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Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Titel: Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)
Autoren: Gerhard Seyfried
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übergebraten?«
    Seiler will den Kopf schütteln und zuckt vor Schmerz zusammen. » Autsch! Verdammt. Nein. Ich hab ihn mit dem Kopf gestoßen. Ins Gesicht.«
    » Schwein gehabt, Mann!« Er zieht eine Taschenflasche aus der Jacke. » Nehmen Sie einen Schluck! Das hilft!«
    Seiler nimmt einen kräftigen Schluck. Wie flüssiges Feuer rinnt der Whisky durch die Kehle. Wärme durchströmt ihn. Steinhauer kippt den Rest hinunter, dann schleudert er die Flasche in den Fluß. » Los, kommen Sie! Erst mal aufs Südufer zurück. Dann sehen wir weiter.«
    Seiler humpelt, und Steinhauer stützt ihn.
    » Da liegt ein Hut!«
    » Ja, er hatte einen auf. Muß ihn verloren haben.«
    Im Hutfutter sind zwei Metallbuchstaben, Initialen. Steinhauer pfeift durch die Zähne. » W. M. William Melville. Mein Gott, Seiler, sagen Sie bloß, Sie haben Melville umgebracht?«
    » Melville? Es war der Mensch, der in Kiel mit seinem Revolver herumgefuchtelt hat. Der hieß Morgan. William Morgan.«
    » Ja, das war einer seiner Decknamen. Schon älter, über Sechzig? Stirnglatze? Korpulent?«
    » Ja. So sah er aus.«
    » Melville also.« Steinhauer wirft den Hut übers Geländer, der Wind wirbelt ihn davon.
    » Na, dann nichts wie weg. Das wird einen Heidenaufstand geben. Jetzt zählt jede Minute. Wir müssen irgendwie runter nach London und sehen, wie wir von dort wegkommen. Am besten über Harwich nach Holland. Und jetzt erzählen Sie mir erst mal, was da in Kiel los war mit diesem Morgan oder, besser gesagt, mit Melville.«
    Harwich, Port Station, 3. August 1914, Montag
    Mit eineinviertel Stunden Verspätung erreicht der Frühzug der Great Eastern Railway von London Liverpool Station den Bahnhof Parkeston Quay von Harwich. Dreimal mußte er unterwegs aufs Ausweichgleis, um Eilgüterzüge vorbeizulassen.
    » Höchst ungewöhnlich«, meint Steinhauer stirnrunzelnd, während er Vivians Koffer aus dem Gepäcknetz wuchtet, » der Expreß hat normalerweise immer Vorfahrt. Das sieht mir stark nach Mobilmachung aus. Wahrscheinlich Munitionszüge.«
    Seiler sagt nichts. Er sorgt sich um Vivian, die bleich und müde in ihre Jacke schlüpft. Wer weiß, ob sie noch aus dem Land kommen? Und was wird Vivian in Deutschland erwarten, wenn es tatsächlich zum Krieg kommt? Sie werden heiraten müssen, sonst wird sie entweder ausgewiesen oder, schlimmer noch, als Angehörige einer Feindnation interniert.
    Er hat sie im Zug schon gefragt, ob sie es sich nicht anders überlegen will, jetzt, da die Nachrichten immer unheimlicher werden, aber sie hat den Kopf geschüttelt und gesagt, nein, ich komme jetzt mit. So froh er auch darüber ist, es hilft ihm nicht über das unheimliche Gefühl hinweg, daß ganz Europa dabei ist, in einen schrecklichen Krieg zu schlittern.
    Auf dem Nachbargleis entlädt ein Sonderzug Reservisten. Hunderte von Männern in Zivil, schwere Seesäcke über der Schulter. Auf dem Vorplatz treten sie an. Offiziere der Navy ordnen und mustern die Reihen. Pfeifen schrillen, Befehle werden gebrüllt.
    Auf dem kurzen Weg zum Fährterminal hören sie hinter sich noch ein lautes » Hurrah!« aus vielen hundert Kehlen.
    » Jetzt geht’s los«, sagt Seiler, » hoffentlich lassen sie uns noch durch.«
    Neben dem Ticketkiosk schreit sich ein Zeitungsverkäufer heiser: » Latest News! Deutschland besetzt Luxemburg!«
    Beim Zoll müssen sie ihre Koffer öffnen. Flüchtige Durchsuchung ohne Beanstandungen. Dann die Ausreisekontrolle. Die Polizisten sind überfordert von dem großen Andrang der Reisenden und wollen nicht mehr wissen als Staatsangehörigkeit und Reiseziel. Steinhauer gibt sich als amerikanischer Staatsbürger aus, Korrespondent für die Chicago Tribune, Seiler als Beamter des Foreign Office auf dem Weg zur britischen Botschaft in Den Haag, begleitet von seiner Frau. Müde Detektive mit rotgeränderten Augen schauen ihnen ausdruckslos ins Gesicht. Man winkt sie durch.
    Der große Fährdampfer Brussels der Great Eastern Railway nach Hoek van Holland ist überfüllt mit Holländern, Deutschen und Belgiern, die nach Hause zurückkehren wollen, bevor der Krieg ausbricht. Seiler, Vivian und Steinhauer bleiben erst mal an Deck, bis sich die Passagiere in ihre Kabinen oder in die Salons verlaufen haben. Als der Dampfer sich schwerfällig in Richtung Ausfahrt dreht, stupst ihn Steinhauer an. » Schaun Sie mal, Seiler! Dort, ganz am Ende des Kais! Sind das nicht U-Boote?« Seiler beugt sich über die Reling und späht. » Sie haben recht! Das muß die neue
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