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Verdammt feurig

Verdammt feurig

Titel: Verdammt feurig
Autoren: Bettina Belitz
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Aber bisher war nichts geschehen. Es sah beinahe so aus, als würde Leander mir mein Leben lang auf die Nerven fallen.
    Immerhin hatte er mir trotz unserer Streitereien bei einem grandiosen Run geholfen – einem Run, den ich keinem anderen als David Belle, dem Erfinder des Parkour, gezeigt hatte, als er in Ludwigshafen war. Daraufhin durften wir an Davids Training teilnehmen. Kostenlos. Und: Davids Freunde hatten meinen Run gefilmt.
    Aber vor dem Treffen mit David hatte Leander mit allen Mitteln versucht, mich am Trainieren zu hindern. Und es passte ihm nach wie vor nicht, dass ich Parkour machte.
    Ich linste unauffällig zu ihm hinüber. Er saß auf einem Ast des Baumes neben uns, ließ seine Beine baumeln und hielt die Lider gesenkt. Doch ich sah genau, dass seine Mundwinkel zuckten. Wären wir allein gewesen, hätte er breit gegrinst und irgendeine dumme Bemerkung losgelassen. Wenn es nach ihm ginge, würde bis Mitte Mai ein Schneesturm nach dem anderen über Ludwigshafen hinwegziehen.
    Billy und Serdan malmten schweigend auf ihren Kaugummis herum.
    »Dann ist es eben so. Hatten ja gestern ein gutes Training«, murmelte Billy schließlich.
    »Genau«, sagte Seppo zufrieden. »Es wird jetzt sowieso stressig bei uns. Muss meinen Alten helfen.«
    Seppo wohnte schräg gegenüber von mir und seine Eltern besaßen eine Pizzeria. Eigentlich waren sie immer im Stress und die Pizzeria knallvoll, obwohl Seppos Mutter fest davon überzeugt war, dass wir ihr Geschäft behinderten. Mein Papa hatte ein Bestattungsunternehmen, und so war es nicht zu verhindern, dass manchmal ein Leichenwagen gegenüber den Lombardis parkte und die Gäste dabei zusahen, wie Papa Särge in den Keller trug. Das machte Mama Lombardi jedes Mal schrecklich nervös.
    Auch bei uns würde es in den nächsten Tagen mehr Arbeit geben. Weihnachten war ein kritischer Termin, wie Papa stets zu sagen pflegte. Und er hatte recht – an Weihnachten hatte er oft besonders viel zu tun. Meistens Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Papa war der Meinung, dass die Menschen nicht mehr wüssten, wie man friedlich miteinander feierte, und sich mit ihren sinnlosen Streitereien gegenseitig umbrachten. Ich konnte mich an kein Weihnachtsfest erinnern, an dem Papa nicht irgendwann den Tisch verlassen und sich in den Leichenwagen setzen musste, um einen Feiertagstoten abzuholen.
    Außerdem hatte der Bierlapp, Papas größter Konkurrent, an Weihnachten immer geschlossen, weil er dann Urlaub in der Südsee machte und sich die Sonne auf seinen dicken Bauch scheinen ließ. Papa machte keinen Urlaub. Papa wollte immer da sein für seine Kunden. Deshalb sah ich ihn nicht sehr oft. Meistens saß er unten in seinem Keller, und seitdem Leander da war, hatte ich Papa dort nicht mehr besucht. Leander hatte eine Heidenangst vor dem Keller.
    Gut, Guiseppe mochte recht haben. Bei Schnee konnten wir kein Parkour machen. Aber ich konnte mir ebenso wenig vorstellen, mit dem Training zu pausieren, bis das Wetter wieder besser war. Vielleicht gab es ja Gebäude und Parkanlagen, die so geschützt waren, dass wir doch …
    »Denk gar nicht erst darüber nach, Katz«, sagte Seppo väterlich, als er meine gerunzelte Stirn bemerkte.
    »Ach, ihr seid Weicheier«, fauchte ich. »Eine Schneeflocke! Das ist nichts!« Doch schon ließ sich eine weitere Flocke eiskalt in meinem Nacken nieder. Verdammt.
    Seppo, Billy und Serdan standen auf, streckten sich, spuckten auf den Boden und gaben mir einer nach dem anderen einen kurzen Klaps auf die Schulter.
    »Wir sehen uns dann im nächsten Jahr. Frohe Weihnachten, Katz.« Richtig, es waren ja Schulferien. Meine Laune sank noch ein Stückchen weiter in den Keller. Keine Schule, kein Training, kein Seppo. So einfach war das. Nein, war es nicht!
    »Stimmt nicht!«, rief ich Seppo hinterher. »Wir sehen uns an Silvester!« Silvester feierten wir immer bei den Lombardis in der Pizzeria und das würde auch dieses Jahr so sein. Ansonsten konnten meine Eltern was erleben.
    Seppo hob grüßend die Hand, ohne sich umzudrehen. Mit Kopfhörern in den Ohren und betont o-beinig schlenderten die Jungs der S-Bahn-Haltestelle entgegen. Ich sah mich vorsichtig um. Doch Leander hatte schon geprüft, ob Kinder in der Nähe waren. Fehlanzeige. Außer den zwei alten Pennern auf der Bank neben dem Klohäuschen war niemand mehr im Park unterwegs und es wurde auch schon dunkel.
    »Sei nicht immer so aufdringlich«, blökte Leander.
    »Ich bin nicht aufdringlich!«
    »Bist du wohl. Ich
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