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Vergessene Stimmen

Titel: Vergessene Stimmen
Autoren: Michael Connelly
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als Detective hatte unter der Devise gestanden: Krieg den Arsch hoch und putz Klinken . Er sah keinen Grund, es dieses Mal anders zu halten.
    »Wo sind eigentlich die anderen?«, fragte er.
    »Frühstücken. Das hatte ich ganz vergessen. Letzte Woche haben sie mir gesagt, dass sie sich montagmorgens immer schon vor Dienstantritt zum Frühstück treffen. Normalerweise gehen sie ins Pacific rüber. Es ist mir allerdings erst wieder eingefallen, als ich heute Morgen herkam und kein Mensch hier war. Aber sie müssten jeden Augenblick auftauchen.«
    Das Pacific Dining Car stand, wie Bosch wusste, bei der Chefetage des LAPD und der Robbery-Homicide Division schon seit langem hoch im Kurs. Er wusste aber auch noch etwas anderes.
    »Zwölf Dollar für eine Portion Rührei. Das heißt wohl, dass das hier eine Einheit ist, bei der man Überstunden abrechnen kann.«
    Zur Bestätigung lächelte Rider.
    »Das siehst du völlig richtig. Aber nach dem Zwei-Sechser des Chief wärst du sowieso nicht dazu gekommen, deine teuren Eier aufzuessen.«
    »Das hast du auch schon mitgekriegt?«
    »Ich habe immer noch ein Ohr oben im Sechsten. Hast du deine Dienstmarke gekriegt?«
    »Ja, er hat sie mir gegeben.«
    »Ich habe ihm gesagt, welche Nummer du gern hättest. Hast du sie gekriegt?«
    »Ja, Kiz, danke. Und überhaupt danke für alles.«
    »Das hast du bereits gesagt, Partner. Du brauchst das nicht ständig zu sagen.«
    Er nickte und schaute sich an ihrem Platz um. Er sah, dass an der Wand hinter Rider ein Foto von zwei Detectives hing, die neben einer Leiche kauerten, die im trockenen Betonbett des Los Angeles River lag. Den Hüten der Detectives nach zu schließen, war es in den frühen 50er Jahren aufgenommen worden.
    »So, und wo fangen wir jetzt an?«, fragte er.
    »Die Einheit teilt die Fälle in Dreijahresabschnitte ein. Das sorgt für eine gewisse Kontinuität. Man soll mit seinem speziellen Zeitabschnitt und einigen der wichtigsten Ermittler vertraut werden. Dabei kommt es natürlich zu Überschneidungen. Es hilft auch bei der Identifizierung von Serientätern. In den letzten zwei Jahren sind sie bereits auf vier Serientäter gestoßen, von denen bis dahin kein Mensch etwas wusste.«
    Bosch nickte. Er war beeindruckt.
    »Welche Jahre haben wir gekriegt?«, fragte er.
    »Jedes Team erhält vier oder fünf Abschnitte. Weil wir das neue Team sind, haben wir vier gekriegt.«
    Sie öffnete die mittlere Schreibtischschublade, nahm ein Blatt Papier heraus und reichte es ihm.
     
    Bosch/Rider – Fallzuteilungen
    1972 1987 1996
    1973 1988 1997
    1974 1989 1998
     
    Bosch studierte die Zusammenstellung der Jahre, für die sie zuständig waren. Während des größten Teils des ersten Zeitabschnitts war er nicht in Los Angeles gewesen, sondern in Vietnam.
    »Der ›Summer of Love‹«, bemerkte er. »Habe ich leider nicht mitbekommen. Vielleicht ist genau das mein Problem.«
    Er sagte es nur, um etwas zu sagen. Er merkte, dass zum zweiten Abschnitt 1972 gehörte, das Jahr, in dem er in den Polizeidienst getreten war. Er erinnerte sich, dass er gleich an seinem zweiten Tag als Streifenpolizist zu einem Haus nicht weit von der Vermont gerufen worden war. Eine Frau, die drüben im Osten lebte, hatte beim LAPD darum gebeten, ob man mal nach ihrer Mutter sehen könnte, weil sie nicht ans Telefon ging. Bosch fand sie ertrunken in der Badewanne, an Händen und Füßen mit Hundeleinen gefesselt. Ihr toter Hund lag bei ihr in der Wanne. Bosch fragte sich, ob der Mord an der alten Frau einer der offenen Fälle war, mit deren Lösung er jetzt beauftragt war.
    »Wie wurde das festgelegt? Ich meine, warum haben wir diese Jahre zugeteilt bekommen?«
    »Wir haben sie von den anderen Teams gekriegt. Wir nehmen ihnen Arbeit ab. In einigen Fällen aus diesen Jahren haben sie übrigens bereits erste Schritte unternommen. Und am Freitag habe ich gehört, dass sie für 1988 einen kalten Treffer gelandet haben. Wir sollen heute damit anfangen, der Sache weiter nachzugehen. Du kannst es als dein Einstandsgeschenk betrachten.«
    »Was ist ein kalter Treffer?«
    »Wenn wir für eine DNS-Analyse oder einen Fingerabdruck, den wir in den Computer eingeben oder ans Justizministerium schicken, eine Übereinstimmung kriegen.«
    »Was ist es in unserem Fall?«
    »Eine DNS-Übereinstimmung, glaube ich. Aber das werden wir gleich sehen.«
    »Das haben sie dir letzte Woche noch nicht gesagt? Ich hätte am Wochenende reinkommen können.«
    »Ich weiß, Harry. Aber das ist
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