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Verborgen im Niemandsland

Verborgen im Niemandsland

Titel: Verborgen im Niemandsland
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Lächeln. »Was für einen göttlichen, unschuldigen Schlaf Babys doch haben!« Mutterglück durchströmte Abby wie eine warme Woge. »Ja, aber warte mal, bis er aufwacht und merkt, wie hungrig er ist. Dann schreit er wieder, dass man ihn bis ans Ende des Trecks hören kann!«
    Während sich die Wagenkolonne langsam einer lang gestreckten Hügelkette näherte, auf deren Kuppen sich hier und dort Eukalyptusbäume zu kleinen, Schatten spendenden Hainen zusammendrängten, unterhielten sie sich eine Weile darüber, wie glücklich sie waren, dass auch noch einige andere, die früher mit ihnen auf Yulara am Hawkesbury River gelebt und ihren Teil zur kurzen Blütezeit der Farm beigetragen hatten, mit ihnen ins Ungewisse aufgebrochen waren. Da waren Glenn Osborne und der Schmied Vernon Spencer, dessen Erfahrungen auf diesem Treck genauso wenig mit Gold aufzuwiegen waren wie die des schottischen Zimmermanns Stuart Fitzroy. Sie hatten wie Rosanna treu zu ihnen gestanden, als die Chandler-Familie und sie, Abby, von Männern wie Lieutenant Danesfield und Captain Grenville verfolgt worden waren. Ganz besonders freute sich Abby auch darüber, dass ihre Freundin Megan, die mit ihr auf der Kent nach Australien gekommen war, sich mit ihrem Mann Timothy O'Flathery an dem Wagnis des Trecks beteiligt hatte. Es war schön, bei diesem riskanten Unternehmen eine Gruppe von Menschen um sich zu wissen, mit denen man eine bewegte Vergangenheit teilte und denen man vor allem blindes Vertrauen schenken konnte, was immer auch vor einem liegen mochte.
    Ihr Gespräch brach ab, als sie drei Reiter bemerkten, die sich nun aus dem Schatten einer Baumgruppe lösten und mit ihren Halstüchern über ihren Köpfen hin und her winkten. Es war das verabredete Zeichen, anzuhalten und am Fuß der Hügelgruppe in einem weiten Halbkreis Aufstellung zu nehmen. Das Zeichen bedeutete jedoch nicht, dass irgendeine Art von Gefahr vor ihnen lag. In dem Fall hätten sie das Zeichen mit ihren Gewehren und Flinten gegeben.
    »Es gibt wohl etwas zu besprechen. Na, eine Pause nach dem stundenlangen Durchgerüttel kommt mir ganz gelegen, wenn ich ehrlich sein soll«, sagte Rosanna und gönnte sich nun selber einen ordentlichen Schluck aus der Wasserflasche.
    Andrew, der vollbärtige Arthur Watling und der schmächtige und kurzbeinige Douglas Brown, dem man nicht von ungefähr den Spitznamen »Little Brown« verpasst hatte, kamen auf ihren Pferden langsam den Hang herunter, während die hinteren Wagen rasch aufschlössen und sich sichelförmig aneinander reihten.
    Ein allgemeines erleichtertes Seufzen und Aufstöhnen setzte nun ein, als die Männer, Frauen und Kinder, insgesamt sechsunddreißig Personen an der Zahl, von den Wagen stiegen, ihre malträtierten Glieder reckten und streckten und zu Wasserflaschen und -Schläuchen griffen. Und so manch einer goss sich sogar einen kräftigen Schwall über den Kopf.
    »Was steht denn an, Leute?«, rief Silas Mortlock den drei Reitern zu und löste sich aus der Menge. Er war ein kräftiger, fast hünenhafter Mann von Ende dreißig, ein einstiger Seemann, der schon in früher Jugend alle Haare verloren hatte. Ein Geflecht von wulstigen Narben überzog seine Glatze wie auch seinen breiten Rücken, die Spuren grausamer Auspeitschungen und brutaler Prügel, die er im Gefängnis einer englischen Hafenstadt von Seiten sadistischer Aufseher über sich hatte ergehen lassen müssen.
    »Vielleicht ist unser heutiger Spähtrupp dafür, dass wir hier schon unser Land für die Farmen abstecken«, warf Henry Blake ein, der alle um gut eine Haupteslänge überragte und das Gesicht eines Adlers mit der entsprechend ausgeprägten Hakennase hatte.
    »Da lässt dich dein großer Riecher heute aber ganz übel im Stich, Henry!«, rief jemand aus der Menge. »Muss wohl am vielen Staub liegen, den er heute aufgefangen hat!«
    Alles lachte über den gutmütigen Scherz, denn natürlich wusste jeder, dass das Ende ihrer Reise ins Ungewisse noch in weiter Ferne lag.
    »Nein, es geht um eine Handelsstation, die einen knappen halben Tagesritt nördlich von hier liegt!«, antwortete Andrew, auf das Sattelhorn gebeugt. »Silas hat uns davon erzählt. Und wir müssen über den Vorschlag beraten, den er uns unterbreitet hat.«
    »Was sagst du da? Hier draußen soll es eine Handelsstation geben?«, fragte Henry Blake verblüfft. »Davon habe ich ja noch nie gehört!«
    »Kein Wunder, du hast ja mit deiner Familie auch im Nordwesten von Sydney gesiedelt und bist
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