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Venus im Pelz

Venus im Pelz

Titel: Venus im Pelz
Autoren: Leopold von Sacher Masoch
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Wanda.
    »Aber nimm die Pelzjacke dazu«, sagte ich, »ich bitte dich.«
    »Dies Vergnügen kann ich dir schon machen«, antwortete sie, holte ihre Kazabaika und zog sie lächelnd an, dann stand sie, die Arme auf der Brust verschränkt, vor mir und betrachtete mich mit halbgeschlossenen Augen.
    »Kennst du die Geschichte vom Ochsen des Dionys?« fragte sie.
    »Ich erinnere mich nur dunkel, was ist damit?«
    »Ein Höfling ersann für den Tyrannen von Syrakus ein neues Marterwerkzeug, einen eisernen Ochsen, in welchen der zum Tode Verurteilte gesperrt und in ein mächtiges Feuer gesetzt wurde.
    Sobald nun der eiserne Ochse zu glühen begann, und der Verurteilte in seinen Qualen aufschrie, klang sein Jammern wie das Gebrüll eines Ochsen.
    Dionys lächelte dem Erfinder gnädig zu und ließ, um auf der Stelle einen Versuch mit seinem Werk zu machen, ihn selbst zuerst in den eisernen Ochsen sperren.
    Die Geschichte ist sehr lehrreich.
    So warst du es, der mir die Selbstsucht, den Übermut, die Grausamkeit eingeimpft hat, und du sollst ihr erstes Opfer werden . Ich finde jetzt in der Tat Vergnügen daran, einen Menschen, der denkt und fühlt und will, wie ich, einen Mann, der an Geist und Körper stärker ist, wie ich, in meiner Gewalt zu haben, zu mißhandeln, und ganz besonders einen Mann, der mich liebt.
    Liebst du mich noch?«
    »Bis zum Wahnsinn!« rief ich.
    »Um so besser«, erwiderte sie, »um so mehr Genuß wirst du bei dem haben, was ich jetzt mit dir anfangen will.«
    »Was hast du nur?« fragte ich, »ich verstehe dich nicht, in deinen Augen blitzt es heute wirklich wie Grausamkeit und du bist so seltsam schön – so ganz ›Venus im Pelz‹.«
    Wanda legte, ohne mir zu antworten, die Arme um meinen Nacken und küßte mich. Mich ergriff in diesem Augenblicke wieder der volle Fanatismus meiner Leidenschaft.
    »Nun, wo ist die Peitsche?« fragte ich.
    Wanda lachte und trat zwei Schritte zurück.
    »Du willst also durchaus gepeitscht werden?« rief sie, indem sie den Kopf übermütig in den Nacken warf.
    »Ja.«
    Auf einmal war Wandas Gesicht vollkommen verändert, wie vom Zorne entstellt, sie schien mir einen Moment sogar häßlich.
    »Also peitschen Sie ihn!« rief sie laut.
    In demselben Augenblicke steckte der schöne Grieche seinen schwarzen Lockenkopf durch die Gardinen ihres Himmelbettes. Ich war anfangs sprachlos, starr. Die Situation war entsetzlich komisch, ich hätte selbst laut aufgelacht, wenn sie nicht zugleich so verzweifelt traurig, so schmachvoll für mich gewesen wäre.
    Das übertraf meine Phantasie. Es lief mir kalt über den Rücken, als mein Nebenbuhler heraustrat in seinen Reitstiefeln, seinem engen, weißen Beinkleid, seinem knappen Samtrock, und mein Blick auf seine athletischen Glieder fiel.
    »Sie sind in der Tat grausam«, sprach er, zu Wanda gekehrt.
    »Nur genußsüchtig«, entgegnete sie mit wildem Humor, »der Genuß macht allein das Dasein wertvoll, wer genießt, der scheidet schwer vom Leben, wer leidet oder darbt, grüßt den Tod wie einen Freund; wer aber genießen will, muß das Leben heiter nehmen, im Sinne der Antike, er muß sich nicht scheuen, auf Kosten anderer zu schwelgen, er darf nie Erbarmen haben, er muß andere vor seinen Wagen, vor seinen Pflug spannen, wie Tiere; Menschen, die fühlen, die genießen möchten, wie er, zu seinem Sklaven machen, sie ausnutzen in seinem Dienste, zu seinen Freuden, ohne Reue; nicht fragen, ob ihnen auch wohl dabei geschieht, ob sie zugrunde gehen. Er muß immer vor Augen haben: wenn sie mich so in der Hand hätten, wie ich sie, täten sie mir dasselbe, und ich müßte mit meinem Schweiße, meinem Blute, meiner Seele ihre Genüsse bezahlen. So war die Welt der Alten, Genuß und Grausamkeit, Freiheit und Sklaverei gingen von jeher Hand in Hand; Menschen, welche gleich olympischen Göttern leben wollen, müssen Sklaven haben, welche sie in ihre Fischteiche werfen, und Gladiatoren, die sie während ihres üppigen Gastmahls kämpfen lassen und sich nichts daraus machen, wenn dabei etwas Blut auf sie spritzt.«
    Ihre Worte brachten mich vollends zu mir.
    »Binde mich los!« rief ich zornig.
    »Sind Sie nicht mein Sklave, mein Eigentum?« erwiderte Wanda, »Soll ich Ihnen den Vertrag zeigen?«
    »Binde mich los!« drohte ich laut, »sonst –« ich riß an den Stricken.
    »Kann er sich losreißen?« fragte sie, »denn er hat gedroht, mich zu töten.«
    »Seien Sie ruhig«, sprach der Grieche, meine Fesseln prüfend.
    »Ich rufe um Hilfe«,
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