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Verfuehrung in aller Unschuld

Verfuehrung in aller Unschuld

Titel: Verfuehrung in aller Unschuld
Autoren: Annie West
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vorschnelle Absage zu riskieren. „Bis die Medien das Interesse an der Story verlieren.“
    „Es gibt keine Story. Das alles ist ewig her.“
    Er verspannte sich. „Sie meinen, es spielt keine Rolle mehr, was damals geschah? Vorbei ist vorbei?“
    „Es ist vorbei. Ich habe die Strafe für Totschlag verbüßt und bin frei. Ich wünschte, ich könnte Ihren Bruder wieder lebendig machen.“ Lucy atmete so heftig ein und aus, dass sich die Kostümjacke über ihren Brüsten spannte. „Aber das kann ich nicht.“
    „Sie haben ihn mitten aus dem Leben gerissen.“ Es fiel ihm schwer, seine Stimme unter Kontrolle zu halten. „Sie haben seine junge Frau zur Witwe gemacht und seinen kleinen Sohn zum Halbwaisen.“
    Berührte sie das denn gar nicht?
    „Ihretwegen wird mein Neffe seinen Vater nie kennenlernen“, stieß er mit kaum verhaltener Wut hervor. „Sie haben eine klaffende Lücke in das Leben zweier Menschen gerissen.“
    Und auch in seins. Noch immer konnte er nicht glauben, dass Sandro wirklich tot war. Sein älterer Bruder, der ihm nach dem frühen Tod ihrer Eltern Freund und Beschützer zugleich gewesen war. Sein Mentor, der ihm lobend zur Seite stand, als er beschlossen hatte, sich nicht auf seinem Erbe auszuruhen, sondern sein eigenes Unternehmen zu gründen.
    Lucy Knight sollte wissen, wie viel Unheil sie angerichtet hatte. Sie sollte es spüren . Als zivilisierter Mensch musste er akzeptieren, dass sie ihre Strafe nach dem Gesetz verbüßt hatte. Seine verwundete Seele aber wollte mehr – Reue, Schuldgefühle, was auch immer.
    „Sie können die Medien nicht kontrollieren“, erwiderte sie, als ginge sie das alles nichts an.
    Fassungslos musterte er die Frau, die so viel Unglück über seine Familie gebracht hatte. Wie konnte sie so gefühllos sein?
    Fast wünschte er, er hätte sie nicht vor den Reportern gerettet. Doch er durfte nicht zulassen, dass Sandros Familie ihretwegen noch mehr leiden musste.
    „Ich kann verhindern, dass weitere Neuigkeiten bekannt werden“, sagte Domenico
    „Es gibt keine Neuigkeiten.“
    „Oh, doch. Die Mörderin ist auf freiem Fuß.“
    Zornig hob sie das Kinn. „Das Urteil lautete auf Totschlag, nicht auf Mord.“
    Er verkniff sich die bittere Bemerkung, dass das für seinen Bruder keinen Unterschied mehr machte, und griff nach der Zeitschrift, die vor ihm lag.
    „Hier, da haben Sie Ihre Story.“
    Mit unbewegter Miene trat Lucy näher, doch er sah ihr an, dass sie auf das Schlimmste gefasst war. Sekundenlang zögerte er, bevor er ihr das aufgeschlagene Magazin hinschob.
    Sie studierte es mit gesenktem Kopf, ohne es anzurühren. Er konnte es ihr nicht verdenken. Es handelte sich um ein übles Klatschmagazin, das er verabscheute, seine Schwägerin Pia aber begeistert verschlang.
    Pia hatte ihn auch auf den reißerischen Artikel aufmerksam gemacht, der sich über mehrere Seiten erstreckte. Die zugehörigen Fotos zeigten Lucy Knight als junges Mädchen, mal allein, mal zusammen mit ihrem Vater, und eine blasse junge Frau mit Kind, deren Blick leer wirkte.
    Lucy wurde aschfahl im Gesicht und atmete scharf ein. Sie blinzelte heftig, und Domenico meinte, ein verdächtiges Glitzern in ihren Augen zu sehen.
    Und dann, völlig unerwartet, drohte die Frau, die er für kalt und gefühllos gehalten hatte, vor seinen Augen in Ohnmacht zu fallen.
    Die Zeilen verschwammen Lucy vor den Augen, wofür sie eigentlich hätte dankbar sein müssen. Doch sie zwang sich, bis zum bitteren Ende weiterzulesen.
    Sie hatte geglaubt, im Gefängnis das Schlimmste erlitten zu haben, was ihr passieren konnte. Sie hatte ihren Vater verloren und ihre Freunde, ihre Freiheit, ihre Unschuld und ihr Selbstwertgefühl.
    Dieser gemeine Verrat aber stellte alles in den Schatten.
    Mühsam rang sie nach Luft, suchte Halt an dem glatt polierten Mahagonischreibtisch, doch ihre Hände glitten ab. Ihr wurde schwarz vor Augen.
    In diesem Moment packte sie jemand von hinten und hielt sie fest.
    Das brachte sie zur Besinnung. Sie wollte sich losreißen, doch die kräftige Männerhand schloss sich nur fester um ihren Arm.
    Das Gefühl, zwischen dem Schreibtisch und dem hinter ihr stehenden Mann eingeklemmt zu sein, löste Panik in ihr aus. Und heiß auflodernden Zorn, der vorübergehend ihren Schmerz betäubte.
    Ohne nachzudenken, wirbelte sie herum, schlug mit der Faust in Domenico Volpes Armbeuge und wollte ihm das Knie zwischen die Beine rammen. Es prallte allerdings an seinem muskulösen Schenkel ab, als er sich
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