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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target
Autoren: Nancy Kress
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Cousine
zweiten Grades. Wir sind eine große Familie und hängen
alle sehr aneinander. Sie hat bei Verico gearbeitet. Das
war…«
    »Ich weiß«, unterbrach ihn Cavanaugh.
»Schickt Ihre Cousine Sie zu mir?«
    »Ja. Sie trug mir auf, außerhalb von Washington mit
Ihnen zu sprechen. Sie wollte, daß ich mindestens einen Monat
damit zuwarte. Ich durfte sie in dieser Zeit nicht anrufen und sollte
auch keine weiteren Fragen stellen. Das alles sagte sie mir bei einer
Hochzeitsfeier in der Familie, ein paar Tage nach dem Tod von Doktor
Stevens und Doktor d’Amboise.«
    Nach der Ermordung, meinte er wohl, sagte es aber nicht.
Saul Kirchner war sehr vorsichtig. Er hatte Angst, daß man ihn
beobachtete. Diejenigen, die von Verico noch übrig waren,
würden klarerweise beobachtet werden, aber man konnte nicht die
ganze Menschheit überwachen. Zum Beispiel konnte man nicht alle
Vettern zweiten Grades einer Forschungsassistentin überwachen,
in deren großer Familie die Mitglieder sehr aneinander hingen
und einander bei großen Hochzeiten trafen.
    Cavanaugh schaffte es, seinen ruhigen Tonfall beizubehalten.
»Was hat sie Ihnen für mich gegeben?«
    »Eine Computerdiskette. Aber ich habe sie jetzt nicht bei
mir. Und ich werde Ihnen auch nicht sagen, wo sie ist, bevor ich
nicht weiß, auf welche Weise Sie Miriam beschützen wollen.
Sie ist mir sehr wichtig.«
    Cavanaugh blickte in sein ernstes, junges, kurzsichtiges Antlitz
und erinnerte sich plötzlich an Jeanne Cassidy. Die ihren
anonymen Anruf bei der Justiz machte, weil ihr Gewissen sie nicht
länger ruhen ließ. Die das Risiko auf sich nahm, obwohl
sie aus erster Hand wußte, was ihr widerfahren konnte. Wie
Miriam Ruth Kirchner. Und wenn Cavanaugh wollte, konnte er diesen
hochtrabenden jungen Mann noch vor Anbruch der Dunkelheit als Zeugen
festnehmen und solange ausquetschen lassen, bis er alles von sich
gegeben hatte, was er wußte. Aber Cavanaugh wollte nicht.
    Statt dessen sagte er, indem er sorgfältig seine Worte
wählte: »Wir haben ein spezielles Zeugenschutzprogramm.
Voll genutzt ist es äußerst effektiv. Sie wäre in
Sicherheit.«
    »Wir würden sie nie wiedersehen.«
    Cavanaugh versuchte gar nicht, das abzustreiten. »Es steht
eine Menge auf dem Spiel. Ich weiß nicht, ob Ihnen Ihre Kusine
gesagt hat, wie viel…«
    »Nein. Und ich will es auch gar nicht wissen. Ich habe sie
darum gebeten, die Sache sein zu lassen.« Er starrte geradeaus
durch die Windschutzscheibe.
    »Aber Miss Kirchner blieb bei ihrer Entscheidung«, sagte
Cavanaugh leise.
    »Ja.« Saul Kirchner setzte die Sonnenbrille wieder auf.
»Die Computerdiskette ist in einem Kleiderspind in einer
Sporthalle auf dem Marble Boulevard in Hoboken. Der Laden heißt
Dancetique. Hier ist der Schlüssel. Miriam läßt Ihnen
sagen, alles, was Sie suchen, ist auf der Diskette. Namen, alles. Sie
wird Ihnen persönlich erzählen, wie sie zu der Diskette
kam. Wenn ihr irgend etwas zustößt…« Er beendete
seine Drohung nicht, die in jedem Fall müßig war, und
öffnete die Wagentür.
    »Warten Sie!« rief Cavanaugh. »Wie haben Sie mich
gefunden?«
    Saul Kirchner hatte kein Lächeln für Cavanaugh
übrig. »Ich studiere am M.I.T. Computerwissenschaft im
Hauptfach. Genau wie Miriam, bevor sie zur Mikrobiologie
überwechselte. Ein hochintelligentes Mädchen. Sie hat
– hatte – eine große Karriere vor sich. Sie
war immer schon mein Vorbild… Also, jedenfalls war es nicht
schwer, Sie zu finden. Sie haben Ihre letzte Übernachtung in
einem Motel in West Stockbridge mit Ihrer Kreditkarte
bezahlt.«
    Sehr bald schon, sann Cavanaugh, würde die Bürgerschaft
die Ermittlungsarbeiten in Kriminalfällen über ihre
Computer erledigen und so auf die Mittelsmänner aus der
Verbrechensaufklärung völlig verzichten können.
    Er sah Saul Kirchner nach; der junge Mann ging mit
herabhängenden Schultern davon, und Cavanaugh fragte sich, ob er
die Tränen zurückhalten mußte.
    Er wußte, daß er sich eigentlich freuen sollte, denn
nun sah es doch so aus, als hätten sie wieder eine Chance.
Nur… die Diskette konnte inzwischen verschwunden sein, sie
konnte nutzlos sein und nicht ausreichen für eine Anklage. Aber
wenn Miriam Ruth Kirchner so klug war wie ihr kluger Vetter
behauptete, und wenn man sie unversehrt, rasch und sauber zu fassen
kriegte, und wenn man sie an einem sicheren Ort unterbrachte…
Keine Fehler mehr. Nicht diesmal. Zuviel stand auf dem Spiel.
    Hätte nicht soviel auf dem Spiel gestanden, wäre
Cavanaugh
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