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Venus allein zu Haus

Venus allein zu Haus

Titel: Venus allein zu Haus
Autoren: Voosen Jana
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und es war für alle ein tolles Fest.« Außer für mich. Ich schleppe mich ins Badezimmer und
zwinge mich, mein Make-up zu entfernen. Kaum etwas ist schädlicher für die Haut als Nachlässigkeit beim Abschminken. Also runter mit dem Zeug. Dann schlüpfe ich in meinen flauschigsten hellblauen Frotteepyjama und gehe ins Schlafzimmer.
    »Komm, Dotty«, rufe ich und sie schaut misstrauisch um die Ecke. »Na komm«, locke ich, »Jan ist nicht da. Du darfst bei mir schlafen.« Sie traut dem Braten noch nicht so ganz, aber als ich mich ins Bett lege und tatsächlich die Schlafzimmertür weit offen stehen lasse, trippelt sie schnell herein und landet mit einem Satz neben mir. Sie kuschelt sich an mich und räkelt sich gemächlich. Im selben Moment fallen mir die Augen zu.
     
    Ich stehe mitten auf einer grünen Wiese unter einem mit Rosen geschmückten Torbogen und trage ein schlichtes weißes Kleid ohne Schuhe. Jan steht neben mir und strahlt mich an. Der Pastor dreht uns den Rücken zu, aber als er sich umdreht, fahre ich erschrocken zusammen.
    »Bernd, was machst du denn da?«, wispere ich aufgeregt, doch er ignoriert mich und beginnt feierlich zu sprechen.
    »Wir sind heute hier zusammengekommen, um diese beiden dem heiligen Bund der Ehe zuzuführen. Deshalb frage ich dich, Lenchen Ramien, willst du Jan zu deinem rechtmäßigen Ehemann nehmen, ihn lieben und ehren, was immer er dir antut, manchmal in guten, meistens in schlechten Zeiten, bis dass er dich das nächste Mal verlässt, so antworte mit Ja.«
    »Nein«, will ich rufen, »nein, das ist doch gar nicht richtig so«, doch bevor ich nur den Mund aufmachen kann, ertönt die Stimme meines Vaters hinter mir:
    »Ja, sie will!«

    »Nun gut«, fährt Bernd fort, »und willst du, Jan, Lenchen hier zu deiner rechtmäßigen Ehefrau nehmen?«
    »Das will ich.«
    »Dann darf ich die Braut jetzt küssen«, verkündet Bernd und zieht mich an sich. Er küsst mich auf den Mund und ich schmecke seine weichen Lippen. Das ist nur ein Traum, denke ich. Als wir uns voneinander lösen, fängt plötzlich die gesamte Hochzeitsgesellschaft an zu lachen. Ich schaue Jan an und frage:
    »Willst du mich nicht küssen?« Er sieht mich befremdet an und sagt:
    »Du liebe Güte, Helen, zieh dir in Gottes Namen etwas über.« Verständnislos schaue ich ihn an, gehe einen Schritt auf ihn zu und hebe ihm mein Gesicht entgegen. Ich will jetzt einen Kuss von meinem Ehemann. Doch er weicht vor mir zurück und schaut mich angeekelt an. »Helen!« Sein scharfer Ton dringt mir bis in die Eingeweide. Erstaunt drehe ich mich zu den Sitzreihen herum, wo lauter Menschen sitzen, die ich nicht kenne. Alle kreischen vor Lachen. Was ist denn bloß los? Hilflos gehe ich auf meinen Vater zu, der als Einziger nicht lacht, sondern mit starrem Gesicht auf seinem Platz sitzt.
    »Keine Schritt näher«, sagt er streng, und ich bleibe mitten in der Bewegung stehen. Langsam schaue ich an mir herunter. Mein Kleid ist weg. Ich bin völlig nackt. Jetzt beginnen die Leute auf mich zu zeigen und vor lauter Lachen von ihren Stühlen zu fallen. Ich drehe mich wieder zu Jan um.
    »Kannst du mir nicht helfen«, bitte ich ihn, doch er schüttelt den Kopf. »Aber du bist mein Mann. Bitte, hilf mir doch.«
    »Nein, ich will dir nicht helfen. Ich wusste nicht, dass du so hässlich bist«, sagt er und setzt sich neben meinen
Vater. Dann sehe ich Bernd in seiner Pastorenkluft. Ich schaue ihn an, er schaut zurück. Ich kann ihn nicht fragen. Er greift nach seiner Kutte, zieht sie sich über den Kopf und steht völlig nackt vor mir. Das Kreischen der Leute hinter uns verstärkt sich. Verwundert sehe ich ihn an, gehe auf ihn zu und greife nach der Kutte, die er zusammengeknüllt in der linken Hand hält.
    »Danke«, sage ich aus tiefstem Herzen, doch da holt er aus und wirft die Kutte in den Himmel. Ich schaue ihr hinterher und erwarte, dass sie runterfällt. Tut sie aber nicht. Sie steigt höher und höher und verschwindet schließlich in den Wolken. Wütend stürze ich mich auf Bernd und schlage mit meinen Fäusten auf seinen Oberkörper ein.
    »Warum hast du das gemacht? Warum?«
    »Was willst du, Lenchen?«, sagt er ruhig und ohne sich im Mindesten zu wehren. »Du hast doch dein Kleid schon lange wieder an.«
     
    Verwirrt öffne ich die Augen und blinzele nach der Uhr, die auf dem Nachtschränkchen steht. Es ist kurz nach zwölf. Die Sonne scheint hell zum Fenster hinein und Dotty maunzt zufrieden vor sich hin. Ich habe einen
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