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Verfuehrung in aller Unschuld

Verfuehrung in aller Unschuld

Titel: Verfuehrung in aller Unschuld
Autoren: Annie West
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in aller Schärfe wieder auf. Ihre Mutter war so früh gestorben, dass sie keine Erinnerung an sie hatte. Umso enger war das Verhältnis zu ihrem Vater gewesen. Er hatte felsenfest zu ihr gehalten. Seine Liebe und sein unerschütterlicher Glaube an sie hatten ihr geholfen, den Prozess durchzustehen.
    Nie in ihrem Leben hatte sie sich so verloren gefühlt wie jetzt. Nicht in der ersten Nacht in Untersuchungshaft, nicht nach der Urteilsverkündung, als klar war, dass sie für mehrere Jahre ins Gefängnis musste. Nicht einmal, als sie hinter Gittern dem Spott und der Häme ihrer Mitgefangenen ausgesetzt war und lernen musste, sich dagegen zu wehren, dass man ihr das Leben zur Hölle machen wollte.
    Das Magazin war ein Skandalblatt, aber eins mit einer riesigen Auflage. Man hatte Sylvia für ihren Verrat sicher reich entlohnt.
    Lucy spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Jetzt war sie wirklich am Tiefpunkt angelangt.
    Und Domenico Volpe war Zeuge ihres Unglücks. Welch ein Triumph für ihn!
    „Kaffee kommt gleich.“
    Sie hob den Kopf und sah ihn an. In der gediegenen Atmosphäre des Arbeitszimmers wirkte er wie der typische Vertreter der privilegierten Oberschicht, von seinem stolzen Profil bis hin zu den blank polierten, handgenähten Lederschuhen.
    Vor fünf Jahren hatte er ihr Herz im Sturm erobert. Doch im entscheidenden Moment hatte er sich auf die Seite seiner elitären Familie gestellt und bereitwillig all die ungeheuerlichen Lügen über sie geglaubt.
    Abrupt stand Lucy auf.
    „Es ist Zeit für mich zu gehen.“
    Wohin, wusste sie selbst nicht. Ihr Geld reichte gerade für die Reise zurück nach Devon, nur dass sie dort kein Zuhause mehr hatte.
    „Sie können nicht gehen.“
    „Ich bin ein freier Mensch, Signor Volpe, ob es Ihnen passt oder nicht. Wenn Sie mich gegen meinen Willen festhalten, ist das Kidnapping.“
    Was ihm durchaus zuzutrauen war. Sie hatte seine Wachleute gesehen und wusste, wozu diese Männer fähig waren.
    „Ich bin nicht wie die Leute, mit denen Sie in den letzten Jahren Umgang hatten, Signorina Knight“, versetzte er scharf. „Ich pflege mich an die Gesetze zu halten.“
    Bevor sie ihrer Empörung Luft machen konnte, fuhr er fort: „Sie brauchen einen sicheren Rückzugsort, und den biete ich Ihnen.“
    „Warum? Was hätten Sie davon?“
    Sein mürrischer Blick verriet, dass Domenico Volpe es nicht gewohnt war, Erklärungen abgeben zu müssen. Pech für ihn.
    „Es geht nicht nur um Sie. Die Witwe meines Bruders und der kleine Taddeo sind die Leidtragenden, wenn das Ganze in den Medien breitgetreten wird.“
    Taddeo. Lucy hatte den Kleinen, den sie damals betreut hatte, sehr gemocht. Sein glucksendes Lachen, seine staunenden Augen, wenn sie ihm ein Märchen vorlas. Gern hätte sie gefragt, wie es ihm ging, doch Domenico Volpe hatte sicher keine Lust, mit ihr über seinen Neffen zu plaudern.
    „Okay, was schlagen Sie vor?“, fragte sie forsch. „Wollen Sie mich in die Tiefgarage sperren?“
    „Keine schlechte Idee.“ Sein Lächeln ließ sie frösteln. „Aber wie gesagt, ich halte mich an die Gesetze. Außerdem fehlt mir Ihr Sinn für Dramatik. Meiner Ansicht nach reicht eine abschließbare Tür, um Sie aus dem Verkehr zu ziehen. Ihr Gepäck ist bereits in Ihrem Zimmer.“
    Ihr Zimmer.
    Die Erinnerung an ihr altes Zimmer im Seitenflügel der Villa jagte Lucy einen Schauer über den Rücken.
    „Sie können nicht ernsthaft von mir verlangen, dass ich da wohne!“, protestierte sie entsetzt. „Das … das ist krank!“
    Domenico sah aus, als wollte er sich auf sie stürzen.
    „Nicht das Zimmer“, erwiderte er schroff. „Das wird seit dem Tod meines Bruders nicht mehr benutzt.“
    Erleichtert atmete sie aus. „Ich kann trotzdem nicht bleiben. Ich suche mir lieber woanders eine Bleibe.“
    „Und wie, wenn ich fragen darf? Mit einer Horde von Reportern im Schlepptau?“
    Sein überlegenes Lächeln reizte sie so, dass sie ihm am liebsten eine Ohrfeige verpasst hätte. Zum Glück kam in diesem Moment eine Hausangestellte mit dem Kaffeetablett herein.
    Der aromatische Duft, den Lucy einst so geliebt hatte, verursachte ihr jetzt Übelkeit. Sie wandte sich ab und sah aus dem Fenster, doch der Anblick der Presseleute, die draußen herumlungerten, gab ihr den Rest.
    Was war schlimmer, Domenico Volpe oder die Paparazzi?
    „Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich mich gern frisch machen.“ Sie brauchte eine Atempause, um ihr weiteres Vorgehen zu planen.
    „Aber gern,
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