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Venus im Pelz

Venus im Pelz

Titel: Venus im Pelz
Autoren: Leopold von Sacher Masoch
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begann ich wieder.
    »Es hört Sie niemand«, entgegnete Wanda, »und niemand wird mich hindern, Ihre heiligsten Gefühle wieder zu mißbrauchen und mit Ihnen ein frivoles Spiel zu treiben«, fuhr sie fort, mit satanischem Hohne die Phrasen meines Briefes an sie wiederholend.
    »Finden Sie mich in diesem Augenblicke bloß grausam und unbarmherzig, oder bin ich im Begriffe, gemein zu werden? Was? Lieben Sie mich noch oder hassen und verachten Sie mich bereits? Hier ist die Peitsche« – sie reichte sie dem Griechen, der sich mir rasch näherte.
    »Wagen Sie es nicht!« rief ich, vor Entrüstung bebend, »von Ihnen dulde ich nichts –«
    »Das glauben Sie nur, weil ich keinen Pelz habe«, erwiderte der Grieche mit einem frivolen Lächeln und nahm seinen kurzen Zobelpelz vom Bette.
    »Sie sind köstlich!« rief Wanda, gab ihm einen Kuß und half ihm in den Pelz hinein.
    »Darf ich ihn wirklich peitschen?« fragte er.
    »Machen Sie mit ihm, was Sie wollen«, entgegnete Wanda.
    »Bestie!« stieß ich empört hervor.
    Der Grieche heftete seinen kalten Tigerblick auf mich und versuchte die Peitsche, seine Muskeln schwollen, während er ausholte und sie durch die Luft pfeifen ließ, und ich war gebunden wie Marsyas und mußte sehen, wie sich Apollo anschickte, mich zu schinden.
    Mein Blick irrte im Zimmer umher und blieb auf der Decke haften, wo Simson zu Delilas Füßen von den Philistern geblendet wird. Das Bild erschien mir in diesem Augenblicke wie ein Symbol, ein ewiges Gleichnis der Leidenschaft, der Wollust, der Liebe des Mannes zum Weibe. »Ein jeder von uns ist am Ende ein Simson«, dachte ich, »und wird zuletzt wohl oder übel von dem Weibe, das er liebt, verraten, sie mag ein Tuchmieder tragen oder einen Zobelpelz.«
    »Nun sehen Sie zu«, rief der Grieche, »wie ich ihn dressieren werde.« Er zeigte die Zähne und sein Gesicht bekam jenen blutgierigen Ausdruck, der mich gleich das erste Mal an ihm erschreckt hatte.
    Und er begann mich zu peitschen – so unbarmherzig, so furchtbar, daß ich unter jedem Hiebe zusammenzuckte und vor Schmerz am ganzen Leibe zu zittern begann, ja die Tränen liefen mir über die Wangen, während Wanda in ihrer Pelzjacke auf der Ottomane lag, auf den Arm gestützt, mit grausamer Neugier zusah und sich vor Lachen wälzte.
    Das Gefühl, vor einem angebeteten Weibe von dem glücklichen Nebenbuhler mißhandelt zu werden, ist nicht zu beschreiben, ich verging vor Scham und Verzweiflung.
    Und das Schmachvollste war, daß ich in meiner jämmerlichen Lage, unter Apollos Peitsche und bei meiner Venus grausamem Lachen anfangs eine Art phantastischen, übersinnlichen Reiz empfand, aber Apollo peitschte mir die Poesie heraus, Hieb für Hieb, bis ich endlich in ohnmächtiger Wut die Zähne zusammenriß und mich, meine wollüstige Phantasie, Weib und Liebe verfluchte.
    Ich sah jetzt auf einmal mit entsetzlicher Klarheit, wohin die blinde Leidenschaft, die Wollust, seit Holofernes und Agamemnon den Mann geführt hat, in den Sack, in das Netz des verräterischen Weibes, in Elend, Sklaverei und Tod.
    Mir war es, wie das Erwachen aus einem Traum.
    Schon floß mein Blut unter seiner Peitsche, ich krümmte mich wie ein Wurm, den man zertritt, aber er peitschte fort ohne Erbarmen und sie lachte fort ohne Erbarmen, während sie die gepackten Koffer schloß, in ihren Reisepelz schlüpfte, und lachte noch, als sie an seinem Arme die Treppe hinab, in den Wagen stieg.
    Dann war es einen Augenblick stille.
    Ich lauschte atemlos.
    Jetzt fiel der Schlag zu, die Pferde zogen an – noch einige Zeit das Rollen des Wagens – dann war alles vorbei.
     
    Einen Augenblick dachte ich daran, Rache zu nehmen, ihn zu töten, aber ich war ja durch den elenden Vertrag gebunden, mir blieb also nichts übrig, als mein Wort zu halten und meine Zähne zusammenzubeißen
     
    Die erste Empfindung nach der grausamen Katastrophe meines Lebens war die Sehnsucht nach Mühen, Gefahren und Entbehrungen. Ich wollte Soldat werden und nach Asien gehen oder Algier, aber mein Vater, der alt und krank war, verlangte nach mir.
    So kehrte ich still in die Heimat zurück und half ihm zwei Jahre seine Sorgen tragen und die Wirtschaft führen und lernte, was ich bisher nicht gekannt, und mich jetzt gleich einem Trunk frischen Wassers labte, arbeiten und Pflichten erfüllen . Dann starb mein Vater, und ich wurde Gutsherr, ohne daß sich dadurch etwas geändert hätte. Ich habe mir selbst die spanischen Stiefel angelegt und lebe hübsch
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