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Vergiss die Toten nicht

Vergiss die Toten nicht

Titel: Vergiss die Toten nicht
Autoren: Mary Higgins Clark
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wandte er sich nach Süden. Um sieben stand er am Hafen vor dem World Financial Center und betrachtete neidisch die kleinen, schnittigen Jachten, die auf den Wellen auf und nieder tanzten.
    Besonders stach ihm ein offenbar nagelneuer, zwölf Meter langer Kabinenkreuzer ins Auge. Gotische Buchstaben am Heck verkündeten, dass das Schiff Cornelia II hieß.
    Cauliffs Boot, dachte Jed.
    Seit seiner Rückkehr nach New York hatte Jed eingehende Erkundigungen über Adam Cauliff eingezogen. Inzwischen kam er häufig zum Hafen, und immer stellte er sich dieselbe Frage: Was mache ich mit diesem Stinktier und seinem Boot?

3
N
    ach der letzten Sitzung des Architekturkongresses in Philadelphia aß Adam mit zwei seiner Kollegen zu Abend, checkte dann rasch aus seinem Hotel aus und fuhr mit dem Auto zurück nach New York.
    Da er erst um halb elf Uhr abends aufgebrochen war, herrschte auf der Autobahn kaum Verkehr.
    Beim Abendessen hatte Ward Battle ihm das Gerücht bestätigt, dass man inzwischen gegen Walters und Arsdale – die Firma, bei der Adam gearbeitet hatte, bevor er sich selbstständig machte – wegen illegaler Preisabsprachen und Bestechlichkeit ermittelte.
    »Soweit ich gehört habe, ist das nur die Spitze des Eisberges, Adam. Und das bedeutet, dass man Ihnen als ehemaligem Mitarbeiter vermutlich eine Menge Fragen stellen wird. Ich fand, Sie sollten das wissen. Vielleicht kann MacDermott ja dafür sorgen, dass man Sie in Ruhe lässt.«
    Mac und etwas für mich tun, dachte Adam höhnisch. Wohl kaum. Wenn er glaubt, dass ich in eine Schmiergeldaffäre verwickelt bin, wird er für die noch das Pech kochen, um mich zu teeren und zu federn.
    Beim Essen hatte er sich jedoch nichts anmerken lassen.
    »Ich brauche mir keine Sorgen zu machen«, sagte er zu Battle.
    »Bei Walters und Arsdale war ich nur ein kleines Licht.«
    Er hatte nicht mit dieser Enthüllung gerechnet und daher eigentlich geplant, in Philadelphia zu übernachten. Deshalb erwartete ihn Nell erst für den kommenden Tag. Als Adam den Lincoln Tunnel verließ, überlegte er, ob er nach links abbiegen und nach Hause fahren sollte. Doch stattdessen nahm er den Weg nach rechts, und fünf Minuten später stellte er seinen Wagen in einem Parkhaus in der 27. Straße ab.
    Den Koffer in der einen, den Schlüssel in der anderen Hand, ging er zu Fuß zu seinem einen halben Häuserblock entfernten Büro. Obwohl sich die Schaufensterbeleuchtung automatisch abgeschaltet hatte, konnte man den eleganten Umriss des Modells vom Vandermeer Tower im Schein der Straßenlaternen sehen.
    Adam blieb stehen und betrachtete ihn, ohne das Gewicht des Koffers in der linken Hand zu spüren. Er bemerkte auch nicht, dass er nervös an seinem Schlüssel herumnestelte.
    Kurz nach ihrer ersten Begegnung hatte Cornelius Mac-Dermott lachend zu ihm gesagt: »Adam, Sie sind das perfekte Beispiel dafür, wie Schein und Sein sich unterscheiden können. Obwohl Sie aus einem kleinen Kaff in North Dakota stammen, sehen Sie aus wie ein Elitestudent aus Yale und sprechen auch so. Wie schaffen Sie das bloß?«
    »Indem ich nicht vorgebe, etwas zu sein, das ich nicht bin.
    Oder sollte ich Ihrer Ansicht nach einen Blaumann tragen und mit einem Rechen über der Schulter herumlaufen?«, hatte Adam gekränkt entgegnet.
    »Seien Sie doch nicht so empfindlich«, hatte Mac gebrummt.
    »Das sollte ein Kompliment sein.«
    »Schon gut.«
    Mac hätte es sicher besser gefallen, wenn Nell einen Elitestudenten aus Yale geheiratet hätte, dachte Adam. Einen reichen Schnösel, dessen Vater es mithilfe seiner Ellenbogen in New York weit gebracht hatte. Nun, Mac mag ein wichtiger Mann im Kongress gewesen sein, doch sein Wissen über North Dakota hat er aus einem Westernvideo, sagte sich Adam und beschloss, sich nicht weiter den Kopf über den Großvater seiner Frau zu zerbrechen.
    In diesem Moment bemerkte er, dass sich am Ende der menschenleeren Straße etwas bewegte. Als er sich umblickte, sah er einen Mann, der sich in einem Hauseingang herumdrückte.
    Rasch eilte er zur Bürotür und drehte den Schlüssel um. Heute Nacht überfallen zu werden, hätte ihm gerade noch gefehlt.
    Erst als er wohlbehalten in seinem Büro angekommen war und die Tür hinter sich abgesperrt hatte, legte sich seine Aufregung.
    Der hübsche Eichenschrank enthielt einen Fernseher und eine Hausbar. Adam riss die Schranktür auf und schenkte sich ein ordentliches Glas Chivas Regal ein. Dann setzte er sich aufs Sofa und trank genüsslich den Scotch.
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