Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Titel: Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)
Autoren: Gerhard Seyfried
Vom Netzwerk:
Kapitän wiegt den Kopf. » Ja, hab ich auch gelesen. Hab da aber meine Zweifel. Könnte eine Finte sein, um uns glauben zu lassen, daß dort nicht viel passiert.«
    Er macht einen Schritt zur Seite, um im Schatten zu bleiben, und sagt: » Sollten uns eine Scheibe von den Briten abschneiden. Die sind ganz schön aktiv bei uns. Immer öfter werden Leute erwischt, die Pläne und geheime Unterlagen stehlen, neulich sogar ein Werftbeamter. Letzten August hat die Geheimpolizei zwei englische Offiziere auf Borkum verhaftet, die dort die Festungsanlagen ausspioniert haben. Sie erinnern sich, der Fall Brandon und Trench.«
    Er schaut stirnrunzelnd auf seine staubig gewordenen Schuhe, dann räuspert er sich: » Wie auch immer, ich möchte, daß Sie sich von jetzt an ganz auf England konzentrieren, Steinhauer. Tun Sie Ihr Möglichstes, um die Nachrichtenbeschaffung dort in Schwung zu bringen.«
    » Jawohl, Herr Kapitän. Allerdings, es fehlt uns leider an geeigneten Leuten, die sich in Marinedingen auskennen.«
    Über dem Kanal donnert ein gelber Zug der Hochbahn vorbei. Der Offizier wartet, bis der Lärm verklingt, und antwortet: » Ich weiß. Aber ein Anfang ist gemacht. Kapitän Widenmann, unser Attaché an der Londoner Botschaft, hat einen Marineoffizier angefordert. Er braucht einen zuverlässigen Mann mit Sachkenntnis und besonders guten Englischkenntnissen, der ihm bei der Dokumentation der Flottenparade im Spithead helfen soll. Die Anfrage ist an uns weitergeleitet worden, und wir haben etwa hundert Personalakten durchgesehen. Einer schien mir gleich in mehreren Punkten geeignet: Anfang des Jahres zum Oberleutnant zur See befördert und zur U-Boot-Flottille versetzt worden. In England aufgewachsen, Vater einer der NDL -Direktoren. Auf den Mann setze ich persönlich große Hoffnungen. Er ist schon unterwegs nach London. Mal sehen, wie er sich dort macht.«
    » Weiß Widenmann, daß wir den Mann in England als Agent einsetzen wollen?«
    » Nein. Der Attaché vertritt zwar die Ansicht, wir müßten erheblich aktiver in England sein, er will aber zugleich damit nicht in Berührung kommen. Das könnte seinen diplomatischen Status gefährden.«
    » Und dieser Oberleutnant?«
    » Weiß auch nichts davon. Sie werden ihn unter Ihre Fittiche nehmen, Steinhauer.«
    London, Westminster, 3. Juli 1911, Montag
    Adrian Seiler steigt die letzten Stufen der Waterloo-Treppe hinab und tritt auf die breite, von Bäumen gesäumte Mall hinaus. Er trägt einen dunkelgrauen Anzug mit marineblauer Krawatte, den Bowler hat er keck auf ein Ohr geschoben und ist recht gutgelaunt. Ein paar Minuten bleibt er stehen, blinzelt in die Morgensonne, die schon ziemlich hoch über dem Admiralitätsgebäude steht, und besieht sich das Treiben auf dieser berühmten Promenade an der Nordseite des St. James Park. Hier vergnügt sich allmorgendlich die bessere Gesellschaft und führt ihre schönsten Pferde und teuren Equipagen vor, Automobile sind auf der Mall nicht erlaubt. Zwei adrette junge Damen unter Sonnenschirmchen rasseln in einer eleganten Spider-Phaeton-Kutsche vorbei und winken ihm ausgelassen mit ihren Fächern zu. Seiler zieht höflich den Hut, aber sie hinterlassen ihm nur eine Staubwolke.
    Er grinst, setzt den Bowler wieder auf und marschiert entschlossen auf den mächtigen Torbau des Admiralty Arch zu, der straff gerollte Regenschirm hängt über dem Arm.
    Adrian Seiler ist siebenundzwanzig Jahre alt, Oberleutnant zur See in der Kaiserlichen Marine und vorübergehend an die Deutsche Botschaft kommandiert. Es ist sein vierter Tag in London. Er freut sich, wieder einmal in England zu sein, und genießt das herrliche Sommerwetter. Heute morgen soll er eine Buchhandlung aufsuchen und Bestellungen für Korvettenkapitän Widenmann aufgeben. Dessen Sekretär ist krank, und einen der Botschaftsdiener mochte der Attaché nicht beauftragen, da er deren Verschwiegenheit mißtraut. Eigentlich ein Auftrag, den auch ein Laufbursche erledigen könnte. Aber er ist froh, mal herauszukommen, es ist ziemlich langweilig im Vorzimmerbüro des Attachés, wo er dem Kapitän bei der Zusammenstellung einer umfassenden Dokumentation über den derzeitigen Stand der Royal Navy helfen muß. Immerhin, diese Kommandierung, wenn sie auch seine Ausbildung zum Wachoffizier bei der Kieler U-Boot-Flottille für ein paar Wochen unterbricht, bedeutet eine Anerkennung. Und vielleicht die Chance, schneller befördert zu werden.
    Seiler kommt auf den Charing Cross Place, welcher der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher