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Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)

Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)

Titel: Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)
Autoren: Melanie Meier
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geklärt: Sie würde daheim bleiben. Die Gesundheit ging vor.
    Die Kassiererin sagte etwas. Benommen richtete Suna den Blick auf die Frau und hob fragend die Brauen. Und als diese wiederholte, was sie gesagt hatte, passierte es:
    Ein Ruck ging durch ihren Körper – nein, durch den ganzen Supermarkt. Die Lichter flackerten und gingen aus, einige der Neonröhren zersprangen und schickten einen Glasregen über die weiten Flure des Marktes. Von irgendwo draußen war ein Schrei zu hören; ein Geräusch, das sie nicht für menschlich hielt. Weiter hinten, bei den Fleischtheken, fiel ein Regal um. Sie konnte sehen, wie die anderen Reihen unter der Wucht schwankten. Über sich, im Kabelschacht der Decke, hörte sie ein Zischen und ein Tappen, als liefe etwas darin herum, und in der nächsten Sekunde fielen links mehrere der viereckigen Abdeckungen herunter. Aus einer der Öffnungen folgte ein abgerissenes, daumendickes Kabel, das Funken sprühte.
    Suna entkam ein Keuchen. Sie duckte sich neben die Kasse und ging in die Knie. Die wenigen Neonröhren, die noch ein milchiges, flackerndes Licht verbreiteten, knackten und klickten, ansonsten war es jetzt still.
    Ein paar Momente verharrte sie in der Kauerstellung und starrte mit weit aufgerissenen Augen vor sich hin, bevor sie sich ein wenig aufrichtete. Ihr fiel auf, dass der Boden jetzt verschlammt und dreckig war, dass sich unzählige Fußspuren in der Schlacke erkennen ließen. Stirnrunzelnd betrachtete sie eine der Spuren, die eindeutig von einem Hund stammte.
    Sie griff mit der Rechten nach oben, um sich an der Kasse hochzuziehen.
    Der Supermarkt war leer. Nicht nur menschenleer, auch die Regale waren ausgeräumt, als sei der Markt seit Ewigkeiten nicht mehr in Betrieb und von einer hungrigen Meute geplündert worden. Lebensmittel lagen herum: vor ihren Füßen ein halber Toast, direkt vor der Kasse eine aufgerissene Schachtel Cornflakes.
    Sie schluckte schwer und sah auf den Stuhl, auf dem gerade noch die Kassiererin gesessen hatte. Er lag umgekippt in dem Kabäuschen, an einigen Stellen war der Stoff zerfetzt, die Stopfwolle quoll hervor.
    »Heilige Scheiße«, murmelte Suna und drehte sich um.
    Ein Kopf schob sich in ihr Blickfeld. Sie zuckte zusammen, starrte in die leblosen, rotgeränderten Augen, musterte das verfilzte Haar und die bleiche Gesichtshaut.
    »Was ist hier –«, begann sie, dann sprang die Gestalt sie an. Sie warf Suna um, sodass sie mit dem Kopf gegen die Kasse knallte. Der Irre gurrte dabei wie eine Taube, vergrub die Fingernägel in ihren Armen und drückte sie zu Boden.
    Suna schrie. Nie zuvor hatte sie so geschrien, aber es schreckte die Gestalt nicht ab. Die brachte ihren Kopf näher an ihren heran, entblößte vergilbte, verrottete Zähne, die sich senkten und in Sunas Fleisch bohrten.
     
     

 
     
    *
    Vier Tage später
     
    Fünf Uhr dreißig morgens: Der Münchner Stadtteil Lehel lag friedlich da, der Verkehr hielt sich zu dieser Stunde noch in Grenzen. Es war unnatürlich still.
    Vom Wohngebäude aus hatte man einen einzigartigen Blick über den Englischen Garten bis hin zur Isar. Sachter Nebel hing über dem Fluss und streckte sich nach den Ufern aus, zog seine Tentakeln allerdings bereits aus den Unterhölzern der Grünanlage zurück und gab sie für den anbrechenden Tag frei. Die Sonne ging keine Kompromisse ein, auch dann nicht, wenn sie sich durch die Wolkendecke kämpfen musste.
    Graublaue Augen ruhten für mehrere Minuten auf den herbstbunten Baumwipfeln des Englischen Gartens, ehe sie zum Kuppeldach des Monopteros wanderten. Der freie Blick auf die Parkanlage und den Rundtempel – ein eher unschöner Versuch, die Musentempel der Antike nachzustellen – war mit ein Grund, weshalb der Besitzer der graublauen Augen, Loki von Schallern, dieses Gebäude erworben und das oberste Stockwerk bezogen hatte.
    Zugegeben, München hatte so allerlei faszinierende Bauwerke wie den Monopteros zu bieten, doch Ruhe vor hohl dahinplappernden Menschen hatte man nirgendwo. Ein Blick am frühen Morgen aus ebendiesem Wohnhaus war die einzige Energiequelle, die ihm blieb.
    Und nun war die müßige halbe Stunde nach dem Aufstehen verstrichen, der Nebel wurde von der Sonne geschluckt und der Verkehr auf dem Isarring nahm minütlich zu. Das säuselnde Brausen von Reifen auf Asphalt drang durch das offene Fenster an sein Ohr, vereinzelt hörte er ein entferntes Hupen.
    Mit einer raschen Bewegung verschloss er das Fenster. Augenblicklich waren sämtliche
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