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Verdammt feurig

Verdammt feurig

Titel: Verdammt feurig
Autoren: Bettina Belitz
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Wächter – der Wächter der Frau? Und warum kam er? Sie war doch nicht berühmt oder so? Nur reich … Vor allem war sie doch schon tot!«
    Leander erhob sich und setzte sich im Schneidersitz zu mir ans Fußende. Mir fiel auf, dass er immer noch die Kette trug, die ich eigentlich Seppo hatte schenken wollen. Und sein Stirntuch. Ich hatte es ihm nach dem Feuer als Dankeschön zurückgegeben. Denn ein Leander ohne Stirntuch war nur ein halber Leander.
    »Nein, sie war nicht berühmt. Sie hatte auch lange keinen Wächter mehr. Aber es ist so: Wenn eure Zeit gekommen ist und der Meister euch holt, dann ist ein guter Wächter zur Stelle und begleitet euch auf die andere Seite. Er macht es euch leichter. Und ich – ich hab den Meister der Zeit gespürt, ich hab gespürt, dass er bei dir ist, und gut, ich gebe es zu, Vitus auch. Wir waren beide da. Aber ich war zuerst da«, schloss Leander stolz.
    »Und was ist auf der anderen Seite?«, fragte ich bang.
    »Ich weiß es nicht. Ich hab echt keine Ahnung. Ich hab das ja noch nie gemacht, jemanden auf die andere Seite begleitet. Bisher wurde noch niemand von meinen Klienten geholt.«
    Ich verkniff mir eine böse Bemerkung über die Lebensdauer von Meerschweinchen.
    »Weißt du«, fuhr Leander düster fort. »Das ist nicht gerade leicht für uns. Euch auf die andere Seite zu begleiten. Manchmal kommen wir nicht mehr zurück, weil wir den richtigen Zeitpunkt verpassen. Und dann – dann sind wir weg, wie ihr auch. Und ich weiß nicht, ob ich schon so gut bin, dass ich es schaffen würde. Außerdem habe ich sofort wieder einen menschlichen Körper bekommen, als ich bei dir im Keller war, und …«
    »Du hättest draufgehen können.« Jetzt war ich es, die ihm tief in die Augen sah. Leander blinzelte nicht. Er erwiderte meinen Blick ruhig, aber auch voll stiller Furcht.
    »Ja. Das hätte ich. Doch ich gehöre zu Sky Patrol, und wenn die Pflicht ruft, gibt es keine Ausreden. Das ist eben so.«
    Okay – und damit wären wir wieder beim Thema, dachte ich ernüchtert. Körperwächter hatten keine Gefühle. Es ging nur ums Gehorchen und Funktionieren. Sie kannten keinen Zusammenhalt wie Seppo und Billy und Serdan und ich oder wie Mama und Papa und Oma Anni. Sie wussten, dass Familien wichtig sind, aber sie empfanden nicht, was wir dabei empfanden. In Leanders Augen war nur Furcht zu sehen, weil er einen Menschenkörper hatte. Aber das bedeutete nicht, dass er sich wahrhaftig fürchtete. Ich musste mir das immer wieder sagen, um es auch glauben zu können und nun das von ihm zu verlangen, was nötig war.
    »Du musst zurück zu deiner Truppe, Leander. Je schneller, desto besser.« Leanders Augen weiteten sich.
    »Wie – ich riskiere mein Leben, um dich zu retten, und du schickst mich fort? Ich hab extra meine Meerschweinchen im Stich gelassen und die Nachschulung geschwänzt und …«
    »Ach Mensch, Leander, das hat doch keinen Sinn! Je mehr Zeit wir verbringen, desto mehr hab ich das Gefühl, wir sind so was wie – na ja, Freunde, von mir aus, Freunde. Aber du weißt gar nicht, was das ist. Du beobachtest das nur und siehst es von außen, aber du fühlst es nicht hier drin.«
    Ich deutete auf mein Herz. Leander sprang empört von meinem Bett und begann hektisch in meinem Zimmer auf und ab zu tigern.
    »Ich fühle sehr wohl etwas, Luzie. Zum Beispiel das hier, das fühle ich schon die ganze Zeit!«, zeterte er und streckte mir seinen Unterarm entgegen. Auf seiner gebräunten Haut prangte eine nässende dunkelrote Brandblase.
    »Ach du Heiliger«, stöhnte ich und stand ebenfalls auf. »Komm mit ins Bad, ich muss dir Salbe draufstreichen.«
    Wir hatten immer einen großen Vorrat an Brandsalbe im Haus. War schließlich nicht das erste Mal, dass etwas in Flammen aufgegangen war und ich direkt danebenstand.
    »Wie kannst du nur behaupten, dass ich keine Gefühle habe?«, ereiferte sich Leander weiter, als er auf dem Badewannenrand hockte und ich seine Wunde verband. »Als ich mit euch in der Kirche saß – na, was war da? Da war es in meinem Bauch plötzlich anders als sonst. Und ich konnte nicht richtig schlucken.« Er zeigte mit einer ausschweifenden Bewegung auf seine Kehle und riss sich dabei den Verband wieder runter.
    »Stillhalten!«, befahl ich.
    »Und dann«, fuhr er gestikulierend fort, ohne mich zu beachten, »kam auf einmal Wasser in meine Augen. Ihr nennt das Tränen der Rührung oder so. Glaub mir, ich hab noch nie einen anderen Wächter heulen sehen.«
    »Na ja, mir hast
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