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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot
Autoren: Karen Chance
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aufgelöst, und es gab nur noch hier und dort ein wenig Schaum, wie Wolken am Himmel. Zwischen ihnen konnte ich die Decke des Badezimmers sehen, und sie schwankte, als meine Bemühungen, mich nach oben zu stemmen, zumindest ein wenig Bewegung ins Wasser brachten.
    Sosehr ich mich auch anstrengte, ich kam nicht nach oben, und mir wurde bereits die Luft knapp.
    Nach etwas, das sich wie eine Stunde anfühlte, vermutlich aber nur wenige Sekunden waren, erschien Billys undeutliche Gestalt über mir. Er sagte etwas, aber ich hörte ihn nicht, und dann glitt sein Gesicht durchs Wasser und sah mich neugierig an. »Wird Zeit, dass du aus dem Wasser kommst.«
    Ach tatsächlich?,
dachte ich hysterisch und versuchte, Gliedmaßen zu bewegen, die sich plötzlich anfühlten, als gehörten sie jemand anderem. Dünne Falten bildeten sich auf Billys Stirn, aber er sah mich auf die ungeduldige, nicht besorgte Art an. Er hatte noch nicht gerafft, was mit mir geschah.
    »Im Ernst, Cass. Das Essen wird kalt.«
    Ich starrte ihn nur an, mit von der Seife brennenden Augen, und wollte, dass er verstand. Nichts geschah, abgesehen davon, dass sich einige Luftblasen von meinen Lippen lösten und zur einige Zentimeter entfernten Wasseroberfläche aufstiegen. Für mich hätten es genauso gut tausend Meter sein können.
    Meine Zehen schwammen dicht neben dem kleinen Hebel für den Abfluss, direkt unter dem Hahn und leicht erreichbar für jemanden, der sich bewegen konnte. Aber das konnte ich nicht, und so starrte ich auf das verdammte Ding, von einem Entsetzen gepackt, das mich endgültig zu lähmen drohte. Ich blieb reglos, und Billy half mir nicht, und ich konnte nicht einmal tief durchatmen, um mich zu beruhigen, weil…
    Weil ich in der gottverdammten Badewanne zu ertrinken drohte.

Zwei
    Der Gedanke schnitt durch all die wimmernden und kreischenden Gedanken in meinem Gehirn. Monatelang hatten irgendwelche Leute immer wieder versucht, mich mit gut ausgetüftelten Plänen ins Jenseits zu befördern, doch wenn ich mich nicht endlich zusammenriss, würde das auf meinem Grabstein stehen: SIE ERTRANK IN DER BADEWANNE. Nein, ausgeschlossen, das würde ich auf keinen Fall zulassen.
    Allerdings schien ich in dieser Hinsicht kaum eine Wahl zu haben.
    Je mehr ich versuchte, mich aus der Starre zu befreien, desto weniger konnte ich mich bewegen. Ich kam mir vor wie jemand, der von innen an den Sargdeckel klopfte. Ich schrie, aber die Schreie kamen nicht aus dem gelähmten Hals.
    Das Schlimmste war die Stille. Ich hatte mir den Tod immer laut vorgestellt: Schüsse, Explosionen, Donnern und Gebrüll. Aber nicht diese gespenstische Lautlosigkeit, die mich wie ein Leichentuch umgab. Ich hörte nur das Wasser an die Seiten der Wanne platschen, wie das Ticken einer Uhr, das die wenigen Sekunden zählte, die mir noch blieben.
    Plötzlich erklang eine strenge Stimme zwischen meinen Schläfen:
Abschätzen, Angehen und Agieren.
    Für eine Sekunde hingen die Worte einfach nur in meinem Kopf und weigerten sich, Bedeutung zu gewinnen. Dann fielen mir Pritkins verdammte drei As ein. Ich griff nach dem Gedanken wie nach einer Rettungsleine, bevor er fortgleiten und im weißen Rauschen meiner Panik verschwinden konnte.
    Na schön,
dachte ich wild. Abschätzen. Wo lag das Problem? Es bestand aus Mangel an Luft – ich konnte nicht atmen!
    Angehen. Was konnte ich tun, um das Problem zu lösen? Nichts. Nicht solange sich mein Körper weigerte, mir zu gehorchen, solange er sich anfühlte, als stünde er unter fremdem Befehl…
    Moment mal. Ich brauchte mich nicht physisch zu bewegen, um von meinen Fähigkeiten Gebrauch zu machen, die von meiner menschlichen Gestalt unabhängig waren. Und mithilfe meiner besonderen Gabe konnte ich …
    Ich sprang, noch bevor ich den Gedanken zu Ende gedacht hatte, und fand mich mit dem nackten Hintern einen halben Meter über dem Badezimmerboden wieder. Die Schwerkraft kümmerte sich um den Rest, aber bevor sie mich auf die kalten Fliesen warf, gelang es mir, nach Luft zu schnappen. Etwa hundertfünfzig Liter Wasser lauwarmes Wasser folgten mir. In meiner Panik hatte ich beim Sprung den Inhalt der Wanne mitgenommen, und jetzt strömte er über die Fliesen, durchnässte den dicken Läufer und schwappte wie ein Miniatur-Tsunami gegen die Wände.
    Ich achtete nicht darauf, lag auf den nassen Fliesen und keuchte hingebungsvoll, während Billy neben mir schwebte. Er wirkte jetzt durchaus etwas besorgt, stellte ich fest, aber dieser Gedanke
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