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Verborgene Macht

Verborgene Macht

Titel: Verborgene Macht
Autoren: Gabriella Poole
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gehören. Jakes herrische Stimme war weit, weit weg. Nichts zählte, bis auf die Leere, die in ihr wuchs.
    »Ich brauche Nahrung«, flüsterte sie, als die Beine unter ihr nachgaben.
    Sie konnte sich nicht konzentrieren. Vage nahm sie wahr, dass sie weiter in die Gasse hineingeschleppt und zwischen einer Feuerleiter und den Mülleimern irgendeines Restaurants an eine Ziegelsteinmauer gelehnt wurde. Eine sanfte Hand kippte ihren Kopf nach hinten und strich ihr übers Gesicht.
    »Es geht ihr wirklich schlecht, Jake.« Isabellas Stimme klang, als käme sie vom Grund eines tiefen Brunnens.
    »Na und? Isabella, vergiss sie. Lass uns gehen.«
    »Nein, Jake. Nein.«
    Es folgte Schweigen. In der Stille hörte Cassie ihren eigenen Atem, schnell und flach und hungrig. Ihre Finger zuckten, wollten Isabella packen, kratzten aber nur hilflos auf Steinen.
    »Moment mal, was hast du vor...? Nein! Auf keinen Fall, Isabella!«
    »Ich habe es dir schon einmal gesagt, Jake.« Isabellas Tonfall war entschlossen. »Halt dich da raus. Es geht dich nichts an.«
    Sieh an, dachte Cassie benommen. Halt dich da raus, Jake...
    »Ganz bestimmt nicht. Ich werde es dir nicht erlauben.«
    »Du kannst mich nicht daran hindern. Nimm die Hände weg!«
    Cassie hatte den Eindruck, der Streit der beiden dauere eine Ewigkeit. Es kam ihr vor, als sei ihr eigener Körper unmöglich weit von ihr entfernt, und trotzdem war der Kern des Hungers unerträglich. Sie begann sich gerade zu w ünschen, sie hätte Jake seinem flachen, unfassbaren
    Grab überlassen ...
    »Okay, okay. Tut mir leid. Komm schon, Isabella, bitte!«
    »Jake, nein! Wenn Cassie nicht gewesen wäre, wären wir jetzt tot!«
    »Du könntest wegen ihr sterben!«
    »Glaubst du das wirklich?«, fragte Isabella angespannt. »Lass dir eins gesagt sein, Jake Johnson: Nichts von alledem ist Cassies Schuld. Sie ist, was sie ist, aber sie ist auch unsere Freundin. Sie würde ihr Leben für uns geben! Sie hat es beinahe getan! Es ist nur fair. Ich bin bereit, mein Leben für sie aufs Spiel zu setzen.«
    »Isabella, ich kann das nicht ertragen. Ich liebe dich! Ich liebe dich. Tu das nicht.«
    Es entstand eine Pause.
    »Jake... ich liebe dich auch. Aber wenn du nicht hier bleibst und mir hilfst — uns hilfst —, kannst du dich zum Teufel scheren.« Ihre Worte waren hart, aber Isabellas Stimme zitterte, so aufgewühlt war sie.
    Jake starrte sie beide ungläubig an. In seinen Augen lagen Liebe und Abscheu im Widerstreit. Er machte einen Schritt nach vorn, und einen Moment lang dachte Cassie, Isabella hätte ihn überzeugt. Dann verhärtete sich sein Mund, er kehrte ihnen den Rücken zu und ging davon. Einen Moment später hatte die Nacht ihn verschluckt.
    Isabella sah ihm schweigend nach. Dann ließ sie sich vor Cassie auf die Knie nieder, löste ihren Mantelkragen, umfasste ihr Gesicht mit kalten Händen und machte Anstalten, ihre Lippen auf die ihrer Freundin zu drücken.
    Nein, nein, nicht so, das ist zu gefährlich...
    Aber Cassie konnte nicht anders. Ihre Finger gruben sich in Isabellas glänzendes Haar. Schwach hielt sie den Kopf hoch und wimmerte.
    Die Energiewelle brach wie eine Sturmflut über sie herein. Isabellas Mund war auf ihren eigenen gedrückt, und Cassie beugte sich vor und trank hungrig. Die Energie war unglaublich, unwiderstehlich. Aber der Strudel des Hungers in ihr saugte die Energie ohne zu zögern auf. Isabellas Haut wurde schneeweiß.
    Doch diesmal war Cassie fest entschlossen. Sie würde auf gar keinen Fall die Kontrolle verlieren. Das durfte sie auf keinen Fall zulassen. Isabella hatte gerade ein großes Opfer für ihre Freundin gebracht. Einen Moment später zwang sie sich aufzuhören. Es war vorbei. Sie war so ungeheuer froh, dass es vorbei war.
    »Jake...«, sagte Cassie heiser.
    »Ich weiß. Schon okay«, unterbrach Isabella sie düster.
    Beschämt rappelte Cassie sich hoch. Körperlich fühlte sie sich allerdings stärker denn je. Sie zog Isabella vom Boden hoch und drückte sie fest an sich. Tränen brannten hinter ihren Augenlidern. »Danke«, stieß sie gepresst hervor.
    Statt einer Antwort drückte Isabella ihre Freundin ebenfalls fest an sich. Als sie sprach, war ihre Stimme brüchig. »Er wird zurückkommen. Nicht wahr?«
    Cassie holte tief Luft. »Ich weiß es nicht, Isabella«, antwortete sie aufrichtig. »Ich weiß es wirklich nicht.«

KAPITEL 28
    »Der Ältestenrat ist zusammengekommen. Sir Alric Dark führt den Vorsitz.«
    Die Atmosphäre im Kustodensaal hätte
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