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Venus im Pelz

Venus im Pelz

Titel: Venus im Pelz
Autoren: Leopold von Sacher Masoch
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vernünftig weiter, wie wenn der Alte hinter mir stünde und mit seinen großen, klugen Augen über meine Schulter blicken würde.
    Eines Tages kam eine Kiste an, von einem Briefe begleitet. Ich erkannte Wandas Schrift.
    Seltsam bewegt öffnete ich ihn und las.
     
    »Mein Herr!
    Jetzt, wo mehr als drei Jahre seit jener Nacht in Florenz verflossen sind, darf ich Ihnen noch einmal gestehen, daß ich Sie sehr geliebt habe, Sie selbst aber haben mein Gefühl erstickt durch Ihre phantastische Hingebung, durch Ihre wahnsinnige Leidenschaft. Von dem Augenblicke an, wo Sie mein Sklave waren, fühlte ich, daß Sie nicht mehr mein Mann werden konnten, aber ich fand es pikant, Ihnen Ihr Ideal zu verwirklichen und Sie vielleicht – während ich mich köstlich amüsierte – zu heilen.
    Ich habe den starken Mann gefunden, dessen ich bedurfte und mit dem ich so glücklich war, wie man es nur auf dieser komischen Lehmkugel sein kann.
    Aber mein Glück war, wie jedes menschliche, nur von kurzer Dauer. Er ist, vor einem Jahre etwa, im Duell gefallen und ich lebe seitdem in Paris, wie eine Aspasia.
    Und Sie? – Ihrem Leben wird es gewiß nicht an Sonnenschein fehlen, wenn Ihre Phantasie die Herrschaft über Sie verloren hat und jene Eigenschaften bei Ihnen hervorgetreten sind, welche mich anfangs so sehr anzogen, die Klarheit des Gedankens, die Güte des Herzens und vor allem – der sittliche Ernst .
    Ich hoffe, Sie sind unter meiner Peitsche gesund geworden, die Kur war grausam aber radikal. Zur Erinnerung an jene Zeit und eine Frau, welche Sie leidenschaftlich geliebt hat, sende ich Ihnen das Bild des armen Deutschen.
    Venus im Pelz. «
     
    Ich musste lächeln, und wie ich in Gedanken versank, stand plötzlich das schöne Weib in der hermelinbesetzten Samtjacke, die Peitsche in der Hand, vor mir und ich lächelte weiter über das Weib, das ich so wahnsinnig geliebt, die Pelzjacke, die mich einst so sehr entzückt, über die Peitsche, und lächelte endlich über meine Schmerzen und sagte mir: die Kur war grausam, aber radikal, und die Hauptsache ist: ich bin gesund geworden.
     
    »Nun, und die Moral von der Geschichte?« sagte ich zu Severin, indem ich das Manuskript auf den Tisch legte.
    »Daß ich ein Esel war«, rief er, ohne sich zu mir zu wenden, er schien sich zu genieren. »Hätte ich sie nur gepeitscht!«
    »Ein kurioses Mittel«, erwiderte ich, »das mag bei deinen Bäuerinnen –«
    »Oh! die sind daran gewöhnt«, antwortete er lebhaft, »aber denke dir die Wirkung bei unsern feinen, nervösen, hysterischen Damen –«
    »Aber die Moral?«
    »Daß das Weib, wie es die Natur geschaffen und wie es der Mann gegenwärtig heranzieht, sein Feind ist und nur seine Sklavin oder seine Despotin sein kann, nie aber seine Gefährtin . Dies wird sie erst dann sein können, wenn sie ihm gleich steht an Rechten, wenn sie ihm ebenbürtig ist durch Bildung und Arbeit.
    Jetzt haben wir nur die Wahl, Hammer oder Amboß zu sein, und ich war der Esel, aus mir den Sklaven eines Weibes zu machen, verstehst du?
    Daher die Moral der Geschichte: Wer sich peitschen läßt, verdient, gepeitscht zu werden.
    Mir sind die Hiebe, wie du siehst, sehr gut bekommen, der rosige, übersinnliche Nebel ist zerronnen und mir wird niemand mehr die heiligen Affen von Benares oder den Hahn des Plato für ein Ebenbild Gottes ausgeben.«

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