Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verbrechen im Mädchenpensionat

Verbrechen im Mädchenpensionat

Titel: Verbrechen im Mädchenpensionat
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
Ich
konnte es nicht mit Sicherheit feststellen, aber jedenfalls hatte ich wegen ihr
viermal den Faden meiner Rede verloren.
    Eine träge aussehende Blonde
stand auf. Sie trug einen mit Straß besetzten anthrazitfarbenen Pullover, grüne
Hosen und lange Hängeohrringe. Ich hatte das Gefühl, daß diese Diamantohrringe
echt waren und etwa den Wert von fünf Jahresgehältern eines Polizeilieutenants darstellten.
    »Lieutenant«, sagte sie und
lächelte mir träge zu, »stimmt es, daß Sie selber sehr unorthodoxe Methoden
anwenden? Ich habe von Ihnen in den Zeitungen gelesen. Sie pflegen Mordfälle
aufzuklären, nicht wahr? Das heißt, wenn Sie nicht gerade mit einer Blonden
ausgehen — das heißt, einer Blonden, Brünetten oder Rothaarigen?« Sie sank
langsam auf ihren Sitz zurück.
    Ich schluckte. »Nun, äh ja«,
sagte ich. »Ich meine — nein! Das heißt...«
    »Das dachte ich mir.« Die
Blonde lächelte mich träge an. »Bleiben Sie noch eine Weile hier, Lieutenant,
vielleicht kann ich einen Mord für Sie arrangieren.«
    Ich blickte hilflos Miss
Bannister an, die mir zulächelte.
    »Wir treten hier in Bannister
für die Freiheit der Meinungsäußerung ein«, sagte sie. »Und eine ganze Reihe
der Mädchen sind sehr temperamentvoll.«
    »Und haben eine Menge lustiger
Streiche im Kopf, davon bin ich überzeugt. Wie zum Beispiel Arsen in den Kakao
schütten.«
    »Lieutenant?« Eine
Dunkelhaarige, deren Haar in dichten Locken am Kopf klebte, war aufgestanden.
»Lieutenant«, ihre Stimme klang weich, »was ist die wirkungsvollste Methode,
einen Mann aus nächster Nähe umzubringen, ohne irgendwelche Spuren zu
hinterlassen?«
    Dies war vermutlich die Frage,
die Miss Bannister vorausgesehen hatte. Ich blickte das Mädchen voller Kälte an
und sagte: »Parfüm.«
    Eine weitere Blonde war
aufgestanden. Ich überlegte, daß sie, sofern sie nicht frigide wäre, gut daran
täte, es zu sein. Sie war partiell mit einem Luftanzug und im übrigen mit tiefer Sonnenbräune bekleidet. »Lieutenant«,
sagte sie mit gedehnter Stimme, »glauben Sie, daß sie nur einfach Langeweile
hatte oder daß ihr Alter sie auf der Veranda mit dem Eismann ertappt hat?«
    »Wer?« brummte ich.
    »Wer? — Lizzie Borden«, sagte
sie. »Wer sonst?«
    »Ich glaube, sie war eben eine
Frau«, sagte ich mit gepreßter Stimme. »Da bedarf es
keiner weiteren Begründung.«
    Sie holte tief Luft; ich
dachte, der Luftanzug würde sich von ihr trennen, aber er tat es nicht.
Nichtsdestoweniger war die Vorstellung hübsch. »Ich habe noch nie einen solch
verständnisvollen Mann getroffen.«
    Die Rothaarige, auf deren Konto
der viermal abgerissene Faden meiner Rede kam, stand auf, und ich sah, daß es
nicht an der Beleuchtung lag.
    »Lieutenant«, sagte sie und
bewegte ein paar Sekunden die langen Wimpern auf und ab, »ich möchte Sie um
Ihren Rat bitten. Ich richte mir gerade ein neues Appartement ein, und ich
hätte gern gewußt — halten Sie für ein Mädchen, das ganz allein lebt,
Radierungen für das Richtige?«
    »Es ist jedenfalls mal was
anderes«, sagte ich heiser.
    »Natürlich — !« Erneut
flatterten ihre Augenlider. »Wenn Sie einen Blick in das Appartement werfen
könnten, Lieutenant, wäre ich sehr froh darüber! Es befindet sich in der Wilton Avenue, Nummer fünf, und...«
    »Nun, ich glaube, unsere
Fragezeit ist abgelaufen«, sagte Miss Bannister heiter. »Lieutenant Wheeler und
ich werden jetzt von der Bühne verschwinden und dem >Großen Mephisto<
Platz machen. Hier hinunter, Lieutenant, bitte.«
    Ich folgte ihr dankbar von der
Bühne weg und über die seitlich ins Auditorium hinabführenden Stufen. In der
vorderen Reihe waren zwei Stühle für uns frei gelassen worden. Ich ließ mich
neben Miss Bannister nieder. Miss Tomlinson saß auf meiner anderen Seite.
    »Spitzenklasse«, sagte sie
begeistert in mein Ohr. »Wirklich grandios, Lieutenant!«
    »Danke«, sagte ich und fragte
mich, ob ich mir wohl eine Zigarette anzünden könnte.
    Die Vorhänge vor der Bühne
waren zugezogen, und ein Plattenspieler intonierte Sinatras Just One of Those Things.
    »Wenn Sie gern rauchen wollen,
Lieutenant«, sagte Miss Bannister, meine Gedanken lesend, »nur zu.«
    »Danke«, sagte ich und bot ihr
eine Zigarette an, die sie annahm. Ich bot auch Miss Tomlinson an, die den Kopf
schüttelte.
    »Nein, danke, Lieutenant«,
sagte sie. »Ich rühre keine Zigaretten an. Schlecht für den Blasebalg. Ein
Mädchen muß gut laufen können, pflege ich immer zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher