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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot
Autoren: Karen Chance
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brauchten, und er holte sein Handy hervor. Der Bursche stand auf der anderen Seite des Raums – ich hockte hinter dem Klavier und hatte ohnehin keine Kontrolle über meine Stimmbänder.
Sag ihm, er soll Pritkin
rufen!,
forderte ich Billy auf.
    Billy versuchte es und bewegte meinen Mund, aber was er sagte, ergab kaum einen Sinn, denn einzelne Silben blieben in meiner brennenden Kehle stecken. Außerdem ging es im Apartment so laut zu, dass mich der Vamp ohnehin nicht hörte.
    Diese Typen sind neu,
sagte Billy.
Vermutlich wissen sie nicht einmal,
wer Pritkin ist!
    Dann musst du ihn holen.
    Wie denn? Durch dieses Chaos schaffen wir es nie zur Tür!
    Ich nicht, aber du schon. Der Dämon hat es nicht auf dich abgesehen.
    Ja, aber wenn ich dich verlasse, kehrt das verdammte Ding in dich zurück!
    Und wenn du mich nicht verlässt, erschlägt es mich früher oder später!
    Ich konnte da keinen besonders großen Unterschied erkennen.
    Na schön, na schön.
Billy klang, als bemühte er sich, ruhig zu bleiben, und als hätte er dabei nicht viel Erfolg.
Angenommen, ich finde
den Magier. Was dann? Er kann mich nicht sehen.
    Mist. Billy erschien mir vollkommen real, und deshalb vergaß ich manchmal, dass er für andere Leute gar nicht existierte. Pritkin würde ihn nicht einmal sehen können.
    Es fiel mir schwer, mich trotz des lauten Todeskampfs des Klaviers zu konzentrieren, aber ich versuchte es. Doch diesmal brachte mich das dreifache A nicht weiter. Ich wusste, was mein Problem war: Ich musste zu Pritkin. Aber es gab nichts, das mir dabei helfen konnte, dieses Problem zu lösen.
    Unter anderen Umständen wäre ich einfach gesprungen. Aber Pritkins Zimmer befand sich fünf Stockwerke weiter unten und auf der anderen Seite des Hotels, und zu einem so weiten Sprung war ich nicht imstande – das wusste ich, ohne es auszuprobieren. Es wäre selbst ohne die Erschöpfung schwer gewesen zu springen, nachdem Billy Kraft von mir aufgenommen hatte. In der gegenwärtigen Situation hätte ich von Glück reden können, auch nur fünf Meter weit zu kommen…
    Ich hielt meine rasenden Gedanken fest.
Geh zu Pritkin,
forderte ich Billy auf, während das Blut in meinen Schläfen donnerte und rauschte.
    Ich habe dir doch gerade gesagt…
    Hör mir zu! Er hat Jonas' Halskette. Die hat er heute benutzt, um
mich zu sich zurückzuholen, als ich sprang. Schnapp dir die Kette!
    Und dann? Sie wirkt nur dann, wenn du deine Gabe benutzt, und
das kannst du nicht, weil…
    Ich brauche nur zu springen — die Entfernung spielt keine Rolle!
    Einige Zentimeter würden genügen, um die Halskette zu aktivieren!
    Mach dich auf den Weg!
    Dieses eine Mal erhob Billy keine Einwände, vielleicht deshalb, weil er keine bessere Idee hatte. Ich fühlte, wie er mich verließ, und bereitete mich auf einen neuen Angriff vor. Aber die Entität war so beschäftigt, dass sie Billys Verschwinden gar nicht bemerkte, und ich wartete nicht ab, bis sie schnallte, was los war.
    Ich kippte die Klavierbank, benutzte sie als Schild und kroch los.
    Ein Wächter stand bei einem umgedrehten Stuhl und schlug mit einem Tischbein nach fliegenden Holzstücken, wie bei einem Baseballspiel. Er sah mich, und seine Augen wurden riesig, als hätte er mich schon seit einer ganzen Weile für tot gehalten. »Bin noch am Leben«, krächzte ich ermutigend und kroch weiter.
    Die Einrichtung des Esszimmers war zerstört, doch der Servierwagen hatte alles wie durch ein Wunder unbeschädigt überstanden und stand eingeklemmt zwischen Bar und Küche. Ich schob ihn weiter und warf einen Blick unter den Warmhaltedeckel. Brathähnchen, und noch nicht kalt geworden.
    Es gab einen Gott.
    Ich hockte mich hinter den Küchentisch und widmete mich dem Bemühen, genug Kraft zu sammeln, um weiterzuspringen, falls Billys Mission scheiterte. Mit anderen Worten: Ich stopfte ganz schnell so viel in mich hinein, wie es mir möglich war, ohne kotzen zu müssen. Ich hatte schon einiges verdrückt, als mich etwas veranlasste, den Kopf zu heben.
    Drei Vampire standen in der Küchentür und starrten mich an. Sie wirkten ein wenig verstört, und ein Blick zur spiegelnden Seite des Kühlschranks teilte mir den Grund dafür mit. Ich war nackt und blutig, mein halb getrocknetes Haar stand büschelweise in verschiedene Richtungen ab, und ich hatte eine Hähnchenkeule schief im Mund. So stellte man sich eine verrückte Höhlenfrau vor.
    Ich nahm die Hähnchenkeule aus dem Mund und leckte mir die fettigen Lippen. »Ahm.
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