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Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Titel: Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)
Autoren: Gerhard Seyfried
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im Hotel auf einen Anruf von Steinhauer warten. Sie wollen sich dann treffen, gemeinsam letzte Beobachtungen in Rosyth machen und danach einen Dampfer nach Dänemark nehmen, um nach Deutschland zurückzukehren.
    Sie sind beide nervös wegen der Lage. Schon auf der Fähre haben die Mitreisenden über nichts anderes gesprochen als über den bevorstehenden Krieg.
    » Gleich nach Sarajewo hätte man uns losschicken sollen«, meint Steinhauer, » jetzt spitzt sich die Lage immer mehr zu, und das Unternehmen wird gefährlich. Wenn uns der Kriegsausbruch hier in England überrascht, riskieren wir unser Leben. Spione werden im Krieg erschossen, da ist es vorbei mit politischen Rücksichten und milden Strafen.«
    London, Cecil Court, 27. Juli 1914, Montag
    Seiler, in einem grauen Anzug mit Bowler und falschem Bart, schlendert langsam durch den Cecil Court, ohne dem Buchladen besondere Beachtung zu schenken. In der Gasse herrscht morgendlicher Betrieb, Pakete werden vor den Läden ausgeladen, Schaufenster geputzt, Hausmädchen in Schürzen sind mit Körben am Arm unterwegs. Keine Müßiggänger. Es sieht nicht so aus, als würde jemand den Buchladen überwachen. Er bummelt zur Charing Cross Road zurück und sucht sich eine Stelle, von der aus er den Eingang im Auge behalten kann.
    Er kauft einem Burschen eine Zeitung ab und überfliegt die Nachrichten. Das österreichisch-ungarische Ultimatum an Serbien beherrscht die Titelseite. Sir Edward Grey, der britische Außenminister, spricht darin vom furchtbarsten Dokument, das je ein Staat an einen anderen gerichtet habe. Er schlägt eine Botschafterkonferenz der nicht direkt beteiligten Großmächte Großbritannien, Frankreich, Deutsches Reich und Italien in London vor, um den drohenden Krieg zu verhindern.
    Seiler rollt die Zeitung zusammen und steckt sich eine Zigarette an. Kaum hat er den ersten Zug genommen, sieht er Vivian aus der Tür kommen. Sie geht in die andere Richtung, vor zur St. Martin’s Lane und schwenkt ein leeres Einkaufsnetz. Wahrscheinlich will sie zum Covent Garden Market. Sie hat ihm einmal erzählt, daß Mrs. Rutherford die Einkäufe macht, sie aber trotzdem fast täglich zum Markt geht, um frisches Obst und ein paar besondere Leckerbissen zu kaufen. Außerdem liebt sie den Markt mit seinem bunten Treiben.
    Er folgt ihr in einigem Abstand durch den engen Goodwins Court in die King Street und schaut ab und zu über die Schulter, ob ihr oder ihm jemand folgt. Aber zu dieser Zeit sind so viele Leute unterwegs, daß es wenig Sinn hat. Da müßte einer schon auffällig dicht hinter ihm bleiben, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Wie der junge Clerk im schwarzen Anzug etwa, aber der biegt gerade in die Bedford Street ein und ist weg.
    London, Covent Garden Market, 27. Juli 1914, Montag
    Die Tomaten sehen gut aus, und Vivian zeigt darauf. » Zwei Pfund von denen, bitte.« Da tippt ihr wer auf die Schulter, und sie fährt erschrocken herum. Ein Gent mit kurzgestutzem blondem Vollbart – was will der Kerl? Aber dann erkennt sie Adrian an den Augen und seinem Grinsen, noch bevor er » Guten Morgen, Vivian!« sagt. Sie zieht die Augenbrauen hoch. » Sie schon wieder! Ist man denn nirgends sicher vor Ihnen, Herr Seiler?« Aber schon beim letzten Wort muß sie lachen. » Wie, zum Teufel, hast du mich hier gefunden?«, will sie wissen. » Bist du mir etwa nachgegangen?«
    » Ja«, sagt er, » wollte dich nicht vor dem Laden ansprechen. Falls es wer sieht. Du weißt schon.«
    Sie verlassen die Markthallen und steuern auf den Blumenmarkt zu, wo es etwas ruhiger zugeht. » Ich muß nach Portsmouth«, erklärt er, » heute noch, mit dem Nachmittagszug. Nur für einen oder zwei Tage. Dann komme ich zurück, muß aber gleich weiter nach Schottland.«
    » Nichts Gefährliches, hoffentlich«, sagt sie, » jetzt, wo sie alle so aufgeregt sind?«
    » Nein. Das Übliche. Einen Blick in die Häfen werfen. Willst du eine Rose?«
    Sie nickt und zeigt auf eine sehr schöne, dunkelrote. » Die da.«
    Er kauft sie und reicht sie ihr. » Wenn ich aus Schottland zurückkomme, hättest du Lust, mit mir nach Berlin zu fahren? Für ein oder zwei Wochen, oder für wie lange du willst?«
    Sie erschrickt. » Hm. Weiß nicht.« Kommt jetzt der Tag der Entscheidung? Will er ihr dort einen Antrag machen? » Vielleicht. Wenn bis dahin kein Krieg ist. Alle reden davon.«
    » Ich glaube nicht, daß es Krieg gibt«, sagt er, » jedenfalls nicht mit England.«
    » Ich eigentlich auch nicht. Ja,
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