine begrenzte Anzahl von Geschöpfen, die von Menschen Besitz ergreifen konnten. Geister zählten zu ihnen, aber wenn man sie nicht in seinem Innern willkommen hieß, wie ich es bei Billy machte, mussten sie sich einen Weg durch die Verteidigungslinien des Körpers kämpfen. Was bedeutete, dass der betreffende Geist geschwächt war, wenn er schließlich hereinkam – falls ihm das gelang.
    Doch das Etwas in mir war nicht schwach. Es hatte Billy vertrieben und mich gleichzeitig fest im Griff behalten, und dazu war ein Geist nicht imstande. Was die Möglichkeiten auf die O-Scheiße-Liste beschränkte.
    Eine Bestätigung dafür erhielt ich, als der Handtuchhalter kippte und versuchte, mir den Schädel einzuschlagen. Meine Hand hielt ihn nicht mehr – keine Hand hielt ihn –, aber das Ding lief trotzdem Amok. Es zerschmetterte den Spiegel über dem Waschbecken, prallte ab, stieß gegen die Wanne, riss das Glas mit dem Badesalz zu Boden und verlieh den nassen Fliesen ein fluoreszierendes Rosarot.
    Der Lärm hätte ausgereicht, um Tote zu wecken, und einer von ihnen hämmerte an die Badezimmertür. »Miss Palmer? Alles in Ordnung?«
    Ich kannte die Stimme nicht, aber das spielte keine Rolle. Zu einer Antwort war ich ohnehin nicht imstande. Ich dachte nur noch daran, wie ich zu jener Stimme gelangen konnte. Die Vampire wussten von dieser Besessenheitssache wahrscheinlich nicht mehr als ich, aber sie sollten in der Lage sein, die verdammten Hände von meinem Hals loszuklauben.
    Ich versuchte zu springen, aber diesmal geschah nichts. Vielleicht lag es daran, dass sich der Raum drehte, vor meinen Augen alles grau wurde und ich langsam auf die Knie sank. Und dann kam Billy zurück und schien ziemlich sauer zu sein.
    Er kroch mir unter die Haut, und sofort spürte ich, wie mir etwas Kraft nahm.
Du genehmigst dir jetzt eine Mahlzeit?,
fragte ich ungläubig.
    Ich brauche Energie, um gegen dieses Ding zu kämpfen, Cass! Und
mein Tank ist fast leer.
    Hältst du meinen vielleicht für voll?
    Billy antwortete nicht, und ich spürte, wie ich mehr Kraft verlor.
    Doch einen Augenblick später flogen meine Hände fort vom Hals, als hätten sie sich dort verbrannt. Plötzlich konnte ich wieder atmen.
    Ich blieb unten, weil ich mich zu schwach
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