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Verbrechen im Mädchenpensionat

Verbrechen im Mädchenpensionat

Titel: Verbrechen im Mädchenpensionat
Autoren: Carter Brown
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einmal
losbrüllte.
    Mephisto wandte sich mir zu,
sein Gesicht nur von den karmesinroten Rampenlichtern erhellt. »Ich verstehe
das nicht«, stammelte er. »Es kann ihr gar nichts passiert sein — es ist alles
nur ein Trick! Ich habe ihr das auch vorher gesagt, bevor ich anfing. Es müssen
ihre Nerven sein oder...«
    Ich schob mich an ihm vorbei
und blickte in den Kasten. Die Blonde lag schlaff und regungslos da. Ich
blickte näher hin — jedenfalls atmete sie noch. Ich begann, mich zu wundern.
    Der »Große Mephisto« hatte eine
Diamantnadel in seinem gestärkten Hemd stecken. »Entschuldigung«, sagte ich und
zog sie heraus. Dann ging ich zum Kasten zurück und stieß die Nadel den
Bruchteil eines Millimeters da hinein, wo sich die grünen Hosen am prallsten
spannten.
    Ein gellender Schrei erfolgte,
und Caroline Partington sauste aus dem Kasten heraus
auf die Bühne. Sie stand auf und blickte mich entrüstet an. »He, Sie — Sie...«
    »Sie befanden sich im Stadium
eines traumatischen Schocks«, sagte ich ernsthaft. »Sie brauchten einen
erneuten Schock, um wieder zu sich zu kommen. Aber bitte«, ich hob
protestierend die Hand, »Sie brauchen sich nicht zu bedanken.«
    »Vielen Dank!« stieß sie mühsam
hervor. »Sie haben mich absichtlich mit der Nadel gepiekt, Sie brutaler
Mensch!«
    »Kleine Mädchen sollten sich
nicht aufspielen und die Nummer des >Großen Mephisto< verpatzen«, sagte
ich.
    Sie seufzte tief und begann,
nach vorn zu fallen. Ich fing sie auf, und ihre Arme umschlangen fest meinen
Hals.
    »Können Sie mir das verdenken,
Lieutenant?« murmelte sie in mein Ohr. »Ich wußte, daß Sie, wenn ich so tat,
als ob ich tot wäre, Nachforschungen anstellen würden. Ist das ein Verbrechen —
daß ich Sie gern besser kennenlernen wollte?«
    Ich riß mich mit einem Ruck
meines Kopfes aus ihren Armen los und trat gewandt zurück, so daß sie platt auf
den Bauch fiel.
    »Ein Mädchenstreich — wie Miss
Tomlinson sagen würde«, erklärte ich dem »Großen Mephisto«. »Warum
guillotinieren Sie sie nicht wirklich? Ich würde jederzeit als Zeuge aussagen,
daß es sich um Notwehr gehandelt hat.«
    »Sie hat mich zu Tode
erschreckt«, murmelte er und wischte sich die Stirn mit einem seidenen
Taschentuch, wobei er nicht einmal die beiden weißen Mäuse bemerkte, die daraus
heraus und auf den Boden fielen.
    Die Blonde bemerkte sie, als sie
über ihre Knöchel galoppierten. Sie stieß einen entsetzten Schrei aus. Wie der
Blitz war sie auf den Füßen, sprang über die Rampenlichter weg und tauchte im
Publikum unter, während alle applaudierten. Dann gingen erneut die Lichter aus.
    »Welcher Idiot hat das nun
wieder getan?« brüllte ich dem Mephisto durch den allgemeinen Krawall zu und
erhielt keine Antwort.
    Ich wartete ungeduldig, daß die
Lichter wieder angingen, und der Krach unter den Zuschauern wurde immer
schlimmer. Die Dunkelheit schien eine Ewigkeit anzudauern.
    Dann, als ich bereits
entschlossen war, mich in den Kasten zu legen — wenn ich schon die Nacht im
Bannister College zubringen mußte, konnte ich es mir ebensogut bequem machen —, gingen die Lichter wieder an.
    Und zwar alle zugleich — die Deckenbeleuchtung,
die Rampenlichter und die Scheinwerfer über der Bühne. Das Publikum brach in
wilden Applaus aus, und Mephisto wollte sich soeben automatisch verbeugen. Und
da schrie wieder irgendeine Idiotin auf.
    Ich starrte hinab und sah, daß
niemand mehr auf seinem Stuhl saß. Alle drängten sich in den Gängen zusammen — einschließlich
der Lehrerschaft. Wieder ertönte der Schrei, und ich bemerkte, daß es Caroline Partington war, die ihn ausstieß. Ich überlegte, wenn je
ein Mädchen es notwendig gehabt hätte, über Vaters Knie gelegt zu werden,
während er die Haarbürste über ihr schwang...
    Dann sah ich, daß sie auf etwas
deutete und weiterschrie, und alle anderen sahen es gleichzeitig — und dann
begannen alle ebenfalls wieder zu schreien.
    Als ich entdeckte, worauf
Caroline deutete, konnte ich es ihnen nicht mehr verdenken. Ich hätte am
liebsten selber geschrien. Ich hatte mich getäuscht, als ich dachte, alles wäre
in die Gänge gestürzt, als das Licht versagte. Eines der Mädchen war sitzen
geblieben — die Blonde, die eine innere Verwandtschaft mit Lizzie Borden
gespürt hatte.
    Sie saß weit vornübergebeugt
da, und ihre Arme hingen schlaff über den vor ihr stehenden Stuhl. Zwischen
ihren Schulterblättern ragte der Knauf eines Messers hervor. Von meinem
Standort aus
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