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Verbrechen im Mädchenpensionat

Verbrechen im Mädchenpensionat

Titel: Verbrechen im Mädchenpensionat
Autoren: Carter Brown
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sagen.«
    »Aber ein Mädchen soll dabei
nicht übertreiben«, betonte ich, »sonst wird es vielleicht niemals eingeholt.«
    Sie dachte etwa zehn Sekunden
lang darüber nach und biß sich dann mit den kräftigen weißen Zähnen auf die
Unterlippe. »Daran habe ich noch nicht gedacht«, sagte sie mit bekümmerter
Stimme. »Sie haben absolut und hundertprozentig recht.«
    Die Sinatra-Platte ging zu
Ende. Etwa eine halbe Minute lang herrschte Stille. Dann ging die
Deckenbeleuchtung plötzlich aus, und die Rampenlichter flammten auf.
    Der Vorhang teilte sich
langsam, und der »Große Mephisto« erschien.
    Er war nicht sehr groß, aber in
einer Weise bühnenwirksam, daß er selbst in einer deMilleschen Massenszene aufgefallen wäre — er wirkte wie ein Riese unter Pygmäen, das
empfand man sofort. Er trug einen weißen Frack und eine weiße Krawatte. Über
seiner Schulter hing ein Frackumhang, der einen karmesinroten Saum hatte, und
ich überlegte, ob er ihn mir wohl gelegentlich ausleihen würde, damit ich
Annabelle Jackson damit beeindrucken könnte. Er lächelte und verbeugte sich zum
Publikum hin, und aus der Menge der Schülerinnen stieg ein Kollektivseufzer
auf.
    »Mann!« hörte ich eine Stimme
hinter mir stöhnen. »Der hat vielleicht Dampf drauf!«
    »Da mußte, Auguste«, murmelte
eine andere Stimme. »Und wenn du bei mir sämtliche Gänge rausnimmst und mich
auskuppelst — aber bei dem ist alles dran!«
    »Mich schuddert’s «,
sagte eine dritte Stimme. »Ein zickiger Klotz mit einer Matratze! Ich bin für
den Polypen — der ist Klasse!«
    Ich überlegte, daß ich mir,
wenn ich das nächstemal ins Bannister College kommen
sollte, einen Dolmetscher mitnehmen würde.
    Die einzige Sorte Magie, aus
der ich mir etwas mache, ist das Rascheln eines Rocks im Frühjahr — und im
Sommer, Herbst und Winter natürlich auch. Aber ich mußte zugeben, daß Mephisto
gut war, sogar glänzend. Nach etwa einer Viertelstunde kleinerer Tricks zog er
in Abweichung der Norm einen Hut aus einem weißen Kaninchen, was ein wenig zu
meiner Erheiterung beitrug. Dann trat er an den Rand der Bühne und gab ein
Zeichen mit der Hand, worauf die Deckenbeleuchtung anging.
    »Ladies und Gentlemen« — seine
Stimme war tief und klangvoll — , »für meine nächste Nummer brauche ich eine
Assistentin. Vielleicht ist eine der charmanten jungen Damen aus dem Publikum
bereit, mir behilflich zu sein?«
    Die gesamte Schülerinnenschaft stöhnte schrill auf, und in der nächsten Sekunde stürmte alles los. Der »Große
Mephisto« betrachtete das erste halbe Dutzend, das auf die Bühne gerast kam, mit
wohlwollendem Lächeln und nickte dann der trägen Blonden mit dem glitzernden
Pullover und den grünen Hosen zu.
    »Sie sind dazu geeignet«, sagte
er. »Darf ich fragen, wie Sie heißen?«
    »Caroline«, sagte sie atemlos.
»Caroline Partington .«
    »Dann bedaure ich, Ladies«, der
Mephisto verbeugte sich zu den anderen hin, »daß ich bereits eine Assistentin
habe.«
    Die übrigen stöhnten vor
Enttäuschung und schlurften betrübt auf ihre Plätze zurück. Mephisto klatschte
in die Hände, und ein Gehilfe in schwarzem Anzug, der wie aus Hitlers letzten Tagen entsprungen
wirkte, erschien, einen langen Holzkasten auf Rädern vor sich herschiebend.
    Der Kasten hatte eine makabre
Ähnlichkeit mit einem Sarg. Was das Ganze noch makabrer machte, waren zwei
daran angebrachte, durch einen Querbalken verbundene Pfosten. In die mit
Schienen versehenen Seiten dieser breiten Pfosten war ein breites dreikantiges
Messer eingepaßt , das an einem über dem Querbalken
laufenden Strick hing, der mit seinem anderen Ende um einen Pflock weiter unten
an der Außenseite eines der Pfosten geschlungen war. Ich werde versuchen, mich
einfach auszudrücken — es war eine Miniaturguillotine.
    Mephisto hob den Deckel des
Kastens hoch. »Nun, Miss Partington «, sagte er mit
tiefer Grabesstimme, »würden Sie sich bitte in den Kasten legen?«
    »Aber — Mr. Mephisto!« Die
Blonde blinzelte ihm heftig zu, und das Auditorium brüllte.
    Einen Augenblick lang war der
bärtige Mann nervös. »Das Gesicht nach unten natürlich.«
    Die Blonde blinzelte erneut.
»Das ist mal eine Abwechslung«, erklärte sie. Sie stieg in den Kasten und legte
sich in der angewiesenen Weise hin. Ihr Kopf ragte unter dem mit der Schneide
nach unten zeigenden Messer hervor und ruhte auf einem blutroten Kissen.
    Mephisto nickte kurz seinem
Gehilfen zu, der den Deckel auf den Kasten legte, so daß nur
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